So nah wie nie: ESA-Raumsonde schickt Bilder von der Sonnenoberfläche

„Solar Orbiter“ hat erste Bilder von ihrer Sonnenmission geschickt. Und sie sind beeindruckend – denn so nah ist noch nie eine Raumsonde der Sonne gekommen.

Die Aufnahme zeigt die obere Atmosphäre der Sonne. Sie wurde mit einer speziellen Kamera im ultravioletten Strahlenbereich aufgenommen. (Bild: Solar Orbiter / EUI Team / ESA & NASA; CSL, IAS, MPS, PMOD / WRC, ROB, UCL / MSSL)
Die Aufnahme zeigt die obere Atmosphäre der Sonne. Sie wurde mit einer speziellen Kamera im ultravioletten Strahlenbereich aufgenommen. (Bild: Solar Orbiter / EUI Team / ESA & NASA; CSL, IAS, MPS, PMOD / WRC, ROB, UCL / MSSL)

Für ein gemeinsames Projekt haben die ESA, die Europäische Weltraumorganisation, und die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA eine Raumsonde entwickelt. Am 10. Februar ist diese gen Weltall gestartet. Ihr Name: „Solar Orbiter“. Ihr Ziel: Die Umlaufbahn der Sonne. Ihre Mission: Forschenden dabei helfen, mehr über die Oberfläche des brennenden Sterns zu lernen. Etwa: Wo entsteht das Magnetfeld des Sonnenwindes? Oder: Wieso ist die Sonnenkorona so heiß?

Jetzt hat Solar Orbiter – sie ist mit zehn Messinstrumenten, darunter sechs Teleskopen, ausgestattet – erste Fotos von der Sonnenoberfläche geschickt. Und sie sind beeindruckend. Noch nie wurden Fotos so nah an der Sonne aufgenommen.

Großartiges Ergebnis zu einem frühen Zeitpunkt

Genau genommen: 77 Millionen Kilometer nah. Solar Orbiter wird schrittweise immer näher an die Sonne heranfliegen. Bis zum Jahr 2030 soll die Umlaufbahn an der kürzesten Distanz 42 Millionen Kilometer betragen – ungefähr ein Viertel des Abstands zwischen Erde und Sonne.

Eine Nahaufnahme der Sonnenoberfläche. Der Ausschnitt zeigt ungefähr eine Fläche von 200.000 Quadratkilometer. (Bild: Solar Orbiter / PHI Team / ESA & NASA)
Eine Nahaufnahme der Sonnenoberfläche. Der Ausschnitt zeigt ungefähr eine Fläche von 200.000 Quadratkilometer. (Bild: Solar Orbiter / PHI Team / ESA & NASA)

„Wir haben zu so einem frühen Zeitpunkt nicht mit so einem großartigen Ergebnis gerechnet“, wird Daniel Müller, er arbeitet für die ESA an der Mission, auf der Projekt-Homepage der Behörde zitiert. „Es sind die ersten Bilder und wir können darauf schon interessante Phänomene beobachten.“

Beispielsweise die „Lagerfeuer“ (Campfires) – Miniatur-Strahlenausbrüche, viel kleiner als die von der Erde aus sichtbaren Sonneneruptionen (Flares). Dazu sagt David Berghams, er ist für die Teleskope der Solar Orbiter zuständig, auf der ESA-Seite: „Die Flares können wir von der Erde aus sehen. Campfires sind ihre kleinen Verwandten, sie sind millionen- bis milliardenfach kleiner. Nur auf den ersten Blick sieht die Sonne ruhig aus, wer genauer hinsieht, kann überall Mini-Flares beobachten.“

Der Pfeil in der Aufnahme markiert ein Campfire, eine Miniatur-Sonneneruption. Links unten ist im Maßstab die Erde angegeben. (Bild: Solar Orbiter / EUI Team / ESA & NASA; CSL, IAS, MPS, PMOD / WRC, ROB, UCL / MSSL)
Der Pfeil in der Aufnahme markiert ein Campfire, eine Miniatur-Sonneneruption. Links unten ist im Maßstab die Erde angegeben. (Bild: Solar Orbiter / EUI Team / ESA & NASA; CSL, IAS, MPS, PMOD / WRC, ROB, UCL / MSSL)

Die Oberfläche ist verhältnismäßig „kalt“

Ob es sich bei den Campfires um kleine Versionen der Flares handelt oder ihnen andere Mechanismen zugrunde liegen, ist bislang unsicher. Es gibt jedoch Theorien, die besagen, dass sie zu einem der mysteriösesten Phänomene der Sonne beitragen: der extrem hohen Temperatur der Sonnenkorona. Das ist ein Strahlenkranz, der die Sonne umgibt und mit über einer Million Grad Celsius sehr viel heißer ist als die Sternenoberfläche selbst. Diese misst rund 5.500 Grad Celsius.

Die jetzt veröffentlichten Fotos sind auch deshalb ein Erfolgserlebnis, weil die Mission lange Zeit unter keinem guten Stern stand: Die Coronavirus-Pandemie hatte dafür gesorgt, dass die ESA-Zentrale in Darmstadt über eine Woche im März schließen musste. Im Anschluss wurde das Personal vor Ort auf ein Minimum reduziert, viele Forschende und Mitarbeiter*innen arbeiteten daraufhin von Zuhause aus. Die NASA schrieb dazu, es sei das erste Mal überhaupt gewesen, dass „kritische Arbeitsabläufe“ aus dem Homeoffice heraus durchgeführt wurden. Wie sich jetzt zeigt: mit Erfolg.