Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

In unserem Nachrichtenticker können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Russen haben nördlich und westlich von Donezk Erfolg

  • Stoltenberg warnt vor Atomunfall im Kraftwerk Saporischschja

  • Dänemark drängt auf Einschränkung von Touristenvisa für Russen

  • Nawalny-Vertrauter warnt vor «Visa-Krieg gegen Russen»

  • Russlands Geheimdienst meldet Festnahmen nach Explosionen auf Krim

  • Uniper schreibt täglich 60 Millionen Euro Verlust wegen Ersatz-Gas

  • Verfassungsschutz erwartet mehr russische Propaganda und Spionage

  • Kremlgegner Nawalny fordert härtere Sanktionen gegen Oligarchen

+++ Russen haben nördlich und westlich von Donezk Erfolg +++

Im Ukraine-Krieg haben die russischen Truppen im ostukrainischen Gebiet Donezk kleinere Geländegewinne gemacht. Dem Bericht des ukrainischen Generalstabs vom Mittwoch zufolge verzeichneten die Russen Erfolge bei Opytne im Norden von Donezk und bei Nowomychajliwka im Südwesten.

An anderen Abschnitten wiederum seien russische Angriffe abgewehrt worden. Genannt wurden Ortschaften nördlich von Slowjansk und im Osten und Süden der Städte Soledar und Bachmut. Auch südwestlich von Wuhledar seien russische Attacken zurückgeschlagen worden. In den Gebieten Charkiw und Cherson seien Vorstöße der Russen ebenfalls gescheitert.

Entlang der gesamten Frontlinie wurden demnach bei mehreren Dutzend Ortschaften ukrainische Positionen mit Artillerie beschossen. Knapp ein Dutzend russische Luftangriffe habe es gegeben. Der Oberkommandierende der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, hatte am Vortag eine Zahl von 40 000 bis 60 000 Geschossen genannt, die täglich auf ukrainische Stellungen niedergehen würden. Diese Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.

+++ Stoltenberg warnt vor Atomunfall im Kraftwerk Saporischschja +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat angesichts der russischen Besetzung des Atomkraftwerks Saporischschja vor einem Atomunfall gewarnt und Moskau dazu aufgefordert, einer Inspektion durch die Internationale Atomenergiebehörde zuzustimmen. Die Inbesitznahme des ukrainischen Kraftwerks durch die russischen Streitkräfte sei eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit der Anlage, sagte Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel.

Sie erhöhe das Risiko eines nuklearen Unfalls oder Zwischenfalls und gefährde die Bevölkerung der Ukraine, der Nachbarländer sowie der internationalen Gemeinschaft. «Es ist dringend erforderlich, die Inspektion durch die Internationale Atomenergiebehörde zu gewähren und den Abzug aller russischen Streitkräfte sicherzustellen.»

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. (Bild: Getty Images)
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. (Bild: Getty Images)

+++ Dänemark drängt auf Einschränkung von Touristenvisa für Russen +++

Dänemark drängt auf eine EU-weite Einigung zur Einschränkung von Touristenvisa für russische Staatsbürger. «Wenn es nicht mit einer gemeinsamen Lösung klappt, werden wir von dänischer Seite die Möglichkeiten ausloten, Einschränkungen einzuführen, um die Zahl der russischen Touristenvisa zu reduzieren», sagte der dänische Außenminister Jeppe Kofod am Mittwoch der Nachrichtenagentur Ritzau. «Ich finde es zutiefst beschämend, dass russische Touristen in Südeuropa sonnenbaden und in Saus und Braus leben können, während ukrainische Städte bis zur Unkenntlichkeit zerbombt werden.»

Kofod sagte, er sei bereits mit anderen europäischen Kollegen über die Einschränkungen im Gespräch. «Ich will auf eine gemeinsame europäische Lösung drängen, wenn wir uns Ende des Monats treffen. Es hätte natürlich den bei Weitem größten Effekt, wenn es eine gemeinsame Front in Europa gäbe.»

