Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Montag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Newsticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten Nachrichten des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Nato-Staaten billigen neue Abwehrpläne gegen Russland

  • Ukraine fordert von Bundesregierung Unterstützung bei Nato-Beitritt

  • Ukrainische Armee kontrolliert wichtige Anhöhen um Bachmut

  • Stoltenberg: Noch keine Einigung über Nato-Perspektive für Kiew

  • Scholz: Nato-Beitritt Schwedens und EU-Türkei-Frage auseinanderhalten

  • Kreml bestätigt Treffen Putins mit Prigoschin nach Aufstand

  • Kiew fordert klare Beitrittsperspektive von der Nato

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Nato-Staaten billigen neue Abwehrpläne gegen Russland +++

Ein Angriff Russlands auf einen Nato-Staat? Viele Jahre lang wurde ein solches Szenario im größten Verteidigungsbündnis der Welt für absolut unrealistisch gehalten. Der russische Krieg gegen die Ukraine hat alles verändert. Nun gibt es wieder Pläne für den Fall der Fälle.

Die Nato-Staaten haben sich auf neue Pläne für die Abwehr von möglichen russischen Angriffen auf das Bündnisgebiet verständigt. Die Annahme der Dokumente erfolgte am Montag einen Tag vor dem Beginn des Gipfeltreffens in Litauen in einem schriftlichen Verfahren, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Diplomaten erfuhr. Die Entscheidung soll an diesem Dienstag von den Staats- und Regierungschefs noch einmal bestätigt und dann offiziell verkündet werden.

Die insgesamt mehr als 4000 Seiten starken Verteidigungspläne beschreiben nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur detailliert, wie kritische Orte im Bündnisgebiet durch Abschreckung geschützt und im Ernstfall verteidigt werden sollten. Dafür wird auch definiert, welche militärischen Fähigkeiten notwendig sind. Neben Land-, Luft-, und Seestreitkräften sind auch Cyber- und Weltraumfähigkeiten eingeschlossen.

Bereits beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg angekündigt, dass künftig 300 000 Soldatinnen und Soldaten für mögliche Nato-Einsätze in hoher Bereitschaft gehalten werden sollten. Bislang war bei der Nato für schnelle Kriseneinsätze vor allem die Eingreiftruppe NRF vorgesehen. Für diese stellen die Mitgliedstaaten derzeit circa 40 000 Soldatinnen und Soldaten.

+++ Ukraine fordert von Bundesregierung Unterstützung bei Nato-Beitritt +++

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Bundesregierung zur Aufgabe ihrer Blockade eines schnellen Nato-Beitritts seines Landes aufgefordert. «Ich rufe die deutsche Regierung auf, diese Fehler von (Kanzlerin Angela) Merkel aus dem Jahr 2008 nicht zu wiederholen», sagte der Diplomat am Montag in einem Interview der ARD-«Tagesthemen». Es gebe bereits jetzt eine große Mehrheit von Nato-Mitgliedern, die eine schnellere Aufnahme der Ukraine unterstützten.

Beim Gipfel der Militärallianz 2008 in Bukarest hatten Deutschland und Frankreich sich zwar gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine ausgesprochen. Dennoch wurde dem Land eine Beitrittsperspektive gewährt. Kiew hat das Beitrittsziel zum Militärbündnis 2019 in der Verfassung verankert.

Russland ist vor über 16 Monaten auch mit der Absicht in die Ukraine einmarschiert, einen Nato-Beitritt des Nachbarn zu verhindern. Am Dienstag beginnt der nächste Nato-Gipfel in Vilnius, auf dem die Allianz auch über ihr Verhältnis zur Ukraine berät.

+++ Ukrainische Armee kontrolliert wichtige Anhöhen um Bachmut +++

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über wichtige Anhöhen bei Bachmut im Gebiet Donezk von den russischen Truppen zurückerlangt. «In Bachmut halten unsere Verteidiger seit mehreren Tagen die Eingänge, Ausgänge und Feindbewegungen in der Stadt unter Feuerkontrolle», schrieb am Montag Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar bei Telegram.

Der Oberkommandierende der Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj, hatte ebenfalls mitgeteilt, dass die russischen Truppen bei Bachmut zurückgedrängt worden seien. «Der Feind befindet sich in der Falle», hob der Generaloberst hervor. Die stark zerstörte Stadt mit einst über 70 000 Einwohnern war im Mai nach monatelangen Kämpfen von russischen Einheiten erobert worden.

