Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen.

  • Erdogan warnt vor «neuem Tschernobyl» in der Ukraine

  • Guterres: Getreide-Deal «nur der Anfang» diplomatischer Bemühungen

  • UN-Chef bekräftigt: Gelände um AKW muss entmilitarisiert werden

  • Krisendiplomatie in Lwiw - Erdogan und Selenskyj beginnen Gespräche

  • Russland lehnt Vorschläge zur Demilitarisierung der AKW-Zone ab

  • Selenskyj besucht Krankenhaus in Lwiw vor Treffen mit Erdogan

  • Dreiergipfel mit Ukraine, UN und Türkei

Die aktuellen Nachrichten im Live-Stream:

+++ Erdogan warnt vor «neuem Tschernobyl» in der Ukraine +++

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit Blick auf das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja vor einer Nuklearkatastrophe gewarnt. «Wir wollen kein neues Tschernobyl erleben», sagte Erdogan laut dem Präsidialpalast am Donnerstag in Lwiw im Westen der Ukraine. Dort hatten sich Erdogan, UN-Generalsekretär António Guterres und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen getroffen.

Der türkische Präsident Erdogan hat vor einer Nuklearkatastrophe gewarnt (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS ATTENTION EDITORS)
Der türkische Präsident Erdogan hat vor einer Nuklearkatastrophe gewarnt (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS ATTENTION EDITORS)

+++ Russland verlegt angeblich Kinschal-Raketen nach Kaliningrad +++

Als Drohgebärde gegen den Westen hat Russland nach eigenen Angaben Kampfflugzeuge mit den neuen Hyperschallraketen Kinschal (Dolch) in seine Ostsee-Exklave Kaliningrad verlegt. Drei Abfangjäger MiG-31 mit den Luft-Boden-Raketen seien als «zusätzliche Maßnahme zur strategischen Abschreckung» auf dem Luftwaffenstützpunkt Tschkalowsk stationiert worden. Das teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag mit. Kaliningrad liegt zwischen den EU-Ländern Polen und Litauen rund 500 Kilometer von Berlin, aber mehr als 1000 Kilometer von Moskau entfernt.

Die Marschflugkörper Kinschal fliegen nach russischen Angaben bis zu zehn Mal schneller als der Schall, sind dabei trotzdem lenkbar und haben eine Reichweite von 2000 Kilometern. Sie können konventionell oder nuklar bestückt werden. Es ist eins von mehreren hochmodernen Waffensystemen, auf das Präsident Wladimir Putin besonders stolz ist. Im März hatte Russland nach eigenen Angaben eine Kinschal-Rakete gegen ein militärisches Ziel in der Westukraine abgeschossen.

+++ Kiew warnt vor russischer Provokation im AKW Saporischschja +++

Nach Moskauer Warnungen vor einem angeblich geplanten ukrainischen Anschlag auf das Atomkraftwerk Saporischschja hat der Militärgeheimdienst der Ukraine seinerseits vor einem möglichen russischen Sabotageakt gewarnt. Die russischen Besatzer hätten unerwartet für Freitag einen arbeitsfreien Tag im größten Atomkraftwerk Europas verkündet. Das schrieb der Geheimdienst des ukrainischen Verteidigungsministeriums in Kiew am Donnerstag auf Facebook. Nur die Bedienungsmannschaft solle im AKW verbleiben, allen anderen sei der Zutritt untersagt worden.

Es sei zu befürchten, dass russische Kräfte nach ihrem Beschuss auf das AKW nun «den Einsatz erhöhen» und einen Terroranschlag begehen wollten, hieß es in der Mitteilung. Details wurden nicht genannt; überprüfbar waren die ukrainischen Angaben nicht.

Der ukrainische Militärgeheimdienst erwiderte damit spiegelbildlich eine russische Warnung von Donnerstag, wonach die ukrainische Seite für Freitag eine Provokation in dem AKW plane. Über die gespannte Lage in und um das Kernkraftwerk sprachen am Donnerstag in Lwiw (Lemberg) auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und UN-Generalsekretär António Guterres.

