"Wie kann man in diesen Zeiten nicht lachen?" - Jo Schück über das "Paralleluniversum" Berlinale

Jo Schück hat seine Erfahrung mit Campieren vor dem Berlinale-Ticketschalter. Jetzt moderiert er die Eröffnungs-Gala eines der bedeutendsten Filmfestivals der Welt. (Bild: ZDF / Andreas Pein)
Jo Schück hat seine Erfahrung mit Campieren vor dem Berlinale-Ticketschalter. Jetzt moderiert er die Eröffnungs-Gala eines der bedeutendsten Filmfestivals der Welt. (Bild: ZDF / Andreas Pein)

"Sag ich nicht" gibt's bei ihm nicht: ZDF-Mann Jo Schück moderiert die Eröffungs-Gala der diesjährigen Berlinale und findet klare Worte für alle Fragen rund um eins der wichtigsten FIlmfestivals der Welt.

"Nischen-Fuzzi" nennt er sich selbst, angesiedelt irgendwo zwischen Kultur und Politik. ZDF-Moderator und Autor Jo Schück, bekannt durch Formate wie "aspekte" und "13 Fragen", fühlt sich wohl in seiner Nische. Seit fast zehn Jahren "tief drin im Berlinale-Diskurs", freut er sich nun auf ein großes Filmfest mit Rotem Teppich statt Maskenpflicht. Gemeinsam mit Co-Moderatorin Hadnet Tesfai präsentiert der 42-Jährige die Eröffnungs-Gala der 73. Berlinale "mit ordentlich Respekt", schließlich schaut die Welt zu am Donnerstag, 16. Februar, um 19.30 Uhr. 3sat überträgt.

Im Gespräch gibt sich Jo Schück wie immer erfrischend offen, optimistisch und mit Augenzwinkern, grundsätzlich beleuchtet er Themen druckreif von mehreren Seiten und liebt Wörter wie "Diskussion" und "differenzieren". Schück verrät, warum die Berlinale (16. bis 26. Februar) in Krisenzeiten mehr denn je gebraucht wird, was er in Bezug auf die #MeToo-Debatte von der Trennung zwischen Werk und Künstler hält und wie man als Familienvater auch für den Job Expertisen entwickeln kann.

"Was soll ich anziehen?" ist für Jo Schück eine der wenigen noch offenen Fragen in der Vorbereitung der Berlinale-Eröffnungsgala. (Bild: ZDF / Andreas Pein)
"Was soll ich anziehen?" ist für Jo Schück eine der wenigen noch offenen Fragen in der Vorbereitung der Berlinale-Eröffnungsgala. (Bild: ZDF / Andreas Pein)

"Werde oft gefragt: Wie kann man in diesen Zeiten noch lachen?"

teleschau: Sie sind kein Berlinale-Neuling, trotzdem ist die Moderation der Eröffnungsgala eines der bedeutendsten Filmfestivals der Welt durchaus aufregend. Wie laufen die Vorbereitungen?

Jo Schück: Ich gehe natürlich mit ordentlich Respekt an die Aufgabe, auch wenn es keine große Neuigkeit für mich ist, auf einer großen Bühne zu stehen. Jetzt werden viele Filme geschaut, und ich plane mit meiner Co-Moderatorin Hadnet Tesfai und der Redaktion zusammen, damit wir eine wunderbare Berlinale-Galaeröffnung hinbekommen. Ich habe große Vorfreude deswegen, weil es die erste Berlinale wieder komplett ohne Beschränkungen ist, der internationale Filmzirkus ist wieder auf den Beinen und reist um die Welt und wird natürlich auch in Berlin aufschlagen. Es ist toll, dass wir endlich mal wieder ein großes Filmfestival feiern können!

teleschau: Einige hundert Kilometer entfernt herrscht Krieg, in Deutschland erleben wir die Nachwehen von Corona, die Energiekrise und zunehmende Verunsicherung. Kommt der Berlinale deshalb in diesem Jahr eine besondere Rolle zu? Mancher mag sich fragen, wie man jetzt ein Fest abhalten kann.