Laut Ritzau wurden bis Ende Mai in diesem Jahr 141 Touristenvisa an russische Staatsbürger ausgestellt. Damit kommen im Vergleich zu anderen nordischen Ländern wie Finnland, das eine 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland teilt, relativ wenige russische Urlauber nach Dänemark. Finnland will die Zahl der Touristenvisa an Russen ab September sehr stark begrenzen. Auch Estland, Lettland und Tschechien schränken die Vergabe von Schengen-Visa bereits ein. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich vergangene Woche gegen ein Verbot ausgesprochen.

+++ Nawalny-Vertrauter warnt vor «Visa-Krieg gegen Russen» +++

Der prominente Kremlgegner Wladimir Milow hat angesichts der Debatte in der Europäischen Union über Einreisesperren für seine Landsleute vor einem «Visa-Krieg gegen Russen» gewarnt. Der Vertraute des inhaftierten Moskauer Oppositionspolitikers Alexej Nawalny sagte, dass einige europäische Politiker auf Russen «spucken», sie als «Müll» und «Schweinehunde» betrachten würden. Das schade den im Westen gepredigten demokratischen Werten und spiele Kremlchef Wladimir Putin in die Hände, sagte Milow in einem am Mittwoch im Nawalny-Telegram-Kanal verbreiteten Video.

Milow, der selbst im Exil im Ausland lebt, kritisierte ausdrücklich auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der gefordert hatte, Russen die Einreise in westliche Staaten zu verbieten. Auch wenn das Land gegen Putins Angriffskrieg kämpfe, habe keiner das Recht, alle Russen über eine Kamm zu scheren.

Milow betonte, dass das Team von Nawalny den Westen seit Jahren vor «Putins Mafia-Regime» warnt. Selenskyj habe selbst noch zu Beginn des Krieges gewürdigt, dass viele Russen sich gegen die Invasion stellten, und anerkannt, dass Proteste wegen drohender Strafen nicht leicht seien in Russland. Nun wolle er alle bestrafen.

«Die russische Jugend unterstützt diesen Krieg nicht», sagte Milow. Er sprach sich dafür aus, dass junge Russen etwa die Möglichkeit haben müssten, im Westen zu studieren, um in einer Zeit nach Putin ihrem Land zu nützen. Milow lobte ausdrücklich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der einen etwa von baltischen Staaten geforderten Visa-Bann nicht unterstützt. Scholz hatte gesagt, dass der Angriff auf die Ukraine «Putins Krieg» sei, nicht der des russischen Volkes.

+++ Russlands Geheimdienst meldet Festnahmen nach Explosionen auf Krim +++

Einen Tag nach den Explosionen auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat Moskau über die Festnahme von sechs Männern informiert. Alle Festgenommenen gehörten der islamistischen Vereinigung Hizb ut-Tahrir an, die in Russland als terroristische Organisation verboten ist, teilte der russische Inlandsgeheimdienst FSB am Mittwoch mit.

Ein direkter Zusammenhang zu den Detonationen auf der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Halbinsel wurde zwar nicht explizit genannt. Einige der Festnahmen sollen aber in der Stadt Dschankoj erfolgt sein, unweit derer am Vortag ein Munitionslager explodiert war. Moskau sprach bereits am Dienstag von einem «Sabotageakt». Kiew äußerte angesichts des seit knapp einem halben Jahr andauernden russischen Angriffskriegs Genugtuung über den Vorfall, übernahm aber keine Verantwortung. Es war bereits die zweite Explosion auf der Krim innerhalb von rund einer Woche.

Wer genau die nun festgenommenen Männer sind, gab der FSB nicht bekannt. Seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 wurden aber unter dem Vorwurf der Hizb-ut-Tahrir-Mitgliedschaft mehrfach ukrainische Krimtataren inhaftiert und verurteilt. Große Teile der muslimischen Minderheit, die zu Sowjetzeiten massiven staatlichen Repressionen ausgesetzt war, lehnen die jetzigen russischen Machthaber klar ab.

