Studie: Corona-Infektion in 5 Minuten, Abstandsregeln nicht ausreichend
Eine Studie aus Südkorea stellt die bisherigen Empfehlungen im Kampf gegen das Coronavirus massiv in Frage. Die zentralen Erkenntnisse: Ansteckungen verlaufen schneller als gedacht, zwei Meter Abstand könnten zudem nicht ausreichend sein.
Vergangene Woche wurde im Journal of Korean Medical Science die Studie “Evidence of Long-Distance Droplet Transmission of SARS-CoV-2 by Direct Air Flow in a Restaurant in Korea” von Keu-Sang Kwon und diversen weiteren Forschern veröffentlicht.
Die Studie beschäftigte sich mit einem Coronavirus-Ausbruch in einem südkoreanischen Restaurant am 17. Juni 2020. Eine infizierte Person hatte drei weitere Personen angesteckt.
Das Forscherteam wertete diverse Daten aus und stellte dabei erstaunliches fest. Die erste Schlussfolgerung: Eine Infektion ist auch möglich, wenn mehr als zwei Meter Abstand eingehalten werden.
Dafür allerdings muss ein entsprechender Luftzug im Innenraum bestehen. Dieser Luftzug muss direkt vom Infizierten zur infizierten Person reichen.
Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: Bereits fünf Minuten können ausreichen, um sich mit dem Virus zu infizieren.
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Der konkrete Ablauf der Studie
Die Forscher rekonstruierten für ihre Untersuchung die Situation im betroffenen Restaurant und stellten in einer Übersicht auch die Luftströme im Innenraum, ausgelöst durch einen Ventilator an der Decke, fest.
Der Infizierte saß 6,5 Meter bzw. 4,8 Meter Luftlinie von den beiden Infizierten Personen entfernt. Die dritte Person saß ihm direkt gegenüber am gemeinsamen Tisch.
Die beiden weiter entfernten Personen wurden zum “Opfer” des Luftstroms. Andere Gäste des Restaurants wurden negativ getestet - sie wurden auch nicht gleichermaßen vom Luftstrom tangiert.
Spannend ist, dass der Infizierte um 17.15 Uhr das Restaurant betrat. Schon um 17.20 Uhr verließ einer der beiden Infizierten das Restaurant und wurde dennoch später positiv auf das Virus getestet.
Im Restaurant wurden am Tisch keine Masken getragen. Die Gäste hatten unterschiedliche Türen benutzt, weshalb ein naher Kontakt ausgeschlossen werden konnte. Ebenso ausgeschlossen wurden soweit möglich andere Chancen der Infektion.
Eine solche von vermeintlichen Störfaktoren bereinigte Studie dürfte nun die weltweiten Abstandsregeln in Frage stellen. Die Infektionsgefahr in Innenräumen scheint noch deutlich größer als ohnehin schon angenommen.
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Studie könnte weltweite Empfehlungen ändern
Fragen werfen die Ergebnisse in vielen Bereichen auf. Wie gefährlich ist der öffentliche Nahverkehr im Angesicht solcher Erkenntnisse? Wie können Konzepte in der Gastronomie vor weiteren Infektionen schützen? Wie steht es im Handel, wo Luftströme oft bewusst gelenkt werden?
Die Forscher selbst sprachen die Empfehlung aus, dass Gesundheitsämter aller Welt beim Contact-Tracing noch umfassender vorgehen sollen - eine schwierige Vorstellung angesichts der ohnehin schon starken Überlastung der Ämter nicht nur in Deutschland.
Die Forscher gingen gar noch weiter: In Restaurants sollten die Abstände zwischen Tischen vergrößert werden oder Luftströme durch Wände gebrochen werden. Masken sollten nur beim Essen abgesetzt werden, das Reden während dem Essen vermieden werden.
Mögliche Störquellen in der Untersuchung machten die Forscher insbesondere in der Darstellung der Luftströme aus. Diese könnten durch das Öffnen von Türen und das Bewegen von Objekten im Raum nicht zu 100 Prozent der Theorie entsprechen. Dennoch sei man bemüht gewesen, die Situation bestmöglich zu erfassen.
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