Tipps für den Kauf eines Youngtimers der Oberklasse

Einen 15 Jahre alten VW Phaeton findet man schon für einen geringen Preis. Foto: Ralf Hirschberger
Einen 15 Jahre alten VW Phaeton findet man schon für einen geringen Preis. Foto: Ralf Hirschberger

Youngtimer der Oberklasse versprechen für ein paar tausend Euro ein legendäres Fahrgefühl. Doch der Umgang mit den noch nicht ganz so alten Wagen ist nicht immer einfach. Kann die Rechnung mit dem kleinen Preis für den großen Luxus also aufgehen?

Berlin (dpa/tmn) - Ein 600er S-Klasse-Mercedes, Baujahr 2001, für 6500 Euro. Ein VW Phaeton mit Zehn-Zylinder-Diesel, Baujahr 2003, für 5999 Euro. Oder ein eleganter Jaguar XJ 4.0, Baujahr 2000, für 5999 Euro. Allesamt Luxus-Mobile und mit frischem TÜV, die auf «mobile.de» zum Discountpreis angeboten werden.

Ist das die Chance für den sogenannten kleinen Mann, wie die Großen und Reichen zu fahren?

«Ein Youngtimer der Luxusklasse bietet tatsächlich die Möglichkeit, ein Auto, das früher für einen immensen Preis verkauft wurde, für relativ kleines Geld zu bekommen», sagt Renate Freiling von «Auto Classic». Sie sieht neben dem Kaufpreis weiteres Spar-Potenzial: «Ist das Fahrzeug älter als 20, aber noch keine 30 Jahre alt, bekommt es zwar noch kein H-Kennzeichen, kann aber wie ein Oldtimer und damit zu einem günstigen Tarif versichert werden».

Allerdings: «Jeder Gebrauchtwagenkauf birgt ein gewisses Risiko», sagt Norbert Schröder vom Tüv Rheinland. Ein Youngtimer könne zwar Luxus für wenig Geld bieten, er denke da zum Beispiel an einen Lexus. «Wenn aber an diesen Autos etwas ersetzt werden muss, wird es teuer.»

Gut beraten in Clubs und auf Messen

Gert Schleichert vom Auto Club Europa (ACE) sieht potenzielle Youngtimer-Käufer dennoch in einer guten Position: «Interessenten werden heute in keiner Weise allein gelassen, im Internet finden sich unzählige typen- und regional gebundene Clubs». Und auch auf Klassik-Messen oder bei großen Händlern finde man Ansprechpartner.

Auch Freiling hält gerade die Clubs für eine gute Informationsquelle: «Bei ADAC Klassik kann man sich über diese Clubs informieren, und auch die GTÜ führt eine Datenbank, in der Clubs, Marken und Modelle sowie aktuelle Marktpreise verzeichnet sind.» Zudem erfasse Classic Data, ein Sachverständigenverband von Oldtimer-Experten, die aktuellen Marktpreise gängiger Klassiker.

Zeit nehmen und vergleichen

Ist die Entscheidung für ein Modell gefallen, sollte man es erst einmal langsam angehen lassen. Schleicherts Rat: «Abwägen, nachfragen, vergleichen». Er wisse, dass das Youngtimer-Thema ein emotionales sei. Umso mehr aber solle man Gelassenheit an den Tag legen. «Machen Sie aus der Suche nach dem richtigen Fahrzeug ein Event, ganz nach dem Motto: Vorfreude ist die schönste Freude.»

Wie aber findet man das richtige Exemplar in dem breiten Angebot? Es gebe deutliche Indizien, ob ein Fahrzeug in Frage kommt oder ob man besser die Finger davon lässt, sagt Schleichert. Wichtig seien Unterlagen zum Fahrzeug wie Rechnungen über Reparaturen, Serviceheft, regelmäßige TÜV-Berichte oder sogar ein aktuelles Gutachten.

In Begleitung zur Besichtigung

Alle drei Experten legen zudem nahe, das Auto in einer Werkstatt vorzuführen oder selbst ein Gutachten erstellen zu lassen. Vor allem aber solle man nicht allein zum Besichtigen gehen. «Ich kenne das von mir selbst: Wenn man vor dem Objekt seiner Begierde steht, das vielleicht sogar noch die Wunschfarbe aufweist, dann kann schon mal der Verstand aussetzen», scherzt Schröder. «Deshalb nehme ich immer jemanden mit, der objektiv ist, wenn ich mich privat für ein Auto interessiere.»

Grundsätzlich abraten von einem Modell möchte keiner der Experten. Aber es gebe Einschränkungen. «Jemandem der typenoffen sucht, würde ich sicher keinen Jaguar XJ12 empfehlen», sagt Schleichert. «Wenn ich mich aber in eine solche Katze verliebt habe, muss ich mir über die Konsequenzen klar sein.» Im Service-Fall komme dann nur eine Vertragswerkstatt oder eine Werkstatt aus dem Kenntnisbereich in Frage. «Das bedeutet hohe Inspektions- oder Wartungskosten.»

Verschleiß der Achsen bedenken

Bei Youngtimern der Luxus-Klasse im Alter von 15 bis 20 Jahren sollten Käufer außerdem auf einen nicht sehr bekannten Sachverhalt achten. «In dieser Fahrzeug-Generation wurden Achsteile aus Gründen der Gewichtsersparnis nicht mehr aus Stahlblech, sondern aus Aluminium gefertigt», sagt Schröder. «Das bedeutet, dass alle 70.000 bis 80.000 Kilometer neue Lager für die Traggelenke fällig sind.» Das sei ein Problem, das man früher nicht gekannt habe. «Jeder weiß, dass Bremsen und Stoßdämpfer typische Verschleißteile sind. Dass auch Achsen verschleißen, ist vielen aber unbekannt», so der Experte des TÜV.

Das stärkste Modell einer Baureihe muss auch nicht immer das Beste sein. «Beispiel VW Phaeton: Ich sollte mich fragen, ob ich wirklich den 10-Zylinder-Diesel mit Luftfederung brauche», sagt Schleichert. Dabei solle man nicht nur die aktuelle Dieseldiskussion im Hinterkopf haben. Deshalb sein Tipp: «Beim Luxus-Youngtimer lieber etwas tiefer stapeln».