In der Ostukraine hat die ukrainische Armee Maljar zufolge seit dem Beginn ihrer Gegenoffensive insgesamt 24 Quadratkilometer befreit. In der Südukraine seien es gut 169 Quadratkilometer. In der vergangenen Woche seien in Summe in beiden Richtungen etwa 14 Quadratkilometer hinzugekommen.

Ukrainische Soldaten mit einem Panzer in der Nähe von Bachmut. (Bild: Reuters)
Ukrainische Soldaten mit einem Panzer in der Nähe von Bachmut. (Bild: Reuters)

+++ Stoltenberg: Noch keine Einigung über Nato-Perspektive für Kiew +++

Die Nato-Mitgliedstaaten haben nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg noch keine endgültige Entscheidung über die Beitrittsperspektive der Ukraine getroffen. Konsultationen über die Bedingungen für den Weg der Ukraine zur Nato-Mitgliedschaft seien weiterhin im Gange, sagte er am Montag in Vilnius nach einem Treffen mit den litauischen Staatspräsidenten Gitanas Nauseda. Weiter betonte Stoltenberg, er sei jedoch sicher, dass die Verbündeten beim Nato-Gipfel eine gute, starke und positive Botschaft haben werden. Das zweitägige Spitzentreffen beginnt am Dienstag in Vilnius.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte zuvor auf Twitter eine angebliche Einigung der Nato-Mitglieder begrüßt, nach der die Ukraine auf vereinfachtem Weg ähnlich wie zuvor Finnland dem Militärbündnis beitreten könne. Demnach hätten die Nato-Verbündeten einen Konsens darüber erzielt, auf den Aktionsplan zur Mitgliedschaft zu verzichten.

Stoltenberg sagte auf Nachfrage dazu nur, dass die 31 Verbündeten noch diskutieren und über genaue Formulierungen verhandeln. Daher werde er nicht näher darauf eingehen.

Nauseda sagte, dass der Verzicht auf den Aktionsplan ein «sehr positiver Schritt nach vorne» sei und den Weg der Ukraine zur Nato vereinfachen werde. «Aber wir brauchen auch ein ganz klares Signal, dass die Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato wirklich möglich ist, wenn die Bedingungen dies zulassen», sagte der litauische Staatschef laut englischer Übersetzung.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. (Bild: Reuters)
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. (Bild: Reuters)

+++ Scholz: Nato-Beitritt Schwedens und EU-Türkei-Frage auseinanderhalten +++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich gegen eine Verknüpfung des Nato-Beitritts Schwedens mit einer Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses mit der Türkei ausgesprochen. Beide Fragen würden nicht miteinander zusammenhängen, sagte Scholz am Montag in Berlin. «Deshalb, finde ich, sollte man das nicht als ein zusammenhängendes Thema verstehen.» Scholz bekräftigte, dass Schweden alle Voraussetzung für einen Nato-Beitritt erfülle. «Ich hoffe, dass es uns bald gelingt, dass Schweden Nato-Mitglied werden kann.»

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor eine Zustimmung zur Aufnahme Schwedens in die Nato überraschend von der Wiederbelebung der vor Jahren auf Eis gelegten Beitrittsgespräche der Türkei zur EU abhängig gemacht. Vor dem Abflug zum Nato-Gipfel sagte Erdogan am Montag in Istanbul an die EU-Länder gerichtet: «Ebnet zunächst den Weg der Türkei in die Europäische Union, danach ebnen wir den Weg für Schweden, so wie wir ihn für Finnland geebnet haben.»

+++ Stoltenberg hofft weiter auf Ja zu Schwedens Nato-Beitritt bei Gipfel +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich trotz neuer türkischer Forderungen zuversichtlich gezeigt, die Türkei beim Nato-Gipfel zur Aufgabe ihrer Blockade eines Bündnisbeitritts von Schweden zu bewegen. «Es ist immer noch möglich, hier in Vilnius eine positive Entscheidung über die schwedische Mitgliedschaft zu haben», sagte er am Montag bei einer Pressekonferenz mit Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda.

