Trump-Diskussion bei Lanz: Vom Heiland zum Satan

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Amerika hat gewählt – und die Welt steht Kopf. Die Zeitungen überschlagen sich mit apokalyptischen Titeln, die Talkshows sind voll mit USA-Verstehern und Welterklärern. Schon in der legendären Wahlnacht, als zumindest in Deutschland die Mehrheit noch mit einem Sieg für Hillary Clinton rechnete, widmete sich Markus Lanz ganz dem Thema. Nun steht der nächste Präsident fest – und Lanz debattiert „an diesem denkwürdigen Tag“, was ein Trump für die Welt zu bedeuten hat.

Zu Gast sind der Journalist Dieter Kronzucker, einst Korrespondent in Washington, Ralph Freund, Vizepräsident der Republicans Overseas, Journalist Dieter Wonka, Kabarettist Dieter Nuhr – und einmal mehr eine einzige Quotenfrau: Journalistin Sylke Tempel.

Warum nach dieser Wahl plötzlich alle so überrascht über das Ergebnis sind, kann Tempel nicht verstehen – angesichts der Umfragen, die immer knapp ausfielen „und soweit wir uns überhaupt darauf verlassen können.“ Schließlich brachen Trumps Beliebtheitswerte nicht ein, egal, ob er über Veteranen, Helden oder Frauen herzog: „Er hat gepunktet mit Vulgarität, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus – alles, was für jeden anderen Kandidaten Gift gewesen wäre, hat für Trump funktioniert.“

In all den Wahlkämpfen, die Dieter Kronzucker erlebt hat, habe noch nie ein Kandidat so sehr auf Wut, Hass und Neid herumgetrampelt und Menschen gegeneinander aufgehetzt. Für ihn folgt nach dem zum „Märchenprinz“ stilisierten Obama mit Trump nun der raubeinige Gegenentwurf.

Trump ist der richtige Präsident - das glaubt nur einer

Dieter Nuhr greift zu noch drastischeren Bildern: Obama galt als der Heiland, jetzt folgt der Satan, so zumindest das Bild in den Medien. Immer wieder werde stark vereinfacht, die Welt in Gut und Böse unterteilt – und alle fallen darauf rein. Nuhr schlägt den Bogen zu Europa: Ein Trump versucht, Amerika wieder groß zu machen, andere wollen, dass Deutschland wieder “deutsch”, Frankreich wieder “französisch” werde: „Leute laufen den Politikern hinterher, die die Nationen wieder aufeinander hetzen wollen.“ Dass dieses „Narrativ aus der Mottenkiste“ geholt werde nach 70 Jahren Frieden in Europa, das dürfte nicht nur Kabarettist Nuhr mit großer Sorge erfüllen.

Weil vielen ein Präsident Trump derart unrealistisch und weltfremd schien, wurde er lange nicht ernst genommen, glaubt Dieter Wonka: Statt die Lage zu analysieren, die Gründe für ein Erstarken eines solchen Kandidaten zu erklären, haben sich vor allem auch deutsche Medien nur „lustig gemacht“. Ein großer Fehler, wie sich spätestens jetzt zeigt. Wonka hat die Hoffnung, dass diese Wahl nun zumindest etwas Positives nach sich zieht: „Klartext-Politik in Deutschland“ als Antwort auf Trump. Wonka erwartet sich „unterschiedliche Konzepte“ als Angebot der Politik. Denn wenn es eine Lehre aus dem Wahlergebnis gibt, dann sei das für ihn die Ansage, dass sich Wähler nicht mit „Konsens-Soße" abspeisen lassen. “So einfach ist die Welt nicht.”.

Nur einer in der Runde freut sich nach der Wahl: Trump ist der richtige, weil absolut unabhängige Präsident, sagt Ralph Freund, glühender Anhänger der Republikaner. Was zu beweisen wäre. Es wäre schön, wenn Freund recht behält. Noch mögen viele daran nicht glauben.

Foto: ZDF/Screenshot

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