Jo Schück: Ich werde oft gefragt: Wie kann man in diesen Zeiten noch lachen? Ich glaube, die Frage muss anders lauten: Wie kann man in diesen Zeiten nicht lachen? Wie kann man in diesen Zeiten nicht ein Filmfestival veranstalten? Die Berlinale war schon immer eine Mischung aus Kultur und Politik, deswegen passt sie auch ganz gut zu mir, denn das steht über meinem Lebenslauf als große Überschrift. Die Berlinale kann einerseits ein großes Kunstfestival sein und den Film auf einen Thron heben, sich dabei aber eben nicht - und das ist die alte Tradition der Berlinale - gleichzeitig verabschieden aus dem aktuellen Zeitgeschehen, im Gegenteil. Die Politik und die gesellschaftlichen Strömungen, die uns alle umgeben, sind ja Teil der Berlinale, und ich glaube, es passt sehr wohl zusammen, dass man mit einem Festival Aufmerksamkeit auf die Krisenregionen dieser Welt wirft. Filme sind auch Werkzeug des Widerstands, des Aktivismus, und die Berlinale hat den Anspruch, den Scheinwerfer auf die Krisen dieser Zeit zu werfen und gleichzeitig eine große Zahl von Menschen wieder zu begeistern für das, was im Kinosaal passieren kann.

teleschau: Die Themen der eingereichten Filme sind wie immer sehr vielfältig: Es geht um Homosexualität, Frauen im Iran, Abtreibung, Schule ... Gibt es ein Thema, von dem Sie denken, das hätte eigentlich dazugehört?

Jo Schück: Überhaupt nicht! Das Programm ist so vielfältig, und ich glaube, es ist für jedes Interesse ein Platz auf der Berlinale in den verschiedenen Sektionen. Natürlich wird in diesem Jahr ein Schwerpunkt auf Iran und Ukraine liegen, weil die Berlinale den Anspruch hat, sich mit diesen Themen explizit auseinanderzusetzen. Und das Festival war auch immer ein Forum für alle diejenigen, deren Stimme nicht gehört wird. Alle möglichen Minderheiten kommen vor und kriegen ein Podium. Auch abseitige Filme, die sonst nicht so im Auge der Öffentlichkeit sind, werden da auf eine Bühne gehoben. Darüber hinaus hat die Berlinale große Publikumsmagneten. Wir haben jetzt zum ersten Mal wieder Hollywood in Persona vor Ort, der Rote Teppich wird bespielt, sodass auch die Glamour- und Hollywood-Fans auf ihre Kosten kommen.

Zum ersten Mal wieder ohne Beschränkungen: Filmfans aus aller Welt freuen sich auf die 73. Berlinale. (Bild: ZDF / Svea Pietschmann)
Zum ersten Mal wieder ohne Beschränkungen: Filmfans aus aller Welt freuen sich auf die 73. Berlinale. (Bild: ZDF / Svea Pietschmann)

"Innerhalb des demokratischen Diskurses ist Deutschland bereit für alles!"

teleschau: Das hochgelobte und vielfach ausgezeichnete Aids-Drama "120 BPM" (Frankreich 2017) galt als heißer Kandidat für den Oscar, wurde aber im letzten Moment nicht in die Endrunde zugelassen - in den Medien hieß es, Amerika sei noch nicht bereit für schwule Sexszenen im Kino. Für welche Themen ist Deutschland noch nicht bereit?

Jo Schück: Solange wir uns innerhalb des demokratischen Diskurses befinden, ist Deutschland bereit für alles! Dass wir über manche Themen auch kontrovers diskutieren werden, macht eine pluralistische Demokratie aus, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es in irgendeiner Form zensurartige Geschichten bei einer Berlinale geben könnte, im Gegenteil. Wir hatten immer große Kontroversen. Ich mache das jetzt seit fast zehn Jahren und bin wirklich tief drin im Berlinale-Diskurs. Da wurde auch hart diskutiert, das finde ich klasse, denn dafür ist das Festival eine tolle Plattform.

teleschau: Sie sagten, Hollywood sei wieder vertreten. Auf wen freuen Sie sich besonders?

Jo Schück: Zur Eröffnung werden mutmaßlich Anne Hathaway, Peter Dinklage und Sean Penn erscheinen. Das sind Namen, die ich gar nicht so schlecht finde (lacht). Ich freue mich natürlich, wenn ich bei der Eröffnungsgala mit den Genannten und einigen anderen ins Gespräch kommen kann, nicht weil es große Stars sind, das ist mir persönlich gar nicht so wichtig, sondern weil es große Stars sind, die eine Botschaft mitbringen. Da kann sich auch das Publikum drauf freuen, weil neben dem Glamour auch ganz viel Inhalt transportiert wird. Ich finde, das ist die ideale Kombination.

teleschau: Haben Sie schon einen Favoriten unter den Wettbewerbsfilmen, auch wenn Sie ihn nicht verraten?