«Wir haben keine Gewissheit, wir haben keine Garantien. Aber natürlich haben wir das Momentum des Gipfels mit den Staats- und Regierungschefs hier. Und wir werden dieses Momentum nutzen, um größtmögliche Fortschritte zu erzielen», sagte Stoltenberg.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor eine Zustimmung zur Aufnahme Schwedens in die Nato überraschend von der Wiederbelebung der vor Jahren auf Eis gelegten Beitrittsgespräche der Türkei zur EU abhängig gemacht. Stoltenberg sagte dazu, dass er die Ambitionen der Türkei zu einer EU-Mitgliedschaft unterstütze, aber Schweden die «konkrete Liste von Bedingungen» der Türkei für den Nato-Beitritt erfüllt habe. Auch Nauseda betonte: «Es ist sehr wichtig, dass die Liste mit Forderungen abgeschlossen ist und dass sobald alle Forderungen erfüllt sind, es keine neuen mehr gibt. Ansonsten hätten wir gewisse Zweifel, ob dieses Ziel erreicht werden kann.»

Litauens Staatschef verwies zugleich auf die «strategische Bedeutung» einer Nato-Mitgliedschaft Schwedens für sein Land und das gesamte Baltikum. Auch Stoltenberg betonte mit Blick auf die neuen türkischen Forderungen: «Es ist wichtig, dass wir uns so schnell wie möglich mit den legitimen Sicherheitsbedenken der Verbündeten befassen, die Schweden als Mitglied des Bündnisses sehen wollen.»

Stoltenberg wollte am Montagabend einen letzten Vermittlungsversuch vor dem Nato-Gipfel unternehmen. Dazu hat er in Vilnius ein Treffen mit Erdogan und dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson einberufen.

+++ Kreml bestätigt Treffen Putins mit Prigoschin nach Aufstand +++

Der Kreml hat Berichte über ein Treffen von Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, nach dessen Revolte gegen die Militärführung im Juni bestätigt. «In der Tat hatte der Präsident ein solches Treffen, er hat dazu 35 Leute eingeladen - alle Kommandeure von Einheiten und die Führung des Unternehmens, darunter Prigoschin selbst», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Putin hatte die Wagner-Aufständischen zuvor als «Verräter» bezeichnet.

Zuvor hatten Medien über ein solches Treffen Putins mit Prigoschin berichtet. Seit Tagen hatten Experten international spekuliert über die Zukunft Prigoschins und seiner Wagner-Truppe, die für den Kreml etwa auch in Afrika und im Nahen Osten wichtig ist.

Peskows Angaben nach dauerte die Aussprache drei Stunden und fand am 29. Juni statt - also mehrere Tage nach der gescheiterten Revolte Prigoschins gegen die Militärführung. Während des Gesprächs habe Putin seine Einschätzung sowohl bezüglich der Aktivitäten von Wagner auf dem Schlachtfeld in der Ukraine gegeben als auch während des Aufstands am 24. Juni. Der Kremlchef habe sich aber auch die Version der Wagner-Offiziere zu dem Aufstand angehört.

Am 24. Juni ließ Wagner-Chef Prigoschin, nachdem er Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu einen Angriff auf Militärlager seiner Privatarmee vorgeworfen hatte, die südrussische Stadt Rostow am Don von seinen Einheiten besetzen und setzte zugleich eine Militärkolonne Richtung Moskau in Marsch. Bei ihrem Vormarsch auf die russische Hauptstadt schossen die Wagner-Truppen mehrere Hubschrauber und ein Flugzeug ab; mehrere Besatzungsmitglieder starben. Am Abend gab Prigoschin nach Verhandlungen mit dem Kreml, in denen in Belarus Machthaber Alexander Lukaschenko als Vermittler fungierte, den Rückzugsbefehl.

Obwohl Putin während des Aufstands von Verrat gesprochen hatte, bestätigte der Kreml später einen Kompromiss, der allerdings die Ausreise Prigoschins nach Belarus zur Bedingung hatte. Die Wagner-Söldner sollten dann entscheiden, ob sie ebenfalls ausreisten oder nach der Unterzeichnung neuer Verträge mit dem Verteidigungsministerium weiter an der Seite Russlands in der Ukraine kämpfen. Putin sicherte der Wagner-Truppe auch Straffreiheit zu.

+++ Kiew fordert klare Beitrittsperspektive von der Nato +++

Die von Russland angegriffene Ukraine hat kurz vor dem Nato-Gipfel in Vilnius erneut eine klare Beitrittsperspektive von der Militärallianz gefordert. «Die Ukrainer in der Nato sind der Eckpfeiler der Sicherheit in Europa», schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, am Montag auf Twitter. Kiew werde ohne «aber» und bürokratische Hürden Nato-Mitglied. «Bis dahin: noch mehr Technik, noch mehr Granaten, noch mehr Waffen», forderte Podoljak.

