Sylvies Dessous Models: Viel nackte Haut um nichts

Ein Dessous-Model läuft über einen Teppich, dabei muss es das gar nicht können. Foto: MG RTL / D
Ein Dessous-Model läuft über einen Teppich, dabei muss es das gar nicht können. Foto: MG RTL / D

Bühne frei für Silvies Dessous Models – die neue RTL-Casting-Show kommt gerade mit dem Nötigsten aus: wenig Schauwerte, kaum Stoff, klar, darum geht es ja, kein roter Teppich, keine echte Jury, kein Promifaktor, fast kein Geheule. Dafür gibt es viel Sylvie Meis, sehr viel sogar. Ihr Leben vor der Berühmtheit, währenddessen, ihre Pläne für die Zukunft und die Frage: Lernen wir hier die echte Sylvie kennen? Äh, nein.

„Sylvies Dessous Models“, die Show, in der sich Sylvie Meis auf die Suche macht, nach einem Mädchen, das Markenbotschafterin wird, neben Sylvie selbst versteht sich, für die kommende Kollektion von Sylvie Designs (Sylvie Meis Marke), ist eine einzig große Vermarktungsorgie, von Sylvie Meis, mit Sylvie Meis, für Sylvie Meis. Sylvie Meis. Sylvie Meis. Okay, genug…

Das Ganze als Dauerwerbesendung zu bezeichnen, das wäre noch frech und untertrieben. Aber sei’s drum. Die Sendung gleicht, klar, Germany‘s Next Topmodel, nur dass sie nicht das okaye Produktionsniveau erreicht, den manchmal angedeuteten Feminismus, die hin und wieder schnippischen Dialoge. Dafür tragen die Mädchen dauerhaft ein Hauch von Nichts. Genauso viel dürfte übrigens auch die Show gekostet haben. Es gibt keine Stars neben Sylvie, also keine Gagen, die Kulissen sind schaurig-billig oder gar öffentlich zugänglich, alles findet zudem fußläufig in Hamburg statt.

Aber auf Anfang. Sylvie Meis – für alle, die sie noch nicht kennen, folgt jetzt ihr Leben im Schnelldurchlauf: Sylvie war mit Rafael van der Vaart verheiratet, ein Glamourpaar, sie haben sich getrennt und scheiden lassen, es gab eine Neue und viel Drama, Sylvie hatte Brustkrebs, bis heute vergeht kein Tag, an dem sie nicht an diese Zeit zurückdenkt. Sie ist seit zehn Jahren gesund, ist außerdem Mutter von Damian, von dem sie gleich Babybilder in die Kamera hält, ja, die Frau könnte man als entgrenzt bezeichnen, sie führt also ein Leben in der Öffentlichkeit, ist zudem Unternehmerin, Moderatorin, Model, Fernsehgesicht, Supertalent, erst Let’s Dance-Teilnehmerin, dann -Moderatorin, später durfte sie beides nicht mehr, RTL schob sie ab, ersetzte sie durch eine Jüngere, daran erinnert sie sich schmerzlich, aber wie sagt sie so schön: „Wenn eine Tür zugeht, geht irgendwo ein Fenster auf.“ Mittlerweile ist sie 40 Jahre alt, war fünf Jahre das Gesicht und der Körper von Hunkemöller. Und dachte sich: Das kann ich auch. Also gründete sie ihre eigene Dessous- und Bademodenkollektionsfirma: Sylvie Designs.

In der Show geht es, wie in Sylvies Leben, um „Beauty, Style and Glamour“ und für die neue Kollektion ihrer Dessous sucht sie eine Markenbotschafterin, die nebenbei 50.000 Euro gewinnt. Im Vorfeld gab es unzählige Bewerbungen, 30 Frauen wurden ausgewählt und nach Hamburg zum Casting eingeladen, nur die Schönsten der Schönen, versteht sich.

Und dann geht es auch schon los: Die Auserwählten dürfen, ja, was eigentlich? Sie schminken sich erstmal selbst, kleiden sich selbst und präsentieren dann: sich selbst in Dessous. Der Inhalt dieser Sendung schrumpft wirklich auf das zusammen.

Frauen.

Dessous.

Sie zeigen sich in einem Walk oder Run oder einfach nur mit Rumstehen, weil die Frauen bei Sylvie ja nicht laufen müssen, sie müssen „gut aussehen“. Alle sind schlank, alle weiß, sie sind brünett, blond, schwarzhaarig und alle sind fast nackt. Da bleibt der Kamera gar nichts anderes übrig, als ständig superlangsam über die Dekolletés, Beine, Unterwäsche, von vorn und von hinten, zu fahren.

Sylvie bewertet sie dann mit ihren beiden Assistentinnen in wenigen Augenblicken nach Persönlichkeit (Blödsinn), Charisma (Quatsch), Ausstrahlung (auf keinen Fall), Proportionen (vielleicht) und Fitness (naja). Genau genommen ist die Show eine neue Eskalationsstufe, weil es so absurd willkürlich ist, wer da auserwählt wird. Schönheit, das ist eine Binse, liegt im Auge des Betrachters. Der Zuschauer sieht hier also einem etwas älteren, stets auf Hochglanz polierten, Abziehbild-Unterwäschemodel dabei zu, wie es junge Frauen nach schön und weniger schön einteilt. Ohne Orientierungspunkte, ohne Erklärung. Rein subjektiv geht es darum, wen Sylvie Meis künftig gern in ihre Dessous stecken möchte.

