Sommerinterviews: Angela Merkel zeigt Martin Schulz die kalte Schulter

ZDF-Sommerinterview: Angela Merkel im Gespräch mit Bettina Schausten (Bild: dpa)
ZDF-Sommerinterview: Angela Merkel im Gespräch mit Bettina Schausten (Bild: dpa)

Am Sonntag kam es in den Öffentlich-Rechtlichen Fernsehsendern zu einem Fernduell der Kanzlerkandidaten: Angela Merkel stellt sich den Fragen des ZDF, Martin Schulz stand im Ersten Rede und Antwort. Dabei offenbarte die Kanzlerin eine altbekannte Strategie.

Jetzt geht es ans Eingemachte. Zum ersten Mal stellten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Herausforderer Martin Schulz zeitgleich den Fragen von Journalisten aus ARD und ZDF. Allerdings in getrennten Interviews. So viel Distanz muss vor dem eigentlichen Kanzlerduell am 3. September sein.

Am Sonntagabend offenbarten beide Kanzleramtsanwärter ihre Wahlkampf-Strategien. Und aufgrund der Tatsache, dass beide Interviews am gleichen Tag stattfanden, bekam der Zuschauer auf anschauliche Weise vermittelt, mit welchen Methoden die beiden Kandidaten an ihr Ziel gelangen wollen. Für Schulz lautet die Devise: Angriff! Für die Kanzlerin dagegen: Verteidigung.

Martin Schulz stellte sich im ARD-Sommerinterview den Fragen von Tina Hassel und Thomas Baumann. (Bild: dpa)
Martin Schulz stellte sich im ARD-Sommerinterview den Fragen von Tina Hassel und Thomas Baumann. (Bild: dpa)

Martin Schulz verwendete die ersten Minuten seines Sommerinterviews darauf, den türkischen Politikern die Leviten zu lesen. Deutschland müsse auf die Taten des türkischen Präsidenten Erdogan, der unter anderem unschuldige Journalisten und Oppositionelle einsperren lässt, mit „harter Kante“ reagieren. Was in der Türkei derzeit passiere, sei „inakzeptabel“.

Angela Merkels Umgang mit der Dieselkrise bezeichnete der SPD-Kanzlerkandidat als planlos und über die Kanzlerin selbst sagte der ehemalige EU-Parlamentschef: „Viele Leute haben das Gefühl, Merkel sei entrückt und abgehoben.“ Für Schulz sind Parallelen zum politischen Verfall erkennbar, der sich Ende der 90er Jahre über Deutschland gelegt habe – zu jenem Zeitpunkt also, als Helmut Kohl bereits eineinhalb Jahrzehnte Kanzler war. „Das möchte ich Deutschland ersparen“, sagte Schulz auf die heutige Situation bezogen.

Angela Merkel war dagegen nicht auf Angriff, sondern auf Verteidigung aus – zum Beispiel im Bereich Bildung: Einerseits lobte sie ihre Errungenschaften und sagte, man habe etwa den Etat für Bildung und Forschung in der Zeit ihrer Kanzlerschaft verdoppelt. Andererseits gestand sie auch ein Versagen ein: „Der Schulbau ist in einigen Teilen eine Katastrophe.“ Außerdem verrät sie, was sie in Zukunft ändern will: Schulen sollen endlich ans Breitband angebunden werden.

An ihrem Ziel, „eine Million Elektroautos bis 2020“, hält die Kanzlerin weiterhin fest. Dennoch will sie dem Diesel als Kraftstoff aber nicht abschwören. „Wir brauchen moderne, umweltfreundliche Dieselautos“, sagte Merkel. In der Flüchtlingsfrage setzte Merkel einerseits auf Reduzierung, andererseits auf eine geordnete und gesteuerte Zuwanderung, die sich von der bisherigen Zuwanderung unterscheiden soll.

Amüsant wurde es noch einmal gegen Ende des Interviews, als Bettina Schausten die Kanzlerin fragte, warum sie den Namen ihres Konkurrenten, Martin Schulz, nie erwähne. Darauf erwiderte Angela Merkel sichtlich amüsiert: „Noch haben Sie mich gar nicht nach Martin Schulz gefragt. Ich nehme also gerne diese beiden Worte in den Mund.“

Wie bei den vergangenen Wahlkämpfen scheint Angela Merkels Strategie auch diesmal wieder zu sein: Bloß nicht in den Angriffsmodus schalten. Damit hat sie 2009 bereits Frank-Walter Steinmeier und 2013 Peer Steinbrück bezwungen. Bleibt abzuwarten, ob ihr dieses Kunststück auch dieses Mal wieder gelingt.