Stromkonzerne fahren bald elektrisch

Elektroautos sind immer noch ein Nischengeschäft. Doch jetzt wollen die Versorger Innogy, Vattenfall und Eon vorangehen und ihre Fuhrparks auf Strom umstellen. Schließlich haben sie ein geschäftliches Interesse daran.

Keine Frage: Die deutschen Energiekonzerne haben ein besonderes Interesse am Durchbruch der Elektromobilität. Elektroautos tanken kein Benzin, sondern Strom – und der ist das wichtigste Produkt der Versorger. Mit symbolkräftigen Beschlüssen versuchen die Branchenführer jetzt, der Elektromobilität einen Impuls zu geben. Der Innogy-Vorstand hat am Mittwoch die komplette Dienstwagenflotte auf Elektro- und Hybridmodelle umzustellen – innerhalb von vier Jahren. Anfang Februar hatte bereits Vattenfall einen entsprechenden Beschluss gefällt – und auch Eon plant den Umstieg

Bei Neubestellungen von Firmenwagen für Vorstände, Führungskräfte und Vielfahrer würden künftig „ausschließlich klimafreundliche Modelle zur Auswahl stehen und keine Fahrzeuge mehr mit herkömmlichem Diesel- oder Benzinmotor“, teilte Innogy mit. Insgesamt umfasst die Dienstwagenflotte den Angaben zufolge derzeit rund 1000 Fahrzeuge. Bis Ende des Jahres sei der Umstieg noch freiwillig, ab Anfang 2018 werde er dann zur Pflicht. Um eventuelle Mehrkosten bei der Umstellung auszugleichen, habe der Vorstand ein Zusatzbudget beschlossen.

„Damit haben wir den Startschuss für das neue E-Mobility-Zeitalter bei Innogy gegeben“, sagte Firmenchef Peter Terium. Er verstehe das bewusst als „starkes Signal“ an die Mitarbeiter, aber auch die Kunden und die Politik: „Wir wollen als Innogy beim Thema Elektromobilität nicht nur vorne mitfahren. Wir wollen der führende Lösungsanbieter in Europa und den USA werden. Wir stehen für Elektromobilität.“

Anfang Februar, kurz vor der Branchenmesse E-World, hatte schon Vattenfall bekanntgegeben, die Fahrzeugflotte innerhalb der kommenden fünf Jahre umzustellen. Europaweit handelt es sich um 3500 Pkw und kleine Nutzfahrzeuge. Allein in Deutschland sind 1100 Fahrzeuge betroffen.

Eon hat sich nach Angaben eines Sprechers auch zum Ziel gesetzt, „den gesamten Fuhrpark auf Elektrofahrzeuge umzustellen“. Der Konzern will sich aber noch nicht auf einen konkreten Zeitraum festlegen. Vor allem bei Nutzfahrzeugen genügten die angebotenen Modelle noch nicht immer den Ansprüchen des Unternehmens. Eon macht bei Flotte der Netzsparte aber schon den ersten Schritt. Hier wurde der Prozess für die Beschaffung von 3000 Elektrofahrzeugen angestoßen – die ersten 200 sind schon am Start.

Den Versorgern kommt bei der Elektromobilität eine Schlüsselrolle zu. Sie sollen die öffentliche Infrastruktur zum Laden der Elektroautos aufbauen. Die Branche hat aber auch lange gezögert, weil sie bisher keine Chance sahen, die Kosten einzuspielen. Die Versorger verwiesen auf die wenigen Elektroautos, die bisher auf den Straßen fahren. Die Autobranche wiederum machte die fehlende Infrastruktur mit verantwortlich für die Zurückhaltung der Kunden.

Von der Million Autos, die die Nationale Entwicklungsplattform Elektromobilität für 2020 als Ziel ausgegeben hatte, gab es Mitte vergangenen Jahres gerade einmal 60.000 – und von den dafür nötigen 70.000 Ladepunkten waren gerade einmal 6500 installiert.

Jetzt soll sich aber auch das ändern. Die Bundesregierung hat 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um den Aufbau der Ladeinfrastruktur zu fördern. Die erste Tranche wurde Anfang März bereitgestellt – und die Unternehmen griffen eifrig zu. Sowohl die großen Energiekonzerne als auch viele Stadtwerke stellten im großen Stil Förderanträge.

KONTEXT

Die Börsengänge der Töchter von Eon und RWE

Energiewende sorgt für Veränderungen

Die von der Energiewende gebeutelten Energieriesen Eon und RWE treiben ihre Konzernumbauten voran. Eon hat die Kraftwerkstochter Uniper im September an die Börse gebracht, RWE brachte das Ökostromgeschäft Innogy im Oktober an den Aktienmarkt.

Die Unternehmen

Die Eon-Tochter Uniper hat ihren Sitz in Düsseldorf, beschäftigt knapp 14.000 Mitarbeiter und erzielte nach Konzernangaben 2015 auf Pro-Forma-Basis ein Ebit von 0,8 Milliarden Euro und einen Nettoverlust von rund vier Milliarden Euro. Chef ist der ehemalige Eon-Finanzvorstand Klaus Schäfer.

Die RWE-Tochter Innogy hat ihren Sitz in Essen, beschäftigt knapp 40.000 Mitarbeiter und erzielte rein rechnerisch nach RWE-Angaben 2015 einen operativen Gewinn (Ebitda) von 4,5 Milliarden Euro und einen Nettoergebnis von 1,6 Milliarden Euro. Geführt wird das Unternehmen von RWE-Chef Peter Terium, der nach dem Börsengang den Chefposten des Mutterkonzerns abgegeben hat.

Das Geschäft

Uniper betreibt Kohle- und Gaskraftwerke in Europa und Russland mit rund 40 Gigawattt. Hinzu kommen Wasser- und Atomkraftwerke in Schweden sowie der Energiehandel.

RWE Innogy bündelt das Geschäft mit Ökostrom, Strom- und Gasnetzen sowie den Vertrieb von Strom und Gas.

Die Börsengänge

Eon hat im Zuge eines Spin-Offs 53 Prozent der Uniper-Anteile an die Börse gebracht und sie den eigenen Aktionären ins Depot gelegt. Einnahmen erzielt der Konzern dabei zunächst nicht. Eon will allerdings mittelfristig die restlichen Aktien versilbern, allerdings nicht vor 2018.

RWE und die neue Tochter Innogy brachten zunächst 23 Prozent der Anteile an die Börse. Später könnten weitere Anteile verkauft werden, RWE will aber die Mehrheit behalten.

Ausblick

Uniper steht von Beginn unter Druck. Der Konzern will bis 2018 Beteiligungen im Wert von mindestens zwei Milliarden Euro verkaufen und die Personalkosten senken.

Innogy erwartet stabile Geschäfte, da der größte Teil der Einnahmen, etwa für den Betrieb der Strom- und Gasnetze staatlich reguliert ist.