Davor hatte Außenminister Dmytro Kuleba eine angebliche Einigung der Nato-Mitglieder begrüßt, nach der die Ukraine auf vereinfachtem Weg ähnlich wie zuvor Finnland dem Militärbündnis beitreten könne. Eine Bestätigung dafür stand jedoch noch aus.

Das Ziel des Nato-Beitritts ist in der ukrainischen Verfassung seit 2019 verankert. Russland ist vor über 16 Monaten in die Ukraine auch mit der Absicht einmarschiert, den Beitritt des Nachbarn zum westlichen Militärbündnis zu verhindern. Am Dienstag beginnt in Vilnius ein zweitägiger Gipfel der 31 Nato-Mitgliedsstaaten, bei dem unter anderem über das Verhältnis zur Ukraine beraten werden soll.

+++ Kreml warnt vor Nato-Aufnahme der Ukraine: «Gefahr und Bedrohung» +++

Der Kreml hat mit Gegenmaßnahmen Russlands im Fall einer Aufnahme der Ukraine in die Nato gedroht. Ein Nato-Beitritt der Ukraine wird «sehr negative Folgen für die gesamte und ohnehin schon halbzerstörte Sicherheitsarchitektur Europas haben und eine absolute Gefahr und Bedrohung für unser Land darstellen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Ein solcher Schritt würde von russischer Seite eine «ziemlich harte und verständliche Reaktion erfordern», fügte Peskow hinzu.

Der Kreml wisse, dass vor dem Nato-Gipfel am Dienstag und Mittwoch in Litauen derzeit eine lebhafte Debatte unter den Nato-Mitgliedern über einen Beitritt der Ukraine laufe und «dass es dazu verschiedene Standpunkte gibt», sagte Peskow weiter. Das «Kiewer Regime» versuche mit verschiedenen Mitteln «Druck auf alle Beteiligten auszuüben, damit so viele Länder wie möglich im Vorfeld dieses Gipfels ihre Solidarität in dieser Frage demonstrieren».

Beim Nato-Gipfel im litauischen Vilnius werden die 31 Mitgliedstaaten nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen keine Einladung an die Ukraine in das Bündnis aussprechen. Für eine Einladung der Ukraine und konkrete Schritte in Richtung Mitgliedschaft sei der Zeitpunkt noch nicht da, hieß es am Montag in Berlin. Dafür gebe es auch unter den Verbündeten keinen Konsens.

+++ Türkei will Belebung von EU-Beitritt für Schwedens Nato-Aufnahme +++

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat für seine Zustimmung zur Aufnahme Schwedens in die Nato eine Belebung der Beitrittsgespräche der Türkei zur EU gefordert. Vor dem Abflug zum Nato-Gipfel sagte Erdogan am Montag in Istanbul an die EU-Länder gerichtet: «Ebnet zunächst den Weg der Türkei in die Europäische Union, danach ebnen wir den Weg für Schweden, so wie wir ihn für Finnland geebnet haben.»

Die Äußerung kommt überraschend. Bislang hatte Erdogan als Hauptgrund für die Blockadehaltung der Türkei zum Nato-Beitritt vor allem Schwedens aus türkischer Sicht unzureichendes Vorgehen gegen «Terrororganisationen» genannt.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde Anfang April als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen, Schweden fehlte dagegen weiterhin die Zustimmung aus der Türkei und auch aus Ungarn.

Die EU hatte bereits 2005 mit der Türkei Beitrittsgespräche begonnen. Diese wurden allerdings vor einigen Jahren wieder auf Eis gelegt, weil Brüssel inakzeptable Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sah.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. (Bild: Reuters)
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. (Bild: Reuters)

+++ Datenanalyse: Mindestens 47 000 russische Soldaten im Krieg gefallen +++

Mindestens 47 000 russische Soldaten sind nach Berechnungen unabhängiger russischer Medien bisher in Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine getötet worden. Das habe eine Datenanalyse ergeben, die sich auf die Zahl der eröffneten Erbfälle und die Statistik der Übersterblichkeit im vergangenen Jahr stützt, berichtete das an der Auswertung beteiligte Internetportal Meduza am Montag.

In die Verlustzahl nicht eingeflossen sind dabei Vermisste und Schwerverletzte sowie Kämpfer, die in den Reihen der Separatistenmilizen der «Donezker Volksrepublik» und der «Luhansker Volksrepublik» gefallen sind - und keinen russischen Pass besessen haben.