Jo Schück: Ich bin natürlich absolut neutral (lacht). Jeder, der schon mal bei der Berlinale war, hat auch Filme gesehen, von denen er danach dachte: Hä, was war das denn jetzt? Was ich bisher gesehen habe, hat mich allerdings durchaus inspiriert. Es war noch kein Film dabei, den ich schlecht fand. Ich habe ein ganz gutes Gefühl, ohne dass ich das stark begründen könnte.

teleschau: Welche Art von Film mögen Sie privat?

Jo Schück: Ich mag Filme mit Humor und Inhalt und bin einer der größten "Better Call Saul"-Fans. Diese Art und Weise des Kino-Erzählens mit ungewöhnlichen Kameraeinstellungen und großer Filmästhetik gefällt mir, die Musik spielt für mich eine riesengroße Rolle, und natürlich Überraschung. Wenn wir durch die letzten 20 Jahre Filmgeschichte gehen, sind "Fight Club", "Inception" und "Better Call Saul" von den großen Produktionen meine Favoriten. Es darf gerne absurd und es muss humorvoll sein. Die Ausarbeitung und Filmästhetik ist auch eine große Inspiration für meine eigenen Filme. Ich bin ja quasi ein Mini-Filmemacher, wenn ich zum Beispiel Dokumentationen für das ZDF mache. Das findet auf einem ganz anderen Level statt, aber man kann sich etwas abgucken von großen Filmemachern, auch für kleine Fernsehproduktionen.

Schwerpunkte der diesjährigen Berlinale sind die Ukraine und der Iran, aber auch darüber hinaus sind viele Themen vertreten. Wer am Ende einen Bären mitnehmen darf, bleibt spannend. (Bild: ZDF / Svea Pietschmann)
Schwerpunkte der diesjährigen Berlinale sind die Ukraine und der Iran, aber auch darüber hinaus sind viele Themen vertreten. Wer am Ende einen Bären mitnehmen darf, bleibt spannend. (Bild: ZDF / Svea Pietschmann)

Die #MeToo-Debatte muss geführt werden, auch wenn's manchen nicht passt

teleschau: Reizt Sie der Gedanke, mal einen Film zu produzieren, der keinen journalistischen, sondern einen künstlerischen Hintergrund hat?

Jo Schück: (lacht) Privat mache ich das, aber wirklich auf niederstem Niveau. Ich glaube, wir werden in den nächsten zehn Jahren keinen Film bei der Berlinale sehen, dessen Regisseur Jo Schück heißt. Ist vielleicht auch besser so.

teleschau: Solange Sie leben und länger gibt es die Berlinale. Was ist Ihre persönliche Historie mit dem Festival? Haben Sie es immer schon verfolgt oder erst aus beruflichen Gründen?

Jo Schück: Schon im Studium war ich mit einer Gruppe aus Filmwissenschaftlerinnen unterwegs. Ich erinnere mich daran, dass Teile unserer Mainzer WG zehn Tage lang in Berlin vor den Kartenoffices campiert haben, um sich so viele Filme wie möglich anzuschauen. Da war ich auch mal dabei und habe im Fahrwasser der Filmwissenschaft das alles sehr früh relativ intensiv mitbekommen. Sobald ich selber in Berlin war, war die Berlinale natürlich ein Event. Dabei komme ich gar nicht aus einer großen cineastischen Tradition in meiner Familie, aber die Verbindung zur Berlinale über die Filmwissenschaft war sehr schnell da. Übrigens auch über die Partys. Man hört immer, die ganzen Berlinale-Leute gehen auf Partys und machen sich einen schönen Lenz, aber wenn man dort erstmal mitmischt, gerät man automatisch mit Filmemachern zusammen. Für mich war die Feierei das Einstiegstor, über das ich in den Film reingesprungen bin, und ich freue mich, dass es so gelaufen ist. Seit neun Jahren bin ich für "aspekte" aktiv, da spielt die Berlinale natürlich eine riesige Rolle. Im besten Falle gerät man in einen Sog hinein und ist zehn Tage lang ausschließlich im Kino, bei Interviews oder auf einer Party und zehn Tage später taucht man wieder auf aus diesem Paralleluniversum, das sich Berlinale nennt.

teleschau: Isabelle Huppert hat ein Interview abgebrochen, als eine Frage zur #MeToo-Debatte kam - lassen Sie uns über das Thema sprechen. Wie stehen Sie dazu, dass unter Umständen auch Leute auf der Berlinale oder anderen Festivals vertreten sind, die des Missbrauchs bezichtigt werden?