+++ Erdogan glaubt an Ende des Krieges «am Verhandlungstisch» +++

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt weiter auf eine diplomatische Lösung für den Krieg in der Ukraine. «Ich glaube weiter daran, dass der Krieg irgendwann am Verhandlungstisch enden wird. Tatsächlich sehen auch Herr Selenskyj und Herr Guterres das so», sagte Erdogan laut dem türkischen Präsidialpalast am Donnerstag in Lwiw im Westen der Ukraine. Dort hatten sich Erdogan, UN-Generalsekretär António Guterres und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen getroffen. Man werde die Ergebnisse der Unterhaltungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auswerten, so Erdogan laut Mitteilung.

+++ UN-Chef bekräftigt: Gelände um AKW muss entmilitarisiert werden +++

UN-Generalsekretär António Guterres hat erneut den Rückzug aller Truppen rund um das gefährdete ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. «Das Gebiet muss entmilitarisiert werden», sagte Guterres am Donnerstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Lwiw.

Die Anlage dürfe nicht im Rahmen militärischer Operationen genutzt werden, sagte Guterres. «Stattdessen ist dringend eine Einigung erforderlich, um Saporischschja als rein zivile Infrastruktur wiederherzustellen und die Sicherheit des Gebiets zu gewährleisten.» Jede mögliche Beschädigung des AKW sei «Selbstmord».

Selenskyj hat Erdogan und UN-Generalsekretär Guterres in Lwiw empfangen (Bild: REUTERS/Gleb Garanich)
Selenskyj hat Erdogan und UN-Generalsekretär Guterres in Lwiw empfangen (Bild: REUTERS/Gleb Garanich)

+++ Guterres: Getreide-Deal «nur der Anfang» diplomatischer Bemühungen +++

UN-Generalsekretär António Guterres hat bei einem Treffen mit den Präsidenten der Ukraine und der Türkei, Wolodymyr Selenskyj und Recep Tayyip Erdogan, in Lwiw ein Ende des Krieges angemahnt. Der UN-Generalsekretär sagte nach dem Gipfel im Westen des von Russland überfallenen Landes, der diplomatische Erfolg durch das Getreide-Abkommen im Juli sei «nur der Anfang» einer positiven Dynamik.

«Die Menschen brauchen Frieden», so Guterres nach Angaben der Vereinten Nationen. Der Krieg habe unzählige Tote, massive Zerstörungen und Vertreibungen sowie dramatische Menschenrechtsverletzungen gebracht.

Das Treffen in Lwiw ist für die Vereinten Nationen und die Türkei eine Möglichkeit, knapp ein halbes Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Einstieg in eine Verhandlungslösung mit der Ukraine auszuloten. UN-Kreise halten Gespräche der Kriegsparteien über eine Waffenruhe nur dann für möglich, wenn Russland und die Ukraine keine Geländegewinne mehr erzielen können und vom Ziel eines Sieges Abstand nehmen. Die Ukraine will aber verlorene Gebiete zurückerobern, auch um Landsleute nicht in der Willkür der russischen Besatzer zu lassen.

+++ Krisendiplomatie in Lwiw - Erdogan und Selenskyj beginnen Gespräche +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan haben sich am Donnerstag zu gemeinsamen Gesprächen in der Ukraine getroffen. Die beiden seien im Potocki-Palast in Lwiw (Lemberg) zusammengetroffen, berichtete der staatliche türkische Nachrichtensender Anadolu. Für den Nachmittag war ein Dreier-Treffen mit UN-Generalsekretär António Guterres geplant.

Bei den Treffen geht es für die Vereinten Nationen und die Türkei um den Versuch, knapp ein halbes Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Einstieg in eine Verhandlungslösung auszuloten. Daneben soll es um die Regelungen für den Getreideexport aus der Ukraine sowie die Lage in dem von russischen Truppen besetzten AKW Saporischschja und die Möglichkeiten einer internationalen Expertenmission gehen. Selenskyj forderte am Mittwochabend erneut einen Abzug russischer Soldaten aus Europas größtem Kernkraftwerk.