Auf Grundlage der in Russland vermehrt eröffneten Nachlassverfahren für Männer lässt sich laut der Datenanalyse schätzen, dass bis Ende 2022 etwa 22 000 Soldaten gefallen sind und von Jahresbeginn 2023 bis Ende Mai noch einmal weitere 25 000 Soldaten. Die von der Statistikbehörde Rosstat veröffentlichte Zahl der männlichen Übersterblichkeit bestätigt diese These zumindest für 2022. Demnach sind bis zum Ende vergangenen Jahres sogar 24 000 bis 25 000 Russen gefallen. Für 2023 gibt es Zahlen erst im Juni 2024. Russland hatte den Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 begonnen.

Offiziell gibt es keine Statistik zur Anzahl der russischen Gefallenen. Zuletzt hatte das Verteidigungsministerium in Moskau Ende September 2022 den Tod von 5937 eigenen Soldaten eingeräumt. Die Angaben galten schon damals als stark untertrieben.

Auf der Gegenseite werden die Angaben des ukrainischen Militärs, das derzeit von mehr als 230 000 russischen Gefallenen spricht, als Übertreibung betrachtet. Auch für die Angaben westlicher Geheimdienste, die von mehr als 100 000 russischen Kriegstoten sprechen, gibt es keine Belege.

Die von Meduza und anderen Medien nun veröffentlichten Zahlen stützen sich auf Statistiken und auch auf den

Vergleich mit veröffentlichten Todesanzeigen. Die genannte Zahl von 47 000 Toten entspricht mehr als dem Dreifachen der sowjetischen Gefallenen im Afghanistan-Krieg (1979 - 1989) und dem Neunfachen der Kriegstoten auf russischer Seite im ersten Tschetschenienkrieg (1994 - 1996).

+++ SPD-Chef: Nato kann Ukraine nicht aufnehmen, solange Krieg ist +++

Ein Nato-Beitritt der Ukraine vor dem Ende des russischen Angriffskriegs kommt für SPD-Chef Lars Klingbeil nicht in Frage. «Die Nato kann die Ukraine nicht aufnehmen, solange sie im Krieg ist, sonst wären Deutschland und die anderen Bündnisstaaten sofort Kriegspartei», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Montag). Vom Gipfel der 31 Mitgliedstaaten im litauischen Vilnius an diesem Dienstag und Mittwoch werde aber dennoch ein klares Signal der engen militärischen Kooperation mit der Ukraine ausgehen, sagte er.

Es gehe unter anderem darum, die Ausbildung ukrainischer Soldaten zu stärken und schon jetzt die Ukraine an Nato-Standards heranzuführen. Und zur Frage weiterer Waffenlieferungen an die Ukraine versicherte Klingbeil: «Was wir wirklich abgeben können, wird geliefert.»

Ähnlich äußerte sich der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen. «Die Ukraine in der jetzigen Phase des Konflikts aufzunehmen, scheidet aus. Das würde das Bündnis direkt in den Krieg hineinziehen, weil dann nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages die Beistandsverpflichtung fällig wäre», sagte er der «Rheinischen Post» und dem Bonner «General-Anzeiger». Allerdings solle der Nato-Gipfel das Signal aussenden, «dass die Ukraine zur Nato-Familie gehört».

Auch der frühere deutsche UN-Botschafter plädierte dafür, die Ukraine militärisch maximal zu unterstützen. «Wir müssen der Ukraine alle militärischen Mittel zur Verfügung stellen, die das Land braucht, um sich zu verteidigen, sonst hört die Ukraine auf zu existieren.»

Die Ukraine erwartet von dem Gipfel in Litauen «eine klare und deutliche Einladung und Wegweisung zum Nato-Beitritt», wie der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende sagte.

Nach Absatz 6 der maßgeblichen «Studie über die Nato-Erweiterung» müssen Staaten etwaige Territorialstreitigkeiten zunächst friedlich beilegen. «Die Lösung solcher Streitigkeiten wäre ein Faktor bei der Entscheidung darüber, ob ein Staat zum Beitritt zum Bündnis eingeladen werden soll», heißt es. Aus Sicht der Ukraine ist der Verteidigungskrieg auf ihrem eigenen Territorium rein rechtlich gesehen noch kein Hindernis für einen Nato-Beitritt. Der fragliche Absatz 6 schließe dies nicht eindeutig aus.

