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Totale Sonnenfinsternis begeistert Amerika

Totale Sonnenfinsternis im US-Bundesstaat Oregon. Foto: Brian Davies
Totale Sonnenfinsternis im US-Bundesstaat Oregon. Foto: Brian Davies

Für eine kurze Zeit ging am Montag in einem schmalen Streifen quer durch die USA das Sonnenlicht aus. Friedlich und begeistert haben die Amerikaner ihre mit Spannung erwartete «Great Eclipse» miteinander gefeiert.

Washington (dpa) - Der Himmel ist samten wie eine Vollmondnacht mit einem Streifen Blau am Horizont. Vögel verstummen, Grillen zirpen. Und dann ist nur noch der leuchtende Strahlenkranz der verdunkelten Sonne zu sehen.

Menschen brechen in Jubel aus, lachen, weinen. Die totale Sonnenfinsternis in Teilen der USA hat am Montag die Herzen von Millionen Betrachtern weltweit berührt. «Für ein paar Minuten war Amerika fähig, nach oben zu schauen - und zu vergessen», schrieb die «Washington Post».

Um 9.16 Ortszeit (19.16 Uhr deutscher Zeit) erreichte die vom Pazifik kommende totale Finsternis das US-Festland in Lincoln Beach an der Westküste. Vom Bundesstaat Oregon aus zog sie dann etwa 90 Minuten lang in einem rund 100 Kilometer breiten Streifen über den Kontinent, um sich in South Carolina in den Atlantik zu verabschieden. Jeweils etwa zwei Minuten lang knipste sie in dieser Kernzone sukzessive das Tageslicht aus und ließ die Temperaturen um bis zu fünf Grad Celsius sinken.

Bei einer totalen Sonnenfinsternis schiebt sich der Mond zwischen Erde und Sonne und verdeckt diese komplett. In anderen Teilen der USA, Nord- und Mittelamerikas sowie in Teilen Westeuropas war die Finsternis nur partiell: Der Mond verdeckte nur Teile der Sonne.

Millionen Menschen wollten die von Küste zu Küste reichende totale Finsternis sehen - es war die erste in den USA seit 99 Jahren. Teils reisten sie schon Tage zuvor in die Kernzone. Obwohl der befürchtete Riesen-Verkehrskollaps ausblieb, erlebten viele von ihnen das Spektakel von der Autobahn aus, weil sie im dichten Verkehr feststeckten. Andere feierten das Ereignis entspannt auf «Total Eclipse»-Festivals, in Naturparks oder auf Campingplätzen.

Selbst im Mittleren Westen und an der Ostküste, wo die Wolken meist dichter waren, erhaschten viele einen Blick auf die verdeckte Sonne, weil die Wolkendecke im letzten Moment kurz aufriss.

«Das Licht war so eigenartig, wie es noch niemand von uns zuvor erlebt hatte. Die Moskitos summten, die Hunde blieben eng bei uns», berichtet Lacy Krahenbuhl aus Bend, Oregon. Joel Pollack twitterte aus Newport: «Die Korona war spektakulär. Wir haben geweint.» Viele beschrieben das Erlebnis als kraftvoll und emotional und überfluteten die sozialen Netzwerke mit Fotos.

«Grandios war das», bekundet auch der Fotograf Stefan Seip aus Stuttgart, der mit einer 22-köpfigen Reisegruppe eigens nach Prineville (Oregon) gepilgert war.

Astronauten fotografierten das Spektakel von der internationalen Raumstation ISS aus. US-Präsident Donald Trump verfolgte es auf dem Balkon des Weißen Hauses. Allerdings kam er nicht in den Genuss der totalen Finsternis. In der US-Hauptstadt Washington war die Sonne nur zu 81 Prozent vom Mond verdeckt. Dabei trugen Trump und seine Ehefrau Melania, wie viele andere Schaulustige auch, Schutzbrillen.

Auch Zootiere reagierten auf die Sonnenfinsternis: «Unsere Nilpferde sind sich unsicher, wie spät es ist», twitterte der Zoo Memphis (Tennessee) zum ungewöhnlichen Spielverhalten der Dickhäuter. Im Zoo Indianapolis machte sich der Orang Utan Basan am hellen Tag nachtfertig. «Basan holt die Laken für sein Nest heraus», hieß es dort.

Für manche hatte die «Great American Eclipse» zudem eine politische Bedeutung - für die Rolle der Wissenschaft. Der US-Star-Astronom Neil deGrasse Tyson fasste dies auf Twitter in Worte: «Die geteilten Vereinigten Staaten von Amerika werden sich heute vereinen, indem sie ein kosmisches Ereignis teilen, das von wissenschaftlichen Methoden und Werkzeugen vorhergesagt wurde.»

Auch in Teilen Westeuropas konnten die Menschen zumindest theoretisch sehen, wie sich der Mond minimal vor die Sonne schob. Im äußersten Nordwesten Deutschlands, im Bereich der Ostfriesischen Inseln Borkum, Juist und Norderney, war bei leichter Bewölkung lediglich ein winziger Teil der Sonnenscheibe verdeckt, während diese unterging. Mit bloßem Auge sei das nicht zu sehen, sagte Martin Jonas vom Deutschen Wetterdienst.

In Deutschland war eine totale Sonnenfinsternis zuletzt am 11. August 1999 im Süden zu sehen. Die nächste in unseren Breiten erwarten die Astronomen erst am 3. September 2081. Weltweit gesehen ist die nächste totale Finsternis am 2. Juli 2019 im Pazifik-Raum und in einigen Städten Chiles und Argentiniens zu erkennen.