Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

In unserem Nachrichtenticker können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Moskau: Teilmobilmachung beendet – 300.000 Reservisten einberufen

  • Bericht: Über sieben Millionen Vertriebene innerhalb der Ukraine

  • Feuer in künftiger Flüchtlingsunterkunft - Minister: Brandanschlag

  • Steinmeier stimmt Deutschland auf «raue Jahre» und Verzicht ein

  • Büdenbender: Sollten Kindern aus der Ukraine ein Zuhause geben

  • Selenskyj vergleicht Russland mit Nazis

  • Putin bekräftigt Bereitschaft zu Verhandlungen mit Ukraine

  • US-Militärstrategie: Russland «akute» Bedrohung

  • IAEA plant noch diese Woche Inspektionen in Ukraine

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Moskau: Teilmobilmachung beendet – 300.000 Reservisten einberufen +++

Russlands Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Krieg in der Ukraine ist nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu abgeschlossen. Neue Maßnahmen seien nicht geplant, von nun an werde nur noch mit Freiwilligen gearbeitet, sagte Schoigu am Freitag bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Nähe von Moskau.

Der Kremlchef hatte Mitte Oktober angekündigt, dass die in der Gesellschaft umstrittene Einberufung von Reservisten innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen werden solle. Zuvor hatte bereits die russische Hauptstadt Moskau das Ende der Mobilmachung verkündet.

Putin räumte einmal mehr ein, dass es viele Probleme gegeben habe bei der vor mehr als einem Monat begonnenen Teilmobilmachung. Die Soldaten hatten oft keine passende Ausrüstung oder wurden nicht den russischen Vorschriften gemäß auf den Einsatz im Kriegsgebiet vorbereitet. Viele Reservisten kehrten bereits in Särgen zurück.

Russlands Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Krieg in der Ukraine ist nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu abgeschlossen  (Bild: Arkady Budnitsky/Anadolu Agency via Getty Images)
Russlands Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Krieg in der Ukraine ist nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu abgeschlossen (Bild: Arkady Budnitsky/Anadolu Agency via Getty Images)

+++ Bericht: Über sieben Millionen Vertriebene innerhalb der Ukraine +++

Innerhalb der Ukraine sind einer Studie zufolge bis August mehr als sieben Millionen Menschen vertrieben worden. Die meisten von ihnen seien Frauen, von denen fast ein Drittel mehr als einmal vertrieben worden sei, hieß es in einem gemeinsamen Bericht der EU-Asylagentur, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM), der am Freitag veröffentlicht wurde.

Gleichzeitig hätten sich mehr als sechs Millionen aller in oder aus der Ukraine vertriebenen Menschen bis August für die Rückkehr in ihre Heimat entschieden.

Insgesamt sind bislang nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks 14,3 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, wie es in dem Bericht heißt. Drei Viertel davon gingen in die vier benachbarten EU-Länder Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei.

+++ Feuer in künftiger Flüchtlingsunterkunft - Minister: Brandanschlag +++

Wenige Tage vor dem Einzug erster Flüchtlinge ist in einer für sie vorgesehenen Unterkunft in Sachsen ein Feuer ausgebrochen. Landesinnenminister Armin Schuster verurteilte die Tat am Freitag als Brandanschlag. «Aus Hass Häuser anzuzünden, weil man Geflüchtete nicht in seiner Nähe haben möchte, ist zutiefst primitiv und menschenverachtend», sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. Ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) sagte: «Ein politischer Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden.»

Das Feuer war nach LKA-Angaben am frühen Morgen ausgebrochen, nachdem Unbekannte Fensterscheiben des Spreehotels in Bautzen im Osten des Bundeslandes eingeworfen hatten. Vier Angestellte und Handwerker, die das Gebäude renovierten und dort übernachten, blieben den Angaben nach unverletzt.

Unbekannte verübten am Freitagmorgen einen Brandanschlag auf geplante Asylunterkunft in Bautzen (Bild: Paul Glaser/dpa)
Unbekannte verübten am Freitagmorgen einen Brandanschlag auf geplante Asylunterkunft in Bautzen (Bild: Paul Glaser/dpa)

Vergangene Woche war in Groß Strömkendorf in Mecklenburg-Vorpommern eine Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine abgebrannt. Als das Feuer ausbrach, hielten sich 14 Geflüchtete, darunter Kinder und Jugendliche, in dem Gebäude auf. Die Ermittler vermuten einen politischen Hintergrund hinter dem Brand. Der Staatsschutz ermittelt.