Nasenring? „Du bist raus.“ Tattoo? „Zu verrückt.“ Irgendwas? „Du kommst unsicher rüber.“ Irgendwas anderes? „Du bist zu wildchild, wir wollen femininer, sexier.“ Ausstrahlung? „Du hast eine unglaubliche Ausstrahlung, aber nicht die richtige für mich.“

Positiv gesehen: Die Show gibt sich nicht die Schwere, nach einem „Top“-model zu suchen oder einem „Superstar“, sondern einfach nur nach Sylvies Geschmack.

Das sind die Models vor der ersten Challenge. Danach sind nur noch zehn übrig, das geht angenehm flott. Foto: MG RTL D / Sebastian Geyer
Das sind die Models vor der ersten Challenge. Danach sind nur noch zehn übrig, das geht angenehm flott. Foto: MG RTL D / Sebastian Geyer

Noch ein Schlaglicht auf die Kandidatinnen? Gern:

Als erstes darf sich Susanna präsentieren. Sie ist 26, Model, geht öfter zu Castings und „liebt Abenteuer. So normale Abenteuer.“ Sie ist auch witzig. Findet sie.

Sylvie findet: „Du bist mega. Unfassbar. Top-Gesicht. Weiter.“

„Das war‘s?“

„Das war‘s.“

Dann folgt Elina, 25, aus Wien, hauptberuflich Model, hat aber auch einen Bachelor. Will die Show gewinnen, wie vermutlich viele, ihr Vorteil dabei: „Willensstärke. Und meine Attitude (Ättitjüd).“ Sie überzeugt nicht auf Anhieb, muss sich daher auf einer bereitstehenden Chaiselongue (kleines Sofa) räkeln. Posiert, wie für den Pirellikalender, in Strapsen.

„Du weißt, was man da tut.“

Sie wackelt (das heißt, sie kommt vielleicht weiter).

Melissa, 22, aus Berlin macht unglaublich gern Instagram.

„Zeig mal dein Selfiegesicht.“

„Das ist flirty. Und lachen kann ich auch.“

„Voll Lolita. Ich follow dir mal.“

„Danke Sylvie!“

Dann gibt es da noch Julia, 21, aus Heidelberg, sie modelt, seit sie 15 ist. Aus Armut, wie sie sagt. Aha. Weil sie damals noch nicht in einer Bar arbeiten durfte. Aha, aha.

Sarah, 20, hat keinen festen Wohnsitz, nach dem Abi wollte sie erstmal rausfinden, was sie machen möchte und jetsettet seither zwischen ihren Apartments in Düsseldorf, Stuttgart, London und Moskau hin und her. Ihre Wimpern hat sie für diesen Tag vier Wochen im Voraus geplant (was auch immer das zu bedeuten hat).

Sylvie betont nochmal, was ihr wichtig ist: „Es geht nicht nur darum, hübsch zu sein. Es geht nicht nur um den Traumkörper. Es geht um das gewisse Extra. Den Gönn-Faktor.“

Zur nächsten Kandidatin sagt Sylvie: „Du bist zu konventionell.“

Irgendwie entscheidet sie sich dann für zehn von ihnen: „Ihr seid alle so unfassbar hübsch. Ich weiß, es bedeutet für euch gerade die Welt.“

Hoffentlich bedeutet es für keine der Kandidatinnen die Welt, von einer glattgeschminkten blonden RTL-Ikone und Projektionsfläche, die noch nie in ihrer Karriere eine öffentliche Meinung geäußert hat, auf allein das Äußeres reduziert und danach bewertet zu werden.

Trotzdem: Die Auserwählten freuen sich und ziehen ins „Modelloft“ ein, schön, mit 6-Bett-Zimmer, Hochbetten, Metallgestell. In der Modeljugendherberge also gibt es schnelle Häppchen. Denn gestärkt geht es zur Challenge, auf die Rickmer Rickmers, das Museumsschiff im Hamburger Hafen, um da im ersten richtigen Shooting Dessous zu präsentieren.

Sylvie ist schnell in was Bequemes geschlüpft, nachdem sie ihren Kandidatinnen gezeigt hat, wie man richtig posiert. Foto: MG RTL / D
Sylvie ist schnell in was Bequemes geschlüpft, nachdem sie ihren Kandidatinnen gezeigt hat, wie man richtig posiert. Foto: MG RTL / D

Irgendjemand ist unzufrieden, weil sie eine sexy Matrosin sein soll und keine sexy Piratin. Irgendjemand ist unzufrieden, weil sie keine sexy Matrosin sein darf. Zwischenrein schallen die Tipps von Modelmutti Sylvie: „Stell dich aufs andere Bein. Jetzt auf das andere. Abwechselnd. Verdeck dein Gesicht nicht. Zeig mehr Wäsche.“

Anhand der Bilder geht es dann am nächsten Tag zur Entscheidung, zwei fliegen raus. Gut, das ging wirklich fix bis hierhin, von dieser Entscheidungsfreude könnte sich wirklich jede andere Castingshow in Deutschland mal eine Scheibe abschneiden. Und niemand muss sich unnötig Namen merken. Bei der Entscheidung gibt es keine Rose, kein Foto, sondern ein Armband. Und Tränen. Insgesamt acht Armbänder vergibt Sylvie, nie um einen Tipp verlegen: „Übe an deiner Mimik, das Instaduckface ist over.“

And out.

Nächste Woche kommt das große Umstyling, das legendäre Makeover, mit neuen Haarfarben, kurzen Haaren und eine Sylvie, die sagt: „Ich bin so froh, dass ich lebe.“ Bei so viel echten Gefühlen werden wir sicher wieder einschalten. Oder vielleicht auch nicht.

Sehen Sie im Video: Hier kriegt Sylvie Meis den Schock ihres Lebens