The Social Pulse: Seltsame Familien-Ratschläge von russischem Minister

In vielen Ländern der Welt sind Frauen heute selbstbestimmter, fokussieren sich auf ihre Karriere und erst dann auf die eventuelle Familienplanung. So auch in Russland - aber einer Person ist das anscheinend ein Dorn im Auge.

Schwangerschaft
Karriere oder Familie? Ein russischer Minister hat da eine ganz klare Meinung. (Symbolbild: Getty)

Gesundheitsminister Mikhail Murashko ist nämlich der Meinung, dass es eine "bösartige Praxis" sei, dass sich immer mehr Frauen dafür entschieden arbeiten zu gehen, anstatt Kinder zu bekommen. Während einer Plenarsitzung kritisierte er, dass sich in der modernen Gesellschaft die Idee entwickelt habe, dass man zuerst eine Ausbildung abschließen und einen Job annehmen sollte, um eine finanzielle Grundlage zu schaffen, bevor man eine Familie startet.

"Daraus resultieren viele Probleme: Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, künstliche Befruchtung. Weniger Zeit für die Geburt des dritten oder vierten Kindes", so Murashko weiter - Behauptungen übrigens, für die er keinerlei wissenschaftliche Grundlage nennt. Er fordert nun, dass Maßnahmen ergriffen werden müssten, um die Situation zu ändern.

Der russische Gesundheitsminister Mikhail Murashko (Bild: REUTERS/Evgenia Novozhenina)
Der russische Gesundheitsminister Mikhail Murashko (Bild: REUTERS/Evgenia Novozhenina)

Unter anderem will er dafür bis Ende des Jahres die Verbreitung von Abtreibungspillen in Apotheken einschränken oder auch schon in der Schule damit beginnen Mädchen darüber aufzuklären, dass Kinderkriegen wichtiger sei als Karriere zu machen.

"Mutter Russland ist auf Sie angewiesen"

Im Netz wurde auf die Rede des russischen Ministers mit viel Häme und Kritik reagiert. So gab es beispielsweise Karikaturen, die deutlich machten, was viele hinter seinen Aussagen vermuteten: Russland braucht verzweifelt neue Bürger*innen, da gerade im Ukraine-Krieg zahlreiche Soldaten sterben - und Nachschub für die Front benötigt wird.

Andere User*innen ziehen Parallelen zu der Geschichte, beispielsweise zum dritten Reich, in dem Mütter eine wichtige Rolle spielten und unter anderem eine hohe Zahl an Kindern sogar mit offiziellen Auszeichnungen belohnt wurden. So schreibt ein User: "Die Anweisungen aus Hitlers 'Mein Kampf' scheinen jetzt die Pflicht-Lektüre für ruzz. Dumaabgeordnete zu sein. Nazis haben weltweit dieselben Rezepte."

Die Ukrainerin Natalka fasst es in ihrem Tweet treffend, wenn auch zynisch, zusammen: "'Gebären Sie, sobald es physiologisch möglich ist! Stellen Sie sicher, dass Sie genügend Zeit für die Geburt von mindestens 4 Kindern haben. Mutter Russland ist auf Sie angewiesen, gebärende russische Staatsbürgerin!' sagt der Gesundheitsminister der Russischen Föderation Michail Muraschko. Nun ja... Nicht ganz in diesem Sinne, aber das ist die Botschaft."

Durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg gibt es in Russland einen großen Bevölkerungsschwund. "In den vergangenen drei Jahren ist Russlands Bevölkerung Berichten zufolge [...] um bis zu zwei Millionen Menschen mehr geschrumpft als erwartet", hieß es vom Verteidigungsministerium in London. Allein 2022 hätten bis zu 1,3 Millionen Menschen das Land verlassen. "Mobilmachung, eine historische hohe Auswanderung sowie eine alternde und sinkende Bevölkerung begrenzen das Angebot an Arbeitskräften", hieß es weiter.

Niedrige Geburtenrate ein Russland

Aus diesem Grund ermutigt die Regierung die Bevölkerung aktiv dazu auf, mehr Kinder zu bekommen und hat in den letzten Monaten vermehrt das Thema Abtreibung negativ in den Fokus gestellt. Dennoch ist aktuell die Geburtenrate im Land niedriger als die Sterberate - und es bleibt abzuwarten, ob Maßnahmen, wie die, die Mikhail Murashko fordert, daran etwas ändern werden.

(mit dpa)