So wird der "Tatort: Babbeldasch" aus Ludwigshafen

In Realität ist Kopper (Andreas Hoppe) im Italienurlaub, aber in Lenas (Ulrike Folkerts) Träumen ist er als Gesprächspartner präsent

"Kriminaloperette ohne Gesang" nennt Filmemacher Axel Ranisch (33, "Alki Alki") seine erste Inszenierung für den "Tatort: Babbeldasch" (Sonntag, den 26. Februar ab 20:15 Uhr, Das Erste), die er mit Autor Sönke Andresen und einem gemeinsamen Ensemble aus dem Ludwigshafener "Tatort"-Team und den Darstellern des Amateurtheaters Hemshofschachtel erarbeitete. Wie in seinen Kinoarbeiten drehte er die "Babbeldasch" chronologisch und ohne ausformuliertes Drehbuch. Die Schauspieler improvisierten die Szenen auf der Basis eines Treatments, ausführlicher Figurenentwicklungen - und ohne Kenntnis davon, wer der Mörder sein würde. Entstanden ist ein ungewöhnlicher "Tatort", der sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen wird.

Der ganze Film ist nicht nur improvisiert, er wirkt auch so. Und genau das ist auch das Problem: Die ganze Inszenierung bleibt zu feuilletonistisch, zu abgehoben, nicht massentauglich. Und das merkt man ihm in jeder Sekunde auch an. Heraus kommt ein wirrer Krimi, dessen Mordhandlung völlig im Hintergrund stattfindet. Eine Inszenierung seiner selbst willen. Im Vordergrund steht nicht, den Zuschauer einen schönen Sonntagabend zu bereiten, sondern die Kunst des Impro-Theaters und damit irgendwie auch sich selbst zu feiern. Die Zielgruppe wurde dabei allerdings völlig außer Acht gelassen. Doch der Reihe nach:

Darum geht's

Das Ludwigshafener Mundarttheater Babbeldasch hat bisher nicht zu Lena Odenthals (Ulrike Folkerts, 55) Ausgeh-Adressen gehört. Kollege Becker nimmt sie in eine Aufführung mit, aber während Lena noch überlegt, was sie davon hält, endet der Abend abrupt: Hauptdarstellerin und Theaterleiterin Sophie Fettèr stirbt während der Vorstellung an einem allergischen Schock. Anscheinend ein Unfall, aber Lenas Neugier ist geweckt. Gut möglich, dass der tödliche Mohn in der Füllung eines Croissants Sophie Fettèr mit Absicht untergeschoben wurde. Da Sophie sie sogar bis in ihre Träume verfolgt, nimmt Lena inkognito Kontakt zu den Theaterleuten auf. Dort erlebt sie tiefe Trauer und Bestürzung, alte Feindschaften und neue Hoffnungen.

Zwischen Sophies Tochter Petra, deren Vater Sascha und Sophies langjährigem Geliebten Manfred gibt es Konflikte über die Fortführung des Theaters, der Vermieter will die Babbeldasch loswerden und im Ensemble hat jeder seine eigene Meinung darüber, wie es weitergehen soll. Und keine Nacht vergeht, ohne dass Sophie Lena im Traum antreibt, endlich ihren Mörder zu finden ... Als sich herausstellt, dass es sich tatsächlich um einen Mordfall handelt und die Kollegen die Ermittlungen aufnehmen, ist Lena schon tief drin im Beziehungsgeflecht der Theaterleute.

Lohnt sich das Einschalten?

Teils, teils. Hochachtung vor der Idee, einmal einen "Tatort" entgegen jeder Konvention zu produzieren. Bislang traute sich an solche Wagnisse nur die Wiesbadener-Fraktion heran. Hochachtung auch vor den Darstellern, die ohne Wissen der Handlung ihre Rollen hervorragend interpretieren und das vielgeliebte Impro-Theater nun sogar in des Deutschen liebstes Krimi-Format implementieren. Es bleibt allerdings ein großes Aber: Die breite Masse wird diese Art von Filmemachen wohl nicht annehmen. Es ist ein Nischenprodukt, oft zu verkopft und tendenziell einen Hauch zu experimentell. Als Projekt hervorragend, allerdings wollen die allermeisten "Tatort"-Fans nicht als Spielball von außergewöhnlichen Ideen missbraucht werden, sondern sich einfach nur 90 Minuten lang unterhalten wissen.

Fazit: Wer auf Impro-Theater steht, ist hier richtig aufgehoben. Wer einen "normalen" Sonntagabend-Krimi sehen möchte, definitiv nicht. Man kann den Machern nur für ihren Mut und für ihre Kreativität gratulieren, auch handwerklich ist alles wunderbar umgesetzt. Ob allerdings der "Tatort" für ein solches Experiment das richtige Format ist, darf stark angezweifelt werden. Es bleibt spannend, ob und wie das Publikum "Babbeldasch" annehmen wird...

Foto(s): SWR/Martin Furch