Die russischen Besatzer des Kraftwerks warfen der ukrainischen Führung unterdessen erneut gefährliche Angriffe vor. Es gebe die Gefahr, dass durch den Beschuss das Kühlsystem der Reaktoren und die Lagerstätten für nukleare Abfälle beschädigt würden, sagte der Besatzungschef der Region, Jewgeni Balizki, am Donnerstag im russischen Staatsfernsehen. «Das Kühlsystem garantiert die zuverlässige Arbeit des Atomkraftwerks», sagte er und warnte vor einer Katastrophe wie 1986 im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl.

+++ Linken-Reise in die Ukraine abgesagt +++

Eine geplante Reise der Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und anderer Parteimitglieder in die Ukraine ist aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Dies bestätigte ein Parteisprecher am Donnerstag. Details zur Reise seien vorab in der linken Zeitung «Junge Welt» veröffentlicht worden, meldete die «Tageszeitung». Die für die Organisation der Reise zuständige Rosa-Luxemburg-Stiftung habe sich deshalb für die Absage entschieden.

Die Linke galt lange als russlandfreundlich. Den russischen Ukraine-Krieg hat der jüngste Bundesparteitag in Erfurt aber klar verurteilt. Wissler sagte der «taz», sie bedaure die Absage der Reise. «Nach den Beschlüssen des Bundesparteitags wäre es ein wichtiges Signal der Solidarität gewesen an die Menschen, die unter dem Krieg leiden, und auch an unsere Partner vor Ort».

+++ Russland lehnt Vorschläge zur Demilitarisierung der AKW-Zone ab +++

Russland hat die Vorschläge der Vereinten Nationen für eine Entmilitarisierung der Zone um das besetzte Atomkraftwerk Saporischschja abgelehnt. Das sei inakzeptabel, weil dadurch die Anlage noch anfälliger werde für Angriffe, sagte ein Sprecher des russischen Außenministeriums am Donnerstag in Moskau. Russland erwarte vielmehr, dass schon in «unmittelbarer Kürze» Expertinnen und Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) das AKW besichtigen werden. Eine solche Mission ist seit langem geplant.

Der Machtapparat in Moskau hatte immer wieder erklärt, dass sich die IAEA davon überzeugen könne, dass Russland lediglich für die Sicherheit des größten Kernkraftwerks in Europa sorge. Zuletzt hatten die Vereinten Nationen Vorwürfe Moskaus zurückgewiesen, die UN hätten eine IAEA-Mission verhindert.

Dem Vernehmen nach gibt es Streit etwa um den Reiseweg der Experten durch das Kriegsgebiet, das teils von ukrainischen und teils von russischen Truppen kontrolliert wird. Das AKW wird immer wieder beschossen, Russland und die Ukraine geben sich dafür gegenseitig die Schuld. Die russischen Besatzer und das Verteidigungsministerium in Moskau sprachen auch am Donnerstag von massivem Beschuss.

UN-Generalsekretär António Guterres reiste in die westukrainische Stadt Lwiw (Lemberg), um mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan auch über das von Russland besetzte AKW zu sprechen. Guterres hatte am 11. August gesagt, dass das AKW nicht Teil einer Militäroperation sein dürfe. Es müsse dringend entmilitarisiert und gesichert werden. Bei den Gesprächen in Lwiw ist die russische Seite nicht vertreten.

+++ Selenskyj besucht Krankenhaus in Lwiw vor Treffen mit Erdogan +++

Vor einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und UN-Generalsekretär António Guterres hat der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj ein Militärkrankenhaus in Lwiw (Lemberg) besucht. Selenskyj sprach in der westukrainischen Stadt mit Verwundeten und Ärzten, wie auf den am Donnerstag von seinem Pressedienst veröffentlichten Fotos zu sehen war. Er würdigte die Kämpfer als «Helden».