SPD-Chef Lars Klingbeil. (Bild: Reuters)
SPD-Chef Lars Klingbeil. (Bild: Reuters)

+++ Tote und Verletzte bei Bombenangriff auf ukrainische Stadt Orichiw +++

Bei einem russischen Bombenangriff auf die frontnahe Stadt Orichiw im Süden der Ukraine sind nach offiziellen Angaben mindestens vier Zivilisten getötet und elf weitere verletzt worden. Das Wohnviertel sei während der Ausgabe von humanitärer Hilfe von einer gelenkten Fliegerbombe getroffen worden, teilte der Chef der Militärverwaltung der Region Saporischschja, Jurij Malaschko, am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit. Drei Frauen im Alter zwischen 43 und 47 und ein 47-jähriger Mann seien auf der Stelle getötet worden.

Insgesamt hätten russische Truppen 36 Angriffe auf 10 Ortschaften in der Region durchgeführt. Beschossen worden seien die Siedlungen zumeist mit Raketen und Artillerie. Neben den Opfern in Orichiw sei zudem ein 65-jähriger Mann im Dorf Nowodaniliwka verletzt worden. Das Dorf liegt in unmittelbarer Nähe der Front. Die Ukrainer greifen im Zuge ihrer Offensive in der Region russische Verteidigungsstellungen an.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert inzwischen mehr als 16 Monate. Immer wieder haben russischer Truppen in der Zeit auch zivile Objekte, Städte und Ortschaften beschossen. Die Vereinten Nationen haben bisher mehr als 9000 getötete Zivilisten in dem Konflikt offiziell registriert, die tatsächliche Zahl dürfte aber deutlich höher liegen.

+++ Selenskyj will stärkeren Schutz an Grenze zu Belarus +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei einem Besuch in Luzk im Nordwesten des Landes in der Nähe von Belarus erneut für einen besseren Schutz der Staatsgrenze ausgesprochen. Priorität sei es, die ganze nördliche Grenze zu stärken, alle Regionen dort, sagte er am Sonntag in seiner täglichen Videobotschaft, diesmal aufgenommen an der Burganlage in der Altstadt von Luzk. Selenskyj hatte sich dort nach Besuchen in der Türkei, in Tschechien, der Slowakei und Bulgarien über die Lage informiert.

Auch von dem im Norden gelegenen Belarus waren russische Truppen nach Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert. In Belarus sind Tausende Russen stationiert, die dort Basen überwiegend für die Vorbereitung auf Kampfeinsätze nutzen. Experten halten einen neuen Angriff aus Belarus für aktuell nicht sehr wahrscheinlich. Trotzdem sieht die ukrainische Führung Minsk, das Moskaus Angriffskrieg unterstützt, als Konfliktpartei und als Gefahr.

Selenskyj wollte mit seinem Besuch in der Region in der Nähe von EU- und Nato-Mitglied Polen auch das Sicherheitsgefühl der Menschen stärken. Er dankte in seiner Videobotschaft einmal mehr den Soldaten für die Erfolge auf dem Schlachtfeld. Die Ukraine macht bei ihrer Gegenoffensive zur Befreiung ihrer Gebiete von der russischen Besatzung nach Militärangaben aus Kiew Fortschritte - besonders auch in der östlichen Region Bachmut im Gebiet Donezk.

Zuvor hatte Selenskyj in Luzk auch Polens Staatschef Andrzej Duda getroffen, um bei einem nicht angekündigten Termin der Wolhynien-Massaker vor 80 Jahren zu gedenken. Bei den Massakern in Wolhynien und Ostgalizien zwischen 1943 und 1945 während des Zweiten Weltkriegs ermordeten ukrainische Nationalisten der Aufstandsarmee UPA etwa 100 000 Polen. Sie wollten damals durch einen Aufstand gegen die deutschen Besatzer und die Beseitigung der polnischen Zivilbevölkerung den ukrainischen Anspruch auf das Gebiet untermauern. Die Gewalt in der heutigen Westukraine erreichte im Juli 1943 ihren Höhepunkt.

+++ Deutschland plant «sehr substanzielles» Waffen-Paket für Ukraine +++

Deutschland will der Ukraine beim Nato-Gipfel weitere Waffenlieferungen in größerem Umfang zusagen. Es werde dort «sehr substanzielle» Ankündigungen geben, hieß es am Montag aus deutschen Regierungskreisen in Berlin. Weitere Details wurden nicht genannt. Die Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern, deren Lieferung die Ukraine bereits im Mai beantragt hatte, sollen aber weiterhin nicht geliefert werden. «Da gibt es keine Neuigkeiten zu vermelden, was Taurus angeht», hieß es.

Deutschland ist bereits jetzt zweitