Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Selenskyj kündigt weiteren Ausbau der ukrainischen Luftabwehr an

  • Kiew seit Kriegsbeginn fast 29 Tage im Alarmzustand

  • Nato-Generalsekretär ruft zu mehr Waffenlieferungen für Ukraine auf

  • Polens Grenzschutz zählt mehr Einreisen in die Ukraine als Ausreisen

  • Kremlchef Putin lädt Chinas Parteichef Xi Jinping zu Staatsbesuch ein

  • Selenskyj: Jeder Angriff bringt Russland näher ans Tribunal

  • Kiew: An Untersuchungen zu Rakete in Belarus beteiligen

Die aktuelle Newslage:

Bild: Mustafa Ciftci/Anadolu Agency via Getty Images
Bild: Mustafa Ciftci/Anadolu Agency via Getty Images

+++ Selenskyj kündigt weiteren Ausbau der ukrainischen Luftabwehr an +++

Als Folge immer neuer russischer Raketenangriffe auf ukrainische Städte hat Präsident Wolodymyr Selenskyj einen weiteren Ausbau der Luftabwehr angekündigt. «Im neuen Jahr wird die ukrainische Luftverteidigung noch stärker, noch effektiver», sagte Selenskyj am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Dadurch könne die Luftabwehr der Ukraine die stärkste in ganz Europa werden. «Dies wird eine Sicherheitsgarantie nicht nur für unser Land, sondern für den gesamten Kontinent sein.»

Die Luftabwehr der ukrainischen Streitkräfte hat in den vergangenen Wochen bei russischen Großangriffen mit Marschflugkörpern, Raketen und sogenannten Kamikaze-Drohnen relativ hohe Abschusszahlen erreicht. Angesichts der Masse der einfliegenden Projektile konnten nicht alle Raketen abgewehrt werden. Die ukrainische Armee, die bereits eine Reihe ausländischer Flugabwehrsysteme nutzt, wartet auf den Einsatz der angekündigten US-amerikanischen Patriot-Batterie. Gegenwärtig werden ukrainische Soldaten an dem System ausgebildet.

+++ Kiew seit Kriegsbeginn fast 29 Tage im Alarmzustand +++

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben in der Hauptstadt Kiew die Alarmsirenen 638 Mal geheult. Insgesamt habe seit Ende Februar damit knapp 694 Stunden lang Alarmzustand geherrscht, teilte am Freitag Kiews Militär-Verwaltungschef Serhij Popko mit. «Das sind praktisch 29 Tage, fast ein ganzer Kalendermonat, den die Bürger der Stadt in Schutzräumen und Bunkern verbracht haben.» Insgesamt habe die Hauptstadt 52 Luftangriffe erlebt, bei denen 120 Menschen ums Leben kamen, unter ihnen fünf Kinder. 495 Menschen seien bei den Angriffen mit Raketen und Marschflugkörpern verletzt worden.

Durch die Angriffe seien über 600 Gebäude beschädigt worden, sagte Popko. Die kritische Infrastruktur der Hauptstadt sei erheblich beschädigt worden.

«2022 war das schlimmste Jahr in der neueren Geschichte Kiews», betonte Popko. Nachdem der Vormarsch der russischen Bodentruppen auf Kiew abgeschlagen worden sei, sei der Feind zu dem «Genozid aus der Luft» übergegangen.

+++ Nato-Generalsekretär ruft zu mehr Waffenlieferungen für Ukraine auf +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Deutschland und die anderen Bündnisstaaten zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine aufgerufen. «Es mag paradox klingen, aber militärische Unterstützung für die Ukraine ist der schnellste Weg zum Frieden», sagte der Norweger der Deutschen Presse-Agentur zum Jahreswechsel. Hintergrund sei, dass Russlands Präsident Wladimir Putin davon überzeugt werden müsse, dass er sein Ziel, die Kontrolle über die Ukraine zu übernehmen, nicht erreichen werde. Dann könne es eine friedliche Verhandlungslösung geben, die ein Überleben der Ukraine als unabhängiger demokratischer Staat gewährleiste.

Bild: Thierry Monasse/Getty Images
Bild: Thierry Monasse/Getty Images

Ähnlich wie Stoltenberg hatte sich zuletzt auch CDU-Chef Friedrich Merz geäußert. «Eine Unterstützung der Ukraine mit Schützenpanzern und Kampfpanzern würde diesen Krieg nicht verlängern, sondern verkürzen», sagte der Spitzenpolitiker. «Deutschland und andere europäische Länder hätten der Ukraine längst Schützenpanzer und auch Kampfpanzer westlicher Bauart liefern sollen.»