«Russland wird diesen Krieg nicht gewinnen. Danke für den Schutz des ukrainischen Landes», sagte Selenskyj einer Mitteilung in seinem Telegram-Kanal zufolge. Mehreren Soldaten verlieh der 44-Jährige Orden.

Bei dem Treffen mit Guterres und Erdogan soll die Situation um das von Russland besetzte südukrainische Atomkraftwerk Saporischschja erörtert werden. Zudem wurde in Medien spekuliert, dass Erdogan Selenskyj Vorschläge zur diplomatischen Beendigung des Krieges mit Russland machen werde.

Die russische Armee war vor knapp sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig den Beschuss des Geländes um das Kernkraftwerk vor. Das Atomkraftwerk Saporischschja ist mit sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt das größte Kernkraftwerk Europas.

+++ Dreiergipfel mit Ukraine, UN und Türkei +++

UN-Generalsekretär António Guterres und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan kommen am Donnerstag in Lwiw (Lemberg) mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammen. Für die Vereinten Nationen und die Türkei ist es der Versuch, knapp ein halbes Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Einstieg in eine Verhandlungslösung auszuloten. Daneben soll es um die Lage in dem von russischen Truppen besetzten AKW Saporischschja gehen und die Möglichkeiten einer internationalen Expertenmission. Selenskyj forderte am Mittwochabend erneut einen Abzug russischer Soldaten aus Europas größtem Kernkraftwerk.

Wolodymyr Selenskyj erwartet den türkischen Präsidenten Erdogan und UN-Generalsekretär Guterres (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS)
Wolodymyr Selenskyj erwartet den türkischen Präsidenten Erdogan und UN-Generalsekretär Guterres (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS)

Als Vermittlungserfolg in dem Krieg haben die UN und die Türkei das Abkommen vorzuweisen, das seit Anfang August wieder Getreideexporte aus ukrainischen Häfen erlaubt. Erdogan teilte vor dem Treffen mit, in Lwiw solle auch die «Beendigung des Krieges zwischen der Ukraine und Russland auf diplomatischem Wege erörtert» werden.

UN-Kreise sehen dies skeptischer. Sie halten Verhandlungen über eine Waffenruhe erst für möglich, wenn Russland oder die Ukraine keine Geländegewinne mehr erzielen können und vom Ziel eines Sieges Abstand nehmen. Die Ukraine will aber verlorene Gebiete zurückerobern, um Landsleute nicht in der Willkür der russischen Besatzung zu lassen. Der ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow warnte Selenskyj, jetzt einem Waffenstillstand zuzustimmen, sei eine russische Falle.

Russlands Kriegsziele laufen weiter auf eine weitgehende Unterwerfung der Ukraine hinaus. Gespräche zwischen Kiew und Moskau waren daher bereits in den ersten Kriegswochen ohne Ergebnis abgebrochen worden.

Für Selenskyj ist die Reise in die Westukraine nach Lwiw die erste öffentlich angekündigte seit dem 24. Februar. Seitdem war er zwar mehrmals in der Ukraine unterwegs und hat auch die Front besucht, die Reisepläne wurden aber geheim gehalten. Internationale Gäste empfing Selenskyj in der Hauptstadt Kiew, und auch deren Anreise fand wie bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jeweils unter Geheimhaltung statt.

+++ Estland berichtet von massiven Cyber-Angriffen +++

In Estland sind staatliche Institutionen und private Unternehmen nach der Verlegung eines Sowjetpanzer-Denkmals zur Zielscheibe von Hackerangriffen geworden. Das Land sei am Mittwoch den «umfangreichsten Cyberangriffen seit 2007» ausgesetzt gewesen, teilte der Staatssekretär für die IT-Infrastruktur, Luukas Kristjan Ilves, am Donnerstag auf Twitter mit. Die sogenannten Denial-of-Service-Angriffe seien aber «ineffektiv» gewesen und «weitgehend unbemerkt» geblieben. Nach Medienberichten soll sich die russische Hackergruppe Killnet dazu bekannt haben.