+++ Uniper schreibt täglich 60 Millionen Euro Verlust wegen Ersatz-Gas +++

Deutschlands größter Gasimporteur Uniper schreibt seit der Reduzierung der russischen Gasliefermengen Mitte Juni nach eigenen Angaben täglich im Schnitt über 60 Millionen Euro Verlust. Grund ist die Gas-Ersatzbeschaffung nach dem Ausfall eines Großteils der bisherigen russischen Lieferungen. Zeitweise lägen die täglichen Verluste sogar bei über 100 Millionen Euro, sagte Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach am Mittwoch in Düsseldorf bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. Vom 15. Juni bis Mittwoch hätten sich die Verluste auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro summiert.

Uniper beliefert als Importeur mehr als 100 Stadtwerke und Industriefirmen. Um seine Verträge zu erfüllen, muss das Unternehmen wegen der Drosselung der russischen Lieferungen deutlich teureres Gas auf dem Markt kaufen. Um den Konzern zu stützen, wurde ein milliardenschweres Rettungspaket geschnürt.

Vom 1. Oktober an können Uniper und andere von den Lieferausfällen betroffene Gasimporteure 90 Prozent ihrer Ersatzbeschaffungskosten bei ihren Kunden geltend machen. Über die sogenannte Gasumlage sollen diese Kosten auf alle Gasverbraucher - Haushalte wie Firmen - umgelegt werden. Bis Anfang April 2024 haben aktuell zwölf Gasimporteure 34 Milliarden Euro an erwarteten Kosten geltend gemacht. Davon entfielen über 50 Prozent auf Uniper, sagte Maubach. Die genaue Summe nannte er nicht.

Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach. (Bild: Reuters)
Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach. (Bild: Reuters)

+++ Verfassungsschutz erwartet mehr russische Propaganda und Spionage +++

Der Verfassungsschutz rechnet in den kommenden Monaten mit verstärkten russischen Propaganda- und Spionage-Aktivitäten. «Russland nutzt insbesondere Fragen der Energieversorgung Europas als hybriden Hebel», teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz am Mittwoch mit. Mit der gezielten Verbreitung von Falschinformationen, etwa zu Gasknappheit und Preissteigerungen, werde versucht, in Deutschland Angst vor einer möglicherweise existenzbedrohenden Energie- und Lebensmittelknappheit zu schüren.

«Russische Propaganda wird im extremistischen Milieu voraussichtlich noch zunehmen und Verschwörungsnarrative befeuern mit dem Ziel, einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben», heißt es in der Mitteilung weiter. Es sei zudem zu erwarten, dass der russische Staat «seine politischen und militärischen Aufklärungsversuche weiter verstärken und anpassen wird».

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Versorgungslage in Deutschland bergen nach Einschätzung des Inlandsgeheimdienstes grundsätzlich ein hohes Instrumentalisierungspotenzial für Extremisten. Es sei auch zu beobachten, dass sich verschiedene Akteure «zunehmend inhaltlich auf diesen Themenkomplex fokussieren» und diesen zur Mobilisierung nutzen wollten. Da dies sowohl Rechts- als auch Linksextremisten betreffe, sowie Verfassungsfeinde, die keiner der beiden Kategorien zuzurechnen sind, sei für die Beobachtung dieser Aktivitäten eine «Sonderauswertung» eingerichtet worden.

+++ Kremlgegner Nawalny fordert härtere Sanktionen gegen Oligarchen +++

Der Kremlgegner Alexej Nawalny hat den Westen aus der Haft heraus zu strengeren Sanktionen gegen russische Oligarchen aufgefordert. «Lassen Sie uns nicht vergessen: Sanktionen sind notwendig, um den Aggressor zur Beendigung des Krieges zu zwingen», heißt es auf seinem Twitter-Konto mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine. Der 46-Jährige verbüßt in einem Straflager eine mehrjährige Haftstrafe.

