Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Dieser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages nachlesen.

  • Selenskyj fordert mehr Hilfe nach Dammexplosion

  • Selenskyj besucht Flutgebiet in Südukraine

  • Zerstörter Kachowka-Staudamm: Wasser flutet weiter das Gebiet Cherson

  • Am Atomkraftwerk Saporischschja wird Kühlwasser aus Stausee gepumpt

  • THW schickt Hilfsgüter in ukrainische Flutregion

  • Selenskyj bestreitet Sabotage der Nord-Stream-Pipelines

  • Ukrainisches Militär berichtet über weitere Angriffe bei Bachmut

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Selenskyj besucht Katastrophengebiet +++

Wenige Tage nach der folgenschweren Zerstörung des Kachowka-Staudamms im ukrainischen Kriegsgebiet ist Präsident Wolodymyr Selenskyj in die Hochwasserregion gereist. In der südlichen Region Cherson machte er sich am Donnerstag ein Bild von der laufenden Massenevakuierung und traf Anwohner, Rettungskräfte und Soldaten. Nach russischen Behördenangaben soll es mehrere Tote und Dutzende Verletzte geben. Das Überschwemmungsgebiet ist laut ukrainischer Darstellung schon jetzt 600 Quadratkilometer groß - und aus dem Stausee hinter dem zertrümmerten Damm ergießen sich weiter ungehindert riesige Wassermassen über das Land. Selenskyj veröffentlichte über seinen offiziellen Telegram-Kanal ein Video, das Häuser zeigt, von denen nur noch die Dachspitze aus den meterhohen Fluten ragt.

Nach dem Einsturz des Kachowka-Staudamms stehen die Häuser im überfluteten Dorf Dnipryany unter Wasser. (Foto: dpa)
Nach dem Einsturz des Kachowka-Staudamms stehen die Häuser im überfluteten Dorf Dnipryany unter Wasser. (Foto: dpa)

Die Ukrainer warnen seit Tagen vor hohen Opferzahlen auf der besetzten Südseite des Flusses Dnipro, der in dieser Gegend etwa die Frontlinie darstellt. Sie halten den Russen vor, sich nicht ausreichend um die Evakuierung der Zivilisten zu kümmern und ukrainische Rettungsversuche zu torpedieren. Den Vereinten Nationen und dem Roten Kreuz warf Selenskyj vor, nicht schnell genug Hilfe im Katastrophengebiet zu leisten.

+++ Selenskyj fordert mehr Hilfe nach Dammexplosion +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die internationalen Hilfsorganisationen wegen ihrer angeblichen Passivität nach der durch eine Staudammexplosion hervorgerufenen Flutkatastrophe kritisiert. «Jeder tote Mensch ist ein Urteil für die bestehende internationale Architektur, für internationale Organisationen, die vergessen haben, wie man Leben rettet», sagte er am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache. Er machte keine Angaben, wie viele Ukrainer durch das Hochwasser ums Leben kamen.

Wolodymyr Selenskyj (Symbolbild: dpa)
Wolodymyr Selenskyj (Symbolbild: dpa)

Stattdessen sprach er von 2000 Menschen, die im ukrainischen Teil des vom Hochwasser besonders betroffenen Gebiets Cherson gerettet worden seien. Schwer sei die Lage allerdings im russisch besetzten Teil des Gebiets. Selenskyj warf den russischen Truppen vor, die Menschen dort im Stich zu lassen - und ukrainische Rettungsversuche zu torpedieren. In dem Zusammenhang kritisierte er internationale Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz, das seiner Ansicht nach in dieser Region aktiver sein müsste.

Die Kritik hatte der ukrainische Präsident zuvor schon im Interview von «Welt», «Bild» und «Politico» in Kiew geäußert. Den russischen Truppen auf dem von ihnen eroberten Südufer des Dnipro-Stroms machte er schwere Vorwürfe: «Wenn unsere Kräfte versuchen, die Menschen rauszuholen, dann werden sie von den Besatzern aus der Entfernung beschossen.» Er bedankte sich aber für bilaterale Hilfszusagen aus dem Ausland. Er habe mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan telefoniert und konkrete Hilfsangebote besprochen.

+++ Wasser flutet weiter das Gebiet Cherson +++

Nach der Zerstörung des Kachowka-Damms im Kriegsgebiet Cherson im Süden der Ukraine fließen weiter Wassermassen aus dem Stausee ab. Der Wasserstand in dem See sei binnen 24 Stunden um einen Meter gesunken und liege mit Stand Donnerstagmorgen (7.00 Uhr MESZ) bei 13,05 Meter, teilte der staatliche Wasserkraftwerksbetreiber Ukrhydroenergo in Kiew mit. Das Mauerwerk nehme derweil immer größeren Schaden. Durch den zertrümmerten Staudamm fließt das Wasser im Moment ungehindert ab.

Der Kachowka-Staudamm (Bild: Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa)
Der Kachowka-Staudamm (Bild: Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa)

Gemeinsam mit dem staatlichen Energieversorger Ukrenerho würden nun Maßnahmen ausgelotet, um die negativen Folgen durch die Schäden am Kachowka-Wasserkraftwerk zu mindern, teilte der Konzern weiter mit. So solle etwa die Arbeitsweise anderer Wasserkraftwerke und Staudämme oberhalb der zerstörten Anlage auf dem Fluss Dnipro geändert werden, um mehr Wasser vor der Station Kachowka zu stauen und den Druck und die Überschwemmungen im Süden des Landes zu reduzieren.