Bei Denial-of-Service-Angriffen ist der betroffene Server durch eine künstlich erhöhte hohe Nachfrage nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erreichbar. Nach Angaben der Regierung funktionierten die Websites mit «geringfügigen Ausnahmen» aber den ganzen Tag über. «E-Estonia läuft und funktioniert», schrieb Ilvey. Estland nennt sich selbst gern «E-Estonia». Das EU- und Nato-Mitglied gilt in Europa als Vorreiter der Digitalisierung. Die rund 1,3 Millionen Bürger können fast alle Behördengänge übers Internet erledigen.

Estland hatte am Dienstag ein Sowjetpanzer-Monument nahe der estnischen-russischen Grenzstadt Narva demontieren und in ein Museum verlegen lassen. In dem Baltenstaat lebt eine große russische Minderheit.

+++ London: Russen schützen Panzer nur unzureichend +++

Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste im Angriffskrieg gegen die Ukraine Probleme beim Schutz seiner Kampfpanzer. Die schwere Beschädigung vieler russischer Fahrzeuge in der Ukraine hänge mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zusammen, dass die Panzer nicht gut genug mit sogenannter Reaktivpanzerung geschützt seien, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London. Solche Schutzhüllen können den Angaben zufolge Panzer bei Beschuss vor Schäden bewahren.

Die Geheimdienste gehen demnach davon aus, dass viele russische Truppen nicht ausreichend im Umgang mit solchen Schutzhüllen geschult sind. Deshalb seien diese gar nicht an den Panzern angebracht - oder zumindest nicht so, dass sie explosive Geschosse abhalten könnten. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

+++ Menschenrechtler: Russland rekrutiert für Krieg in Gefängnissen +++

Für Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine werden nach Angaben von Menschenrechtlern in russischen Gefängnissen gezielt Freiwillige gesucht. Verdächtige und Angeklagte würden auch mit dem Versprechen angeworben, dass im Gegenzug das Strafverfahren eingestellt werde, berichtete die in Berlin lebende russische Bürgerrechtlerin Olga Romanowa bei Facebook. Es gebe Beispiele aus Untersuchungsgefängnissen im Moskauer Gebiet. «Aber ich denke, es hat überall begonnen», schrieb Romanowa, die als angesehene Expertin für die Rechte von Gefangenen in Russland gilt.

Eine Generalmobilmachung für den seit bald einem halben Jahr dauernden Krieg in der Ukraine gibt es in Russland nicht. Deshalb sind die Armee und Präsident Wladimir Putin auf Freiwillige angewiesen. Als Zeichen für Personalmangel an der Front gilt, dass die Behörden in vielen Regionen damit begonnen haben, mit Straßenreklame für einen Einsatz in der Ukraine zu werben. Städte und Regionen gründen demnach eigene Bataillone.

Da in Russland fast alle Anklagen mit einem Schuldspruch enden, sollen Verdächtige und Angeklagte nun offenbar vor die Wahl gestellt werden: Krieg oder Gefängnis. Der Gründer des gegen Gewalt in russischen Gefängnissen geschaffenen Projekts Gulaga.net, Wladimir Ossetschkin, bestätigte in seinem Exil in Frankreich die Anwerbepraktiken in Gefängnissen. Es gebe dazu auch Informationen aus St. Petersburg, Rjasan, Twer und Brjansk.

Dem Internetportal Meduza zufolge gab es schon Anfang Juli Berichte in russischen Medien über die Suche nach Freiwilligen in zahlreichen Straflagern des Riesenreiches. Demnach soll die private Söldnerorganisation «Wagner» dort Straftäter für den Kriegseinsatz angeworben haben.

