"Tatort Bremen": Vampire im Blutrausch lassen einen frösteln

Die Komissare Lürsen und Stedefreund finden die Leiche eines totgebissenen Mädchens im Wald. Zunächst glauben sie an einen Tierangriff. Foto: Radio Bremen/Christine Schröder
Die Komissare Lürsen und Stedefreund finden die Leiche eines totgebissenen Mädchens im Wald. Zunächst glauben sie an einen Tierangriff. Foto: Radio Bremen/Christine Schröder

Es ist ein Tatort der besonderen Art, denn die Täterin steht ziemlich schnell fest. Nur ihre Motive sind unklar, ebenso wie ihre Identität. In einem eher experimentellen Setting hat Regisseur und Buchautor Philip Koch hier einen Bremer Krimi geschaffen, der “Blut” nicht nur als Titel trägt sondern es tatsächlich schafft, dass es einem zeitweise ein bisschen in den Adern friert.

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Der Wahnsinn ist es, der den Tatort so gruselig macht. Zumindest für die Zartbesaiteten unter uns. Wahnsinn taucht in einer irgendwie gearteten Form zwar häufig in Krimigeschichten auf, schließlich geht es um Mord und Totschlag, aber meist gründet sich der Wahnsinn auf – für den Zuschauer – nachvollziehbare, irdische Dinge. Eifersucht, Geldgier, Machtstreben, Hass. Nichts von alledem findet sich im Tatort “Blut” wieder.

Die Kommissare Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) und Inga Lürsen (Sabine Postel) werden zu einem Tatort mitten im Wald gerufen. Hier liegt eine junge Frau, totgebissen, vermutlich von einem Tier. Das Opfer Julia war kurz zuvor noch mit ihrer Freundin Anna (Lilly Menke) bei einer dritten Freundin zum Fernsehabend eingeladen gewesen, ein Horrorfilm, natürlich. Erst gegen halb vier Uhr morgens verlässt Julia mit Anna das Haus ihre Freundin und macht sich allein auf den Weg durch den dunklen Park nach Hause.

Da fragt man sich: Was soll das? Kaum eine Frau würde mitten in der Nacht durch einen Wald spazieren. Aber, zugegeben, gerade diese alltäglichen Situationen, die man tunlichst meidet, machen den Film so angsteinflößend. Als Julia ein Rascheln hört, ruft sie nicht ihre Freundin Anna an, so wie es jeder andere machen würde, sondern beginnt, ihr Nachrichten zu schicken.

Doch: die Nachrichten versiegen, ein Schrei ertönt, Anna rennt ihrer Freundin nach. Als sie diese findet, sieht sie eine Frau über ihr kniend, den Mund voller Blut, die Augen schwarz, die Haare blond und lang vor dem Gesicht hängend. Die Frau – wie sich später herausstellen wird, heißt sie Nora – hechtet Anna mit irrem Blick nach. Die flieht in die Kanalisation, wo sie bleibt, bis Nils Stedefreund sie dort am nächsten Abend via Handy-Ortung findet – lebend.

In der Zwischenzeit hat der Pathologe herausgefunden, dass Julia nicht von einem Tier totgebissen wurde, sondern von einem Menschen. Nur ein paar Minuten hat ihr Todeskampf gedauert, dann war sie verblutet, oder besser gesagt: leer getrunken. Stedefreund und Lürsen befragen die Freundin, die den Horrofilm-Abend veranstaltet hat. Sie sagt: “Julia war ein paar Mal spät abends joggen im Park, dort hat sie eine Frau kennengelernt und sie sind zusammen joggen gegangen.” Einmal habe die Freundin versucht, sie zu beißen.

Schnell verstehen die Kommissare, dass sie nach einem Menschen suchen, der sich selbst für einen Vampir hält. Da scheint es hilfreich, dass ein Germanistikprofessor sie aufsucht, der von dem Fall in der Zeitung gelesen hat und tatsächlich an die Existenz von Vampiren glaubt. Doch als Stedefreund dessen Buch liest, suchen ihn lediglich grausige Träume heim.

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Zeugin Anna verbringt ihre Zeit derweil unter Polizeischutz in der Klinik. Vor lauter Panik kann sie nicht sprechen und reißt aus als sie sieht, wie unfähig der Polizist vor der Tür mit seiner Waffe hantiert. Anna flieht nach Hause, doch dort wartet bereits Vampirin Nora (gespielt von Lilith Stangenberg) auf sie und beißt sie ebenfalls tot. Stedefreund findet Anna in einer riesigen Lache aus Blut, Nora kniet noch über ihr, das Gesicht blutverschmiert. Er setzt ihr nach und will sie stellen, doch wird am Ende selbst gebissen.

Vampirin Nora Harding lebt mit ihrem Vater Wolf zusammen. Die beiden führen ein verdunkeltes und abgeschiedenes Leben. Foto: Radio Bremen/Christine Schröder
Vampirin Nora Harding lebt mit ihrem Vater Wolf zusammen. Die beiden führen ein verdunkeltes und abgeschiedenes Leben. Foto: Radio Bremen/Christine Schröder

Und hier beginnt der zähe Teil des Abends. Denn Stedefreund liest in seinem Vampirbuch von der schmerzhaften Transformation von Mensch zu Vampir nach einem Biss und glaubt zunehmend daran, dass er nun auch einer wird. Er hat Fieberträume und bekommt Ausschlag, wird lichtempfindlich und hat Kopfschmerzen. Als er den Vampir-beflissenen Professor besucht, rät der ihm, der Täterin einen Holzpflock ins Herz zu rammen. Soso.

Lürsen sucht weiter nach der Vampirin und findet sie später im Haus ihres Vaters Wolf (Cornelius Obonya), der ebenfalls vor zwei Jahren mal “von einem Hund angegriffen wurde”. Diese Suche dauert aber so lange, dass jeglicher Gruselfaktor von vorher verloren geht und sich in Langeweile auflöst. Dazu noch die unsinnige Angst ihres Polizistenkollegen, sich in eine mystische Sagengestalt zu verwandeln.

Schade eigentlich, gab es doch ein paar schöne Horror-Momente während des Films. Beispielsweise als Zeugin Anna sich während ihrer Zeit im Krankenhaus in einer Glasscheibe spiegelt und dahinter Vampirin Nora zu sehen glaubt, die sie verfolgt. Trotzdem ist der Tatort zumindest insofern gelungen, dass die erste Hälfte tatsächlich Emotionen in einem auslöst, die man sonst von dieser Krimireihe nicht gewohnt ist. Leider ließ sich das nicht über die vollen 90 Minuten halten.