+++ Am Atomkraftwerk Saporischschja wird Kühlwasser aus Stausee gepumpt +++

Am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja wird mit Hochdruck am Auffüllen der Kühlwasserreserven gearbeitet. Das sei nötig, falls infolge der Zerstörung des Kachowka-Staudamms und des Ablaufens riesiger Wassermengen bald kein Wasser mehr aus dem dahinter liegenden Reservoir gepumpt werden könne, teilte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, am Mittwochabend mit. Das von Russland besetzte Kraftwerk liegt am nördlichen Ende des Stausees.

Das Kernkraftwerk Saporischschja (Bild: Olexander Prokopenko/AP/dpa)
Das Kernkraftwerk Saporischschja (Bild: Olexander Prokopenko/AP/dpa)

Das Absenken des Pegelstands hatte sich nach seinen Angaben am Mittwoch leicht verlangsamt. Wenn der Pegel unter 12,7 Meter sinke, könne kein Wasser mehr auf das Gelände des Kraftwerks gepumpt werden. Grossi schloss nicht aus, das der Pegel innerhalb von wenigen Tagen unter diese Marke sinken könnte. Deshalb werde, so lange es noch möglich sei, kontinuierlich Wasser aus dem Stausee in Auffangbecken auf den Gelände gepumpt. Wenn diese Becken voll seien, reiche das Wasser zur Kühlung der sechs Reaktoren für mehrere Monate. Zwar seien die Reaktoren abgeschaltet, aber sie brauchten trotzdem Kühlwasser.

+++ London: Heftige Kämpfe an verschiedenen Frontabschnitten in Ukraine +++

In der Ukraine wird nach Angaben britischer Geheimdienstexperten weiterhin an mehreren Frontabschnitten heftig gekämpft. Die Ukrainer behielten dabei in den meisten Gebieten die Initiative, hieß es am Donnerstag im täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London. Die russischen Truppen seien wahrscheinlich angewiesen, so bald wie möglich zum Angriff überzugehen. So hätten tschetschenische Einheiten einen erfolglosen Versuch gemacht, den Ort Marjiwka nahe der Stadt Donezk einzunehmen.

+++ Erdogan schlägt nach Staudamm-Zerstörung Untersuchungskommission vor +++

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schlug eine Untersuchungskommission zur Dammexplosion vor. Erdogan habe dies am Mittwoch in separaten Telefonaten mit Kremlchef Wladimir Putin und Selenskyj angesprochen, teilte das Präsidialamt in Ankara mit.

Recep Tayyip Erdogan (Bild: dpa)
Recep Tayyip Erdogan (Bild: dpa)

Putin meldete sich nach der Explosion erstmals zu Wort. Er beschuldigte die ukrainische Führung, hinter der Staudammexplosion zu stecken. Dies sei ein Beispiel dafür, dass Kiew und die Hintermänner im Westen auf eine «weitere Eskalation der Kampfhandlungen setzen, Kriegsverbrechen begehen, offen terroristische Methoden anwenden und Sabotageakte auf russischem Gebiet organisieren», hieß es in der Pressemitteilung des Kremls.

+++ Frankreich verurteilt Angriff auf Staudamm +++

Macron verurteilte den Angriff auf den Damm und sicherte der Ukraine schnelle Hilfe zu. «Wir werden in den allernächsten Stunden Hilfe schicken, um den unmittelbaren Bedarf zu decken», sagte Macron am Mittwochabend nach dem Telefonat mit Selenskyj. Wie der Élyséepalast mitteilte, werde das Krisen- und Unterstützungszentrum des Außenministeriums schnell einen ersten Konvoi mit etwa zehn Tonnen der von den Ukrainern angeforderten Produkte im Bereich Gesundheit, Hygiene, Wasseraufbereitung und tragbare Tanks auf den Weg bringen.

+++ THW schickt Hilfsgüter in ukrainische Flutregion +++

Das Technische Hilfswerk (THW) schickte schon acht Laster mit Hilfsgütern in Richtung Ukraine. Sie würden dort am Freitag oder Samstag erwartet, sagte THW-Präsident Gerd Friedsam am Mittwoch in den ARD-«Tagesthemen».

Rettungskräfte evakuieren eine Frau aus einem überfluteten Viertel in Cherson. (Foto: dpa)
Rettungskräfte evakuieren eine Frau aus einem überfluteten Viertel in Cherson. (Foto: dpa)

Zunächst würden Trinkwasserfilter und Stromgeneratoren geliefert. «Und wir ergänzen das jetzt nochmal mit Unterkunftsmaterial, wie Zelten, Decken, Feldbetten.» Die Hilfe richte sich nach den Anforderungen der ukrainischen Katastrophenschutzbehörden.

+++ Moskau droht mit Aus für Getreidedeal nach Pipeline-Explosion +++

Russland warf der Ukraine einen Anschlag auf eine Ammoniakleitung vor und drohte deswegen mit dem Ende des Getreidedeals. «Am 5. Juni um 21 Uhr hat in der Ortschaft Masjutiwka im Gebiet Charkiw ein ukrainischer Aufklärungs- und Sabotagetrupp die Ammoniak-Pipeline "Togliatti - Odessa" gesprengt», sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Mittwoch. Das russische Außenministerium bezeichnete die Sprengung als «Schlag gegen den Getreidedeal». International gibt es Sorgen, dass mit dem Scheitern des Abkommens die Lebensmittelpreise steigen.