Talk bei Markus Lanz: „Halten Sie Friedrich Merz für glaubwürdig?“

Talk bei Lanz: Tritt die Merz-Fraktion nach in der CDU und sorgt für eine Spaltung der Partei? Foto: Screenshot / ZDF
Talk bei Lanz: Tritt die Merz-Fraktion nach in der CDU und sorgt für eine Spaltung der Partei? Foto: Screenshot / ZDF

Der Zustand der CDU nach der Wahl Annegret Kramp-Karrenbauers und Speed-Bergsteigen im Iran. Wohl nirgends in der deutschen TV-Landschaft sind die Themenkontraste so stark wie bei Markus Lanz: Das wird besonders spannend, wenn sich Gäste in die jeweils anderen Themen einmischen. Das aber hat dieses Mal überhaupt nicht geklappt.

Die Diskutanten:

  • Ole von Beust, Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister, mittlerweile Politikberater

  • Kristina Dunz, hat den CDU-Parteitag in Hamburg live vor Ort begleitet

  • Wolfgang Grupp, Unternehmer, sprach sich im Vorfeld für Friedrich Merz als Parteivorsitzenden aus

  • Benedikt Böhm, der Extrembergsteiger hat den Mount Damavand auf dem Fahrrad, zu Fuß und auf Skiern bezwungen

Annegret Kramp-Karrenbauer: Thema in jeder Politik-Talkshow

Zunächst fragt Markus Lanz nach dem Fazit der CDU-Wahl, denn die Friedrich Merz-Fraktion der Partei bemüht nach der verlorenen Wahl eine Art Dolchstoßlegende. Die erzählt von runtergeregelten Mikrofonen, von einem Nachhall, davon, dass Stimmen hin- und hergeschoben wurden, um seinen Sieg zu verhindern. Ein fairer Verlierer sieht anders aus.

Kristina Dunz sagt: „Es gibt einen Riss in der CDU, aber der ist nicht so dramatisch, wie es das Merz-Lager darstellt. Es ist nicht der Niedergang der Partei. Ich halte das jetzt eher für Nachtreten. Ich glaube auch nicht, dass die drei Kandidaten inhaltlich so weit auseinander lagen. Annegret Kramp-Karrenbauer wird eine striktere, konservativere Politik machen, als Angela Merkel. Die Merz-Anhänger haben auch ein wenig gehofft, dass er weiterkämpft, dass er sagt, ‚ich stehe an eurer Seite‘. Aber das kam bislang überhaupt nicht. Das ist ein wenig wie eine beleidigte Leberwurst.“

Ole von Beust erklärt den Vorgang eher als ganz natürlich: „Viele Leute sagen Vieles. Man geht zur Wahl, wählt, geht wieder auseinander. Wenn das Ergebnis nicht stimmt, tragen im Grunde immer die anderen Schuld. Der Laden hat sich aber immer zusammengerafft. Dass es Enttäuschte gibt, ist doch klar.“

Ein kurzes Kreuzverhör

Dann versucht Wolfgang Grupp in die Analyse zu gehen: „Die CDU hat massiv bei Stimmen verloren bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen, weil sie ihre Werte verlassen hat. Jetzt hat sie die Chance nicht genutzt, zu diesen Werten zurückzukehren und damit Stimmen von der AfD zurückzuholen. Denn in die Asylpolitik wäre mit Friedrich Merz eine andere Richtung reinkommen. Dass die, die kein Asylrecht haben, schärfer angegriffen werden. Weil unter den Asylsuchenden auch Scharlatane ins Land gekommen sind. Wir brauchen Flüchtlinge, aber die müssen in Ordnung sein. Wer das Gastrecht missbraucht, kann nicht länger bleiben.“

Markus Lanz fragt nach, das entwickelt sich schnell zu einer Art Kreuzverhör: „Halten Sie Friedrich Merz für glaubwürdig?“

„Ja, klar. Angela Merkel hat viele gute Politiker auf ihrem Weg entsorgt.“

„War sie dann vielleicht einfach die bessere Politikerin? Sie, Herr Grupp, stehen für mich dafür, das meine ich als Kompliment, dass man tut, was man sagt und sagt, was man tut. Friedrich ist Merz ist damals unterlegen im Machtkampf und hat sich dann endgültig aus der Politik zurückgezogen. Und jetzt kommt er zurück und zeigt allen, wie es geht?“

„Friedrich Merz wurde von Angela Merkel damals geoutet und ins Abseits gedrängt. Sie wollte ihn nicht.“

„Aber ist es dann nicht aufrecht und gerade, wie bei Norbert Röttgen, der öffentlich wie gnadenlos rausgeschmissen wurde, sich dann trotzdem in den Dienst der Partei zu stellen?“