Nawalny kritisierte beispielsweise, dass zwar der Chef des Staatskonzerns Rosneft, Igor Setschin, auf einer Sanktionsliste der EU stehe, nicht aber der Chef des Energieriesen Gazprom, Alexej Miller. Auf einer Liste der Vereinigten Staaten wiederum fehle der Milliardär Roman Abramowitsch, der einstige Besitzer des englischen Fußballclubs FC Chelsea. Nawalny bemängelte, dass von den 200 Menschen, die das Magazin «Forbes» als reichste Russen listet, nur knapp ein Viertel auf westlichen Sanktionslisten stehe.

+++ Wieder russischer Artillerieangriff auf Charkiw +++

Die ostukrainische Großstadt Charkiw ist am Dienstagabend von zahlreichen russischen Geschossen getroffen worden. Dabei habe die russische Armee Mehrfachraketenwerfern eingesetzt, teilte Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram mit. Durch Einschläge neben einem Wohnhaus seien Wände durchschlagen und Fenster zerstört worden. Nach vorläufigen Angaben gebe es keine Opfer. «Vor uns liegt die Nacht, die schon gewohnte Zeit der Angriffe auf Charkiw. Seid vorsichtig!», mahnte Terechow die Einwohner der Stadt.

Russische Truppen waren kurz nach Kriegsbeginn Ende Februar in die zweitgrößte Stadt der Ukraine eingedrungen, wurden aber zurückgeschlagen. Danach drängte die ukrainische Armee die Russen weiter ab. Allerdings liegt die Stadt immer noch in Reichweite russischer Artillerie.

+++ Selenskyj ruft Ukrainer in besetzten Gebieten zu Vorsicht auf +++

Nach einer Reihe von schweren Explosionen in russischen Militäranlagen auf der Krim hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Ukrainer in besetzten Gebieten zu Vorsicht aufgerufen. «Bitte gehen Sie nicht in die Nähe der militärischen Einrichtungen der russischen Armee und all jener Orte, an denen sie Munition und Ausrüstung lagern, wo sie ihre Hauptquartiere unterhalten!», sagte Selenskyj am Dienstagabend in seiner Videoansprache.

Er richtete diesen Appell an «alle unsere Leute auf der Krim, in anderen Regionen im Süden der Ukraine, in den besetzten Gebieten des Donbass und in der Region Charkiw». Selenskyj reklamierte die Detonationen nicht als erfolgreiche Angriffe für die Ukraine. Die Auslöser seien «sehr verschieden», die Russen könnten auch selbst schuld sein. Trotzdem gelte: «Je weniger Möglichkeiten die Besatzer haben, Böses zu tun und Ukrainer zu töten, desto eher können wir diesen Krieg beenden, indem wir unser Land befreien.»

Die Warteschlange an der Brücke aufs russische Festland beweise, «dass die absolute Mehrheit der Bürger des Terrorstaates bereits versteht oder zumindest das Gefühl hat, dass die Krim kein Ort für sie ist», sagte Selenskyj.

+++ Ukrainischer Kommandeur: Täglich bis 60 000 Schüsse auf uns +++

Die russische Armee feuert nach Schätzungen des ukrainischen Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj täglich 40 000 bis 60 000 Schuss Munition auf Stellungen der ukrainischen Armee ab. Am schwersten sei die Lage derzeit bei Donezk, wo die ukrainischen Stellungen bei Awdijiwka, Pisky und Marjinka unter heftigem Feuer liegen, schrieb Saluschnyj am Dienstag auf Facebook. Dies habe er auch dem kanadischen Generalstabschef Wayne Donald Eyre in einem Telefonat berichtet.

Auch der ukrainische Generalstab sprach in seinem Lagebericht für Dienstagabend von heftigen Angriffen auf ukrainische Stellungen am Nordwestrand der Separatistenhochburg Donezk. Weiter nördlich im Donbass bei Bachmut und Soledar sei es gelungen, russische Sturmangriffe abzuwehren. Der Feind habe sich unter Verlusten zurückziehen müssen. Unabhängige Bestätigungen für die Militärangaben gab es nicht.

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