Türkei verlangt Auslieferung von mutmaßlichem Putschisten

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu fordert die Auslieferung eines mutmaßlichen Putschisten, der sich angeblich in Deutschland aufhalten soll. Foto: Olivier Matthys
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu fordert die Auslieferung eines mutmaßlichen Putschisten, der sich angeblich in Deutschland aufhalten soll. Foto: Olivier Matthys

Die türkische Regierung dringt seit langem auf die Auslieferung von aus ihrer Sicht Terrorverdächtigen aus Deutschland. Nun verlangt sie nach einem hochrangigen mutmaßlichen Putschisten. In welchem Land der sich aufhält, ist jedoch noch gar nicht klar.

Istanbul (dpa) - Die Türkei verlangt die Auslieferung eines mutmaßlichen Wortführers des Putschversuchs, der sich angeblich in Deutschland aufhalten soll. Falls der Verdächtige Adil Ö. in der Bundesrepublik sei, wolle man seine sofortige Verhaftung und Auslieferung.

Das sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu dem Staatssender TRT. Man habe der Bundesrepublik dazu eine offizielle Note übermittelt.

Das Auswärtige Amt bestätigte, dass die Note am 12. August eingegangen sei. Man werde dem türkischen Wunsch «auf der Grundlage von Recht und Gesetz» nachgehen, sagte ein Sprecher. Zur Frage, ob sich Ö. tatsächlich in Deutschland aufhalte, sagte er: «Ich weiß das nicht.»

Unterdessen darf der deutsche Botschafter Martin Erdmann am kommenden Mittwoch nach Angaben des Auswärtigen Amts (AA) erstmals den in der Türkei inhaftierten Menschenrechtler Peter Steudtner besuchen. Der «Welt»-Korrespondent Deniz Yücel erhält am kommenden Dienstag ebenfalls Besuch von Erdmann. AA-Sprecher Martin Schäfer wertete das als «symbolische Handlung».

Die Türkei reagierte mit der Aufforderung nach Auslieferung des mutmaßlichen Putschisten auf Medienberichte der vergangenen Tage, wonach Adil Ö. in Deutschland gesichtet worden sei. Ö. ist nach Angaben türkischer Medien islamischer Theologe und mutmaßlicher Wortführer im Putschversuch vom vergangenen Jahr. Er wurde demnach kurz nach dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 festgenommen, aber nach seiner Aussage wieder freigelassen. Seitdem ist er auf der Flucht.

Für den gescheiterten Umsturzversuch macht die türkische Führung den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich. Sie wirft Deutschland schon lange vor, mutmaßlichen Putschisten und aus ihrer Sicht terrorverdächtigen Personen Schutz zu bieten. Unter anderem kritisierte Ankara, dass türkische Offiziere in Deutschland Asyl bekommen hatten. Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei ist aber auch wegen der Inhaftierung von insgesamt neun deutschen Staatsbürgern angespannt, darunter Steudtner, Yücel und die Übersetzerin und Journalistin Mesale Tolu.

Gegen Yücel war Ende Februar Untersuchungshaft verhängt worden. Ihm werden Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen. Steudtner, sein schwedischer Kollege Ali Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren am 5. Juli bei einem Seminar in Istanbul festgenommen worden. Gegen acht der insgesamt zehn Beschuldigten wurde danach wegen Terrorunterstützung Untersuchungshaft verhängt.

Einer der Anwälte von Steudtner und Gharavi sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Einzelhaft gegen die beiden sei aufgehoben worden. Dennoch seien die Haftbedingungen im Gefängnis Silivri westlich von Istanbul nach wie vor schwierig und teilweise «gesetzeswidrig». Gharavi, der psychologische Probleme habe, werden demnach homöopathische Medikamente verweigert. Wenn er diese nicht einnehme, steigere sich seine Paranoia, sagte der Anwalt. Mit dem Gefängnispsychologen könne sich Gharavi nicht verständigen. «Er hat das volle Recht, mit einem Arzt zu sprechen, der Englisch kann», sagte der Anwalt.

Gesetzeswidrig sei ebenfalls, dass Anwaltsbesuche nach wie vor von Wärtern überwacht und mit einer Kamera aufgezeichnet würden. Die Kanzlei habe Einspruch gegen die Haftbedingungen eingelegt und fordere unter anderem eine Zusammenlegung der beiden Menschenrechtler.