Sachsens Innenminister Schuster teilte mit, zwar sei noch nicht bekannt, wer die Brandsätze in das noch unbewohnte Spreehotel geworfen habe. «Aber wir müssen von einem fremdenfeindlichen Brandanschlag ausgehen.» Udo Witschas (CDU), Landrat des Landkreises Bautzen, zeigte sich «absolut entsetzt und wütend». Es seien leichtsinnig Menschenleben gefährdet worden.

+++ Steinmeier stimmt Deutschland auf «raue Jahre» und Verzicht ein +++

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf eine schwierige Zukunft als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine eingestimmt. «Es kommen härtere Jahre, raue Jahre auf uns zu», sagte er am Freitag in einer Grundsatzrede in Berlin. «Die Friedensdividende ist aufgezehrt. Es beginnt für Deutschland eine Epoche im Gegenwind.» Zugleich beschwor Steinmeier den «Widerstandsgeist» der Deutschen.

Das Land befinde sich in der tiefsten Krise seit der Wiedervereinigung, sagte Steinmeier. Man müsse nun den Blick schärfen, für das, was in dieser Situation verlangt sei. «Dann müssen wird dieser neuen Zeit nicht angstvoll oder gar wehrlos entgegensehen.»

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)

Die Bundesrepublik könne in diesen Jahren auf ihre Kraft und Stärke bauen, die sie sich in den vergangenen Jahren erarbeitet habe, sagte Steinmeier weiter. Das Land sei wirtschaftlich stark, habe gute Forschung, starke Unternehmen und einen leistungsfähigen Staat sowie eine große und starke Mitte in seiner Gesellschaft.

Zu diesen Stärken, die Deutschland bislang geholfen hätten, müsse aber etwas hinzukommen, betonte der Bundespräsident. «Wir müssen konfliktfähig werden, nach innen wie nach außen. Wir brauchen den Willen zur Selbstbehauptung und auch die Kraft zur Selbstbeschränkung.» Nötig sei keine Kriegsmentalität. «Aber wir brauchen Widerstandsgeist und Widerstandskraft.» Dazu gehöre zuallererst eine starke und gut ausgestattete Bundeswehr.

+++ Büdenbender: Sollten Kindern aus der Ukraine ein Zuhause geben +++

Die deutsche First Lady Elke Büdenbender hat angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine auf die Not von ukrainischen Kindern auf der Flucht hingewiesen. «Ich meine, es ist unsere Aufgabe, den Kindern und ihren Eltern ein temporäres Zuhause zu geben», sagte die Frau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch des Unicef-Logistikzentrums in Kopenhagen am Freitag. «Das bedeutet für mich, sie willkommen zu heißen, sie einzubinden in unser Leben.» Dazu gehöre auch, «den Kindern zu ermöglichen, ihre Schulausbildung in der Ukraine fortzusetzen, aber auch hier in den Schulen anzukommen, Kontakte zu knüpfen, Freundschaften zu erleben, damit ein "normales" Leben wieder stattfinden kann».

Von dem Logistikzentrum in der dänischen Hauptstadt aus, das nach Angaben von Unicef das größte humanitäre Warenlager der Welt ist, werden zum Beispiel medizinische Ausrüstung und Spielsachen, aber etwa auch Schulmaterialien in Krisenregionen verschickt. Von dort aus sei die Hilfe für die Ukraine sehr schnell angelaufen, sagte Büdenbender, die Schirmherrin von Unicef Deutschland ist. Bislang seien bereits mehr als 10 000 Tonnen an Hilfsgütern in 1400 Lastwagen an Kinder und ihre Familien ausgeliefert worden.

+++ Selenskyj vergleicht Russland mit Nazis +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Kampf seines Landes gegen den Aggressor Russland mit dem Widerstand gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg verglichen. Russland verfolge wie einst der Nazismus dieselben Ziele.

«Die Form des Bösen hat sich gewandelt, aber das Wesen ist unverändert», sagte Selenskyj in einer in der Nacht zum Freitag in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Russland sei vom Nachbarn zum Aggressor und zum Terroristen geworden – und habe sich Kriegsverbrechen schuldig gemacht.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: Alexey Furman/Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: Alexey Furman/Getty Images)

Neben einer abgeschossenen Kampfdrohne stehend sagte Selenskyj, es würden immer wieder friedliche Städte mit Bomben und Raketen beschossen. Allein innerhalb der vergangenen zwei Tage habe es 30 russische Angriffe mit iranischen Drohnen gegeben, von den 23 abgeschossen worden seien. Russland vermine oder besetze Kraftwerke, stehle Getreide, um den Planeten mit Hunger zu bedrohen. Es verschleppe Menschen, darunter Kinder.

Mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg und den Kampf der Ukrainer gegen die Nazis damals sagte Selenskyj, dass sich das «Böse nach 80 Jahren wieder aus der Asche» erhoben habe. Er beklagte, dass der Aggressor Russland seit Beginn des Krieges am 24. Februar 4500 Raketen auf die Ukraine abgeschossen und insgesamt 8000 Luftangriffe geflogen habe.