Jo Schück: Natürlich muss man darüber sprechen. Ich finde es problematisch, wenn man sich dem verweigert. Wie bei allen Diskussionen, die derartig gelagert sind, kann ich nur an alle Teilnehmenden appellieren: Bleibt sachlich und versucht, Argumente zu finden. Das klingt total banal, aber diese Diskussionen geraten schnell aus dem Ruder. Das hat mit der Empörungsbereitschaft der gesellschaftlichen Diskussion insgesamt zu tun. Die Schwierigkeit liegt immer darin, dass Vorwürfe erhoben werden, die in der Regel zumindest am Anfang erstmal unbewiesen daherkommen. und man muss sehr aufpassen, dass man zwischen gesellschaftlicher Veränderung gegen Sexismus auf der einen Seite und Unschuldsvermutungen auf der anderen Seite eine faire und sachliche Diskussion hinbekommt. Wir hatten ja auch Fälle, wo Menschen angeklagt waren, die sich am Ende als mehr oder weniger unschuldig herausgestellt haben. Das kann aber nicht der Grund sein, dass wir auf der anderen Seite nicht darüber reden, denn es ist ja eindeutig und klar, dass in Sachen #MeToo viel Aufholbedarf ist. Das Problem ist überhaupt noch nicht gelöst. Wir müssen alle eine große Kraftanstrengung machen, dass wir das schaffen und dabei aber nicht einzelne Menschen über den Jordan laufen lassen, die vielleicht gar nichts damit zu tun haben. Wir müssen uns alle immer wieder neu fragen: Ist die Härte des Vorwurfs berechtigt? Wie können wir konstruktiv da herauskommen? Das muss das oberste Ziel sein: die Verbesserung der Lage von Frauen innerhalb des Filmgeschäfts. Da ist noch sehr viel zu tun. Deswegen müssen wir diese Diskussion auch weiterführen, auch wenn sie manche Menschen unangenehm finden. So sei es dann, da müssen sie leider durch.

Was gehört in den Giftschrank?

teleschau: Nachdem bei dem Schauspieler Florian Teichtmeister kinderpornografisches Material gefunden wurde, hat man seinen für den Oscar in Betracht gezogenen Film dort gestrichen, was alle an dem Projekt Beteiligten gleich mit bestraft. Wie könnte man dem gerecht werden?

Jo Schück: Die Causa Teichtmeister ist natürlich für die Regisseurin Marie Kreutzer und ihr ganzes Team ein Desaster. Ich verstehe die persönliche Enttäuschung und den Ärger gegenüber dem mutmaßlichen Täter sehr klar, weil der Film und die ganz Crew darunter leiden, auch die Kunst. Aber da muss man sehr stark differenzieren. Es ist auf der einen Seite gegenüber den potenziellen Opfern sehr schwer vermittelbar, einen mutmaßlichen Pädophilen auf der großen Leinwand zu zeigen. Andererseits - und deswegen ist es auch die richtige Entscheidung, den Film erstmal im Giftschrank zu halten - bedeutet das nicht, dass wir alle Kunstwerke, die unter Beteiligung von mutmaßlichen Tätern entstanden sind, für alle Zeiten im Giftschrank lassen müssen. Das ist genau dieselbe Frage wie "Darf man Michael Jackson noch im Radio spielen?" Ich finde, ja. Es ist immer eine Frage des Zeitpunktes und des Fingerspitzengefühls. Ich halte es für absolut falsch, komplett schwarz-weiß zu argumentieren.

teleschau: Wo sollte man auch die Grenze ziehen?

Jo Schück: Genau! Was ist mit einem Dieb oder Mörder? Bei verschiedenen Abstufungen von Kriminalität gerät man sehr schnell ins Schwimmen. Wir haben alle das Bedürfnis, ein Kriterium zu finden, wo wir sagen können, hier ist die Grenze, und hier ist sie überschritten oder hier gerade eben noch nicht. Diese Diskussion wird nicht enden, wir werden immer wieder neu darüber reden müssen, auch wenn es wahnsinnig anstrengend ist. Es ist wichtig. Wir wollen auf der einen Seite weder die Kunst beschädigen, noch wollen wir im Nachhinein Opfer verhöhnen. Wir müssen einen Mittelweg finden und ich glaube, dass das möglich ist.

teleschau: Einen Mittelweg wählte das ZDF, indem es sich dafür entschied, bei einem Teichtmeister-Film seine Szenen herauszuschneiden.