Das Internetportal Mediazona berichtete, dass der von den USA gesuchte Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin, der als «Wagner»-Finanzier mit besten Kontakten zu Putin gilt, selbst in Straflagern Freiwillige angeworben haben soll. Im Gegenzug seien ihnen 100 000 Rubel (1600 Euro) Monatslohn, Prämien, Zahlungen an die Familien im Todesfall und eine Amnestie in Aussicht gestellt worden.

+++ Estland beschränkt Einreise für russische Staatsbürger +++

Estland hat seine Visa-Regelungen für Menschen aus Russland verschärft und deren Einreise beschränkt. Russische Staatsbürger dürfen von diesem Donnerstag an nicht mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengen-Visum in das baltische EU- und Nato-Land einreisen. Nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums in Tallinn sollen daher an den drei Grenzübergängen zu Russland in Narva, Luhamaa und Koidula zusätzliche Visakontrollen stattfinden.

Estland hatte als eine Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russen bereits weitgehend ausgesetzt. Mit einem gültigen Visum war es aber weiterhin möglich, per Bus oder Auto über die estnische Grenze in den Schengenraum einzureisen. Dies ist künftig nicht mehr möglich. Bestimmte Ausnahmen gelten jedoch etwa für Russen mit Wohnsitz, Aufenthaltsrecht oder Verwandten in Estland.

Weiter einreisen dürfen auch russische Bürger mit von anderen EU-Mitgliedern ausgestellten Visa, die für den gesamten Schengen-Raum mit seinen 26 europäischen Ländern gilt. Zusammen mit seinen ebenfalls an Russland grenzenden Nachbarländern Finnland und Lettland macht sich Estland daher für einen grundsätzlichen Stopp von Touristenvisa stark. Deutschland und die EU-Kommission in Brüssel lehnen dies ab.

Nach Angaben der estnischen Grenz- und Polizeibehörde passierten zuletzt täglich rund 2500 russische Staatsbürger die Grenze nach Estland - knapp die Hälfte davon mit einem Touristenvisum. Ausgestellt worden seien diese etwa in gleichem Maße von Estland und anderen Schengen-Staaten, teilte ein Behördensprecher der Deutschen Presse-Agentur in Tallinn mit.

+++ Selenskyj fordert bedingungslosen Abzug der Russen aus AKW +++

Vor einem Treffen mit UN-Generalsekretär António Guterres hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut einen Abzug russischer Truppen aus dem AKW Saporischschja gefordert. «Dies muss ohne Bedingungen und so bald wie möglich geschehen», sagte Selenskyj am Mittwochabend in seiner Videoansprache.

Ukrainische Diplomaten, Wissenschaftler und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) arbeiteten daran, den Besuch einer Expertenkommission in dem Kernkraftwerk zu ermöglichen. «Nur absolute Transparenz und eine kontrollierte Lage in und um das AKW garantieren eine Rückkehr zu normaler nuklearer Sicherheit für den ukrainischen Staat, die internationale Gemeinschaft und die IAEA», sagte Selenskyj.

Die Lage in dem von russischen Truppen besetzten größten Atomkraftwerk Europas beunruhigt die internationale Staatengemeinschaft seit Wochen. Immer wieder schlagen auf dem Kraftwerksgelände Geschosse ein, wobei sich Russland und die Ukraine gegenseitig für den Beschuss verantwortlich machen. Der Besuch einer IAEA-Mission in Saporischschja wird Thema bei dem Treffen Selenskyjs mit Guterres an diesem Donnerstag in Lwiw (Lemberg) sein. Dritter Teilnehmer des Gipfels ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Die russische Besatzungsverwaltung berichtete am Mittwoch zweimal über angeblich ukrainischen Beschuss auf das AKW. Zwei Mitarbeiter des Werks wurden nach Polizeiangaben festgenommen, weil sie den ukrainischen Truppen beim Zielen geholfen hätten, meldete die Agentur Ria Nowosti. Unabhängige Bestätigungen dafür gab es nicht.