Selenskyj betonte, dass der ukrainische Widerstand stark sei. Das Land werde sich nicht brechen lassen. Der Staatschef zeigte sich zuversichtlich, dass der Eindringling kapitulieren und in die Flucht geschlagen werde. Russland werde auch Reparationen zahlen; und die besetzten Gebiete Cherson, Luhansk, Donezk und die Schwarzmeer-Halbinsel Krim würden wieder frei sein.

+++ Putin bekräftigt Bereitschaft zu Verhandlungen mit Ukraine +++

Der russische Präsident Wladimir Putin bekräftigte unterdessen nach mehr als acht Monaten Krieg gegen die Ukraine seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen. Allerdings habe sich die Regierung in der Ukraine unter dem Einfluss der USA gegen solche Gespräche entschieden, sagte Putin am Donnerstag bei einem Moskauer Diskussionsforum mit internationalen Experten. Der Kremlchef hatte Ende September vier ukrainische Regionen annektiert und bei einer Rede im Kreml auch Verhandlungen angeboten. In Kiew lehnte Selenskyj Gespräche mit Putin per Dekret ab.

Mit Blick auf den von ihm befohlenen Überfall auf das Land sagte Putin, dass die Ukraine ohne Rücksicht auf ihre Soldaten kämpfe und deutlich höhere Verluste verzeichne als Russland. Zu den Gründen des Krieges sagte er einmal mehr, dass das Streben der Ukraine in die Nato mit russischen Sicherheitsinteressen nicht vereinbar sei. Auch habe die Ukraine damals einen mit Deutschland und Frankreich vereinbarten Friedensplan für den Donbass aufgekündigt.

Putin machte deutlich, dass er seinen Krieg in dem Nachbarland auch als Kampf gegen einen «aggressiven Westen» sehe, der versuche, seine Regeln und liberalen Werte anderen aufzudrücken. Die «tektonischen Veränderungen» in der Ukraine zeigten, dass die von den USA angestrebte Vormachtstellung in einer monopolaren Welt der Vergangenheit angehöre.

Die «historische Periode» einer Dominanz des Westens neige sich dem Ende zu, meinte der 70-Jährige. In der Diskussion warf Putin den westlichen Regierungen auch «systematische Fehler» vor, die zu Energie- und wirtschaftlichen Krisen führten. Mit einem «Diktat» eines «neokolonialen Westens» werde sich Russland nicht abfinden.

Es entstünden etwa in Asien und Südamerika andere Machtzentren und eine multipolare Welt, sagte Putin. «Der Westen ist nicht in der Lage, allein die Menschheit zu führen, so sehr er das verzweifelt versucht.» Der Kremlchef betonte, dass Russland ein Interesse an guten Beziehungen zu allen Ländern habe. «Russland ist kein Feind.»

+++ US-Militärstrategie: Russland «akute» Bedrohung +++

Die US-Regierung sieht in ihrer neuen Militärstrategie Russland als «akute» Bedrohung. Das Wort sei sorgfältig gewählt worden, sagte Verteidigungsminister Lloyd Austin bei der Vorstellung des Dokuments am Donnerstag. «Anders als China kann Russland die USA nicht auf lange Sicht systematisch herauszufordern», sagte Austin zur Begründung. «Aber die russische Aggression ist eine direkte und scharfe Bedrohung unserer Interessen und Werte.»

China wurde als dauerhaft größte Bedrohung eingestuft. Es sei das einzige Land, dass «sowohl die internationale Ordnung umbauen will als auch zunehmend die Kraft dafür hat».

Zum Einsatz amerikanischer Atomwaffen heißt es, man werde dafür weiterhin eine sehr hohe Schwelle setzen. Die Strategie schreibt dabei allerdings nicht fest, dass sie nur als Antwort auf einen nuklearen Angriff verwendet werden sollen.

+++ IAEA plant noch diese Woche Inspektionen in Ukraine +++

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) will nach den Vorwürfen Russlands, Kiew plane im Krieg den Einsatz einer «schmutzigen» Bombe, noch in dieser Woche einer Beobachtermission in die Ukraine entsenden. Das sagte IAEA-Chef Rafael Grossi am Donnerstag laut einer Mitteilung. Experten der Organisation würden in dieser Woche an zwei Standorten in der Ukraine Nachprüfungen durchführen, nachdem die ukrainische Regierung schriftlich um die Entsendung von Inspektorenteams gebeten habe. Putin hatte sich auch für die schnelle Entsendung einer IAEA-Beobachtermission in die Ukraine ausgesprochen.