Die Ukraine bittet ihre Verbündeten seit langem um Kampf- und Schützenpanzer westlicher Bauart. Nach ukrainischen Angaben laufen Gespräche mit der Bundesregierung über die Lieferung der deutschen Modelle Leopard 2 und Marder. Kanzler Olaf Scholz (SPD) will solche Panzer nicht liefern, solange sie auch von anderen Bündnispartnern nicht bereitgestellt werden. Es werde keinen deutschen Alleingang in dieser Frage geben, hat der SPD-Politiker immer wieder betont.

+++ Polens Grenzschutz zählt mehr Einreisen in die Ukraine als Ausreisen +++

Kurz vor dem Jahreswechsel liegt die Zahl der Einreisen in die Ukraine nach Angaben des polnischen Grenzschutzes höher als die der Ausreisen. Am Donnerstag seien rund 31 000 Menschen von Polen aus in das vom russischen Angriffskrieg verwüstete Land eingereist, teilte die Behörde am Freitag auf Twitter mit. Im gleichen Zeitraum wurden demnach 27 200 Ausreisen gezählt. «Vor der Jahreswende und den orthodoxen Feiertagen kehren viele in die Ukraine zurück», sagte eine Sprecherin des Grenzschutzes der Deutschen Presse-Agentur. Das orthodoxe Weihnachtsfest wird am 7. Januar gefeiert.

Symbolbild: Christopher Furlong/Getty Images
Symbolbild: Christopher Furlong/Getty Images

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar gegen die Ukraine hat der polnische Grenzschutz knapp 8,8 Millionen Ausreisen aus dem östlichen Nachbarland gezählt, die Zahl der Einreisen lag bei knapp sieben Millionen. Diese Angaben beziehen sich auf den Grenzverkehr, sie lassen keine direkten Schlüsse auf die Zahl der Kriegsflüchtlinge zu.

Nach Angaben der Regierung in Warschau von November leben rund 1,3 Millionen Ukraine-Flüchtlinge im Land. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Grenze. Infolge der forgesetzten russischen Angriffe gegen die Ukraine müssen die Menschen dort vielerorts bei Minusgraden ohne Strom, Heizung, sowie ohne Wasser- und Abwasserversorgung ausharren.

+++ Kremlchef Putin lädt Chinas Parteichef Xi Jinping zu Staatsbesuch ein +++

Russlands Präsident Wladimir Putin hat den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping im Frühling zu einem Staatsbesuch nach Moskau eingeladen. «Im nächsten Jahr wird sich der intensive bilaterale Austausch fortsetzen, daran zweifle ich nicht. Und wir werden eine Möglichkeit finden, uns persönlich zu treffen», sagte Putin am Freitag in einer auf der Kreml-Homepage veröffentlichten Videoschalte mit Xi Jinping. Putin war Anfang des Jahres zu den Olympischen Winterspielen in Peking, zuletzt haben sich die beiden bei einem Gipfel in Usbekistan im Herbst getroffen.

Das Verhältnis beider Staaten gilt als gut. China hat im Gegensatz zu den westlichen Staaten Russlands Angriff auf die Ukraine nicht verurteilt. Dem Kreml zufolge hat Xi Jinping Pekings Bereitschaft erklärt, in der aktuellen politischen Lage weiter Partner Moskaus zu sein. Putin wiederum nannte die Beziehungen beider Staaten beispielhaft für die Zusammenarbeit von Großmächten im 21. Jahrhundert. Der 70-Jährige erklärte die Stärkung der gemeinsamen Militär- und Rüstungspolitik zu einem der wichtigsten Aufgabenfelder.

+++ Selenskyj: Jeder Angriff bringt Russland näher ans Tribunal +++

Der «Status des größten Terroristen der Welt» werde sich noch lange auf Russland und seine Bürger auswirken, sagte Selenskyj. «Und jede Rakete bestätigt nur, dass das alles mit einem Tribunal enden muss, genau so wird es sein.» In seinem Unterredungen mit anderen Staats- und Regierungschefs versucht der ukrainische Präsident, deren Unterstützung für ein Internationales Strafgericht nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunals für NS-Verbrecher zu gewinnen. Geht es nach Selenskyj, sollen sich eines Tages auch Politiker und Militärs aus Russland für den Angriffskrieg gegen die Ukraine verantworten.