„Das ist eine Frage für Merz, ob er sich das bieten lässt. Jetzt wurde er gefragt, ob er sich mit seinen Stärken wieder einbringen kann. Und es ist doch interessant, dass sich Wolfgang Schäuble getraut hat, sich so für Friedrich Merz einzusetzen.“

„Fanden Sie das fair? Wenn der zweitwichtigste Mann im Staat, der Bundestagspräsident, sagt, ‚wählen Sie Merz?‘ Er hat nicht gesagt: ‚Merz ist gut für die Partei, sondern für das Land.‘“

„Ich fand es wichtig, weil dadurch die Chance für die Partei gewahrt blieb. Ich muss mich doch fragen, wenn ein solcher Politiker mit Einblick über seinen Schatten springt, dass er seine Gründe hat.“

„Hätten Sie es auch gut gefunden, wenn Wolfgang Schäuble sich für Kramp-Karrenbauer eingesetzt hätte?“

„Auch das hätte ich zur Kenntnis genommen.“

Wieso Merz verloren hat

Friedrich Merz hat nicht verloren, weil sein Mikrofon runtergeregelt war. Daran glaubt niemand in der Runde, vielmehr lag es an ihm selbst. Ole von Beust sagt, Merz habe schlicht in seiner internen Kampagne gezeigt, dass er zu lange raus sei, aus der Politik: „Merz hat einen Punkt in der Asylpolitik streitig gemacht, der vor acht Jahren entschieden war. Auch die Altersvorsorge über Aktien, prinzipiell ein guter Punkt, der nicht falsch ist. Aber er hat gesagt, fünf Euro am Tag kann sich jeder leisten. Das sind im Monat 150 Euro, das ist für viele Menschen verdammt viel Geld. Dann die Diskussion um sein Einkommen – soll er einfach sagen, wie viel er verdient und sagen, auf wie viel Geld er in Zukunft verzichtet. Das würde Respekt abnötigen. Aber durch sein Rumeiern merkte man, dass sein politischer Instinkt weg ist. Im ständigen politischen Wettkampf zu sein, gleichzeitig auf jede Formulierung zu achten, da braucht man Übung. Von einem Spitzenpolitiker erwarte ich, dass er auch unter Druck eine gute Rede hält. Das hat er nicht.“

Themenwechsel: Was ist eigentlich Speed-Bergsteigen?

Benedikt Böhm bei einer kleine Schwächephase, während er den höchsten Berg im Iran, den Mount Damavand besteigt. Foto: Screenshot / ZDF
Benedikt Böhm bei einer kleine Schwächephase, während er den höchsten Berg im Iran, den Mount Damavand besteigt. Foto: Screenshot / ZDF

Ganz einfach: Dass man möglichst schnell hoch- und wieder runterkommt. Benedikt Böhm, der manchmal zum Training auf die Zugspitze joggt und nach vier Stunden wieder unten ist, erklärt: „Meine Idee ist mittlerweile, das Skibergsteigen auf hohe Berge anzuwenden, um damit das Risiko in der Todeszone zu minimieren.“ Zur Erklärung: Skibergsteigen bedeutet, hochlaufen und runterfahren.

„Die Sportart war mal olympisch und ist wieder auf dem besten Weg, dahin zu kommen. Auf jeden Fall spanender als Curling.“

Lanz: „Ich habe gelernt, wenn du schnell sein willst, musst du ganz langsam machen.“

Böhm: „Die meisten wären enttäuscht, wenn sie mich als Speed-Bergsteiger sehen würden, wie langsam ich da laufe. Aber wir haben perfektioniert, nie stehen bleiben zu müssen. Essen, Trinken, die technischen Wechsel. Wir wollen in einem Flow-Zustand erreichen, mit minimalem Gepäck.“

Dann erzählt Böhm von seinem letzten Abenteuer: „Die Idee war, den höchsten Berg zu besteigen. Wir haben am Meer angefangen, um ein Uhr morgens. Mit Skiern auf dem Rücken, sind wir losgeradelt. Durch die Stadt, über die Autobahn, da sind wir ständig angehupt worden, durch Tunnel, die nicht belüftet sind. Dazu saß ich seit sechs Monaten das erste Mal auf dem Rad, das war nicht so klug. Bei 3.000 Meter dann der Wechsel von Rad auf Fuß. Nach 14 Stunden und 20 Minuten war ich am Gipfel auf 5.700 Höhenmeter. Dann ab auf die Skier, runterfahren. Zurück nach Teheran, in den Flieger, weil ich am nächsten Morgen einen Termin in München hatte.“

Lanz schüttelt nur den Kopf und man muss ihm beipflichten, wenn er sagt: „Es ist schon verrückt, wie du die Zeit verdichtest.“

Böhm: „Man hat nur ein Leben.“