Jo Schück: Zum jetzigen Zeitpunkt ist das eine gute Lösung. Momentan ist es den Opfern gegenüber nicht vermittelbar, Teichtmeister auf großer Leinwand zu zeigen. Das geht einfach nicht. Wenn ich selber Opfer wäre, würde ich sagen, habt ihr sie noch alle? Aber alle Werke von mutmaßlichen Straftätern zu verbannen, das geht auch nicht. Dann sind die Museen leer, dann können wir nichts mehr im Radio hören, und die Kinoleinwände bleiben auch leer. Menschen sind leider fehlbar. Das ist ein Paradoxon, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen: Menschen sind voller Widersprüche.

"Wir müssen alles erwarten, auch das Gute"

teleschau: Sie machen neben verschiedenen Moderationen im Fernsehen auch Podcasts, sind Gast in Talksendungen, schreiben Bücher - und all das über die verschiedensten Themen. Wie schaffen Sie es, sich über all das vorab so gründlich zu informieren?

Jo Schück: (lacht) Ich glaube, das sieht nur so aus. Ich bin ähnlich informiert wie viele andere Menschen, die gelegentlich mal eine Nachrichtensendung schauen. Außerdem gehört Recherche zu meinem Job. Mein Arbeitspensum ist nicht gering, aber wenn ich zum Beispiel eine "aspekte"-Sendung mit recherchiere, bin ich nicht nur Präsentator, sondern Mit-Autor bei unseren Reportagen. Dann bleibt es nicht aus, dass ich das eine oder andere Buch oder die Zeitung gelesen haben muss, aber dafür werde ich zumindest teilweise auch bezahlt. Das ist ein Privileg, das ich nutze, und ich bin dankbar, dass es das Riesen-Geschenk des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt, damit eben auch so Nischen-Fuzzis wie ich sich informieren können, um das dem Publikum weiterzugeben. Wir bestehen auf eine gute Recherche und ich bin Teil dessen und deswegen bin ich vielleicht auch ein bisschen informierter als der eine oder andere, aber ehrlicherweise auch nicht so viel. Das Meiste ist einfach nur, so zu tun, als würde man alles wissen (lacht).

teleschau: Wie bringen Sie Job und Familie unter einen Hut?

Jo Schück: Man kann es umdrehen. Manchmal verzweifele ich genauso wie andere Menschen, die eine Familie haben, an der fehlenden Zeit und den vielen Krankheiten und dem schlechten Schulsystem. Und manchmal denke ich umgekehrt, dass es aus journalistischer Sicht wiederum ein Geschenk ist, dass ich die ganzen Diskussionen, die wir um Corona hatten, die wir um Familienleistungen im politischen Diskurs haben, ganz gut nachvollziehen kann. Ich habe auch eine Ahnung vom Bildungssystem, also kann ich mitreden. Man kann es umdrehen und sagen, den ganzen Stress, den man mit Familie, Beruf und Kram hat, kann man nutzen, weil man ganz automatisch eine Expertise entwickelt, ohne dass man viel recherchieren muss. Das sehe ich eher als positiven Effekt. Denn wenn man eine Familie hat, kann man die Diskussionen um Familienleistungen besser nachvollziehen.

teleschau: Jetzt haben wir viel über Diskussionen diskutiert ...

Jo Schück: (lacht) Ich bin gerade in der Diskussion darüber, was ich anziehen werde. So eine Frage ist mir eigentlich völlig fremd, weil ich normalerweise nicht überbordend viel Zeit auf die Wahl meines Outfits verwende. Bei einer Berlinale-Galaeröffnung ist das natürlich etwas anders gelagert. Da wird schon darüber geredet, was trägt der Moderator eigentlich? Ich werde mich nicht verkleiden, werde Ich bleiben, aber besonders soll es schon sein. Das macht mir Spaß, ich beschäftige mich ein bisschen mit Mode. Aber ich sage immer, wir müssen alles erwarten, auch das Gute. Das zählt sowohl für die Berlinale-Eröffnung als auch für das ganze Festival und am Ende auch für meinen Anzug.