Nach Selenskyjs Darstellung hat der jüngste russische Raketenangriff erneut schwere Schäden im Energienetz in weiten Teilen der Ukraine verursacht. Mit Blick auf mögliche weitere Attacken warnte er: «Dieses Jahr hat noch zwei Tage, vielleicht wird der Feind erneut versuchen, uns dazu zu bringen, das Neue Jahr im Dunkeln zu feiern.»

+++ Kiew: An Untersuchungen zu Rakete in Belarus beteiligen +++

Nach dem Fund einer Rakete auf dem Staatsgebiet von Belarus hat das ukrainische Verteidigungsministerium seine Mitarbeit an einer Untersuchung des Zwischenfalls angeboten. In einer am Donnerstagabend veröffentlichten Erklärung des Ministeriums heißt es, dass die Behörde zu einer «objektiven Untersuchung des Vorfalls» bereit sei. Staatsmedien in der belarussischen Hauptstadt Minsk hatten berichtet, dass eine vom Flugabwehrsystem S-300 abgeschossene Rakete am Donnerstagvormittag auf belarussisches Staatsgebiet gefallen sei.

Das Verteidigungsministerium in Kiew wies darauf hin, dass die Ukraine am Donnerstag von einer Welle russischer Marschflugkörper angegriffen worden sei. «Daher ist auch eine Provokation von Seiten des Terroristen-Staats Russland nicht auszuschließen, der eine Flugroute seiner Marschflugkörper so ausgewählt hat, um ihren Abschuss im Luftraum über Belarus zu provozieren», hieß es. Das wäre ein ähnlicher Vorfall wie im November, als eine Rakete auf polnischem Gebiet niedergegangen war.

Belarus ist nicht direkt an Kampfhandlungen in der Ukraine beteiligt. Allerdings hat Machthaber Alexander Lukaschenko russischen Truppen die Militärstützpunkte in seinem Land für Angriffe auf die benachbarte Ukraine überlassen.

+++ Ukrainische Armee greift Stellungen bei Berdjansk an +++

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigener Darstellung russische Stützpunkte in der Umgebung der Industrie- und Hafenstadt Berdjansk im Südosten des Landes angegriffen. Dabei seien rund 50 russische Soldaten «liquidiert» worden, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Die Militärs in Kiew machten keine Angaben dazu, mit welchen Waffensystemen Berdjansk angegriffen worden sei. Die Stadt am Asowschen Meer liegt knapp 100 Kilometer hinter den aktuellen Frontlinien.

Schwere Kämpfe erschütterten am Donnerstag erneut die Umgebung der Frontstadt Bachmut im Osten der Ukraine. Dort seien einmal mehr Vorstöße der russischen Streitkräfte zurückgeschlagen worden, teilte die Militärführung in Kiew mit.

Wichtige Unterstützung in Form von Waffen und Munition dürften die ukrainischen Streitkräfte auch weiterhin aus den USA erhalten. Am Donnerstagabend (Ortszeit) unterzeichnete US-Präsident Joe Biden das neue Haushaltsgesetz seiner Regierung, das unter anderem milliardenschwere Hilfen für die Ukraine vorsieht. Der zuvor von beiden Kongresskammern gebilligte Etat hat einem Volumen von 1,7 Billionen US-Dollar (1,6 Billionen Euro), wovon knapp 858 Milliarden Dollar auf Verteidigungsausgaben entfallen. Für die Unterstützung der Ukraine sind rund 45 Milliarden US-Dollar vorgesehen.

+++ Selenskyj-Beraterin: 15.000 Vermisste in Ukraine +++

Gut zehn Monate nach Kriegsbeginn gelten in der Ukraine nach Angaben der ukrainischen Präsidentenberaterin Alona Verbytska Tausende Soldaten und Zivilisten vermisst. «Russland hat aktuell 3392 ukrainische Kriegsgefangene bestätigt, aber in der Ukraine gelten derzeit 15.000 Menschen als vermisst, darunter viele Zivilisten», sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das Schicksal dieser Menschen sei völlig ungewiss, sagte Verbytska, die sich als Ombudsfrau für die Rechte ukrainischer Soldaten engagiert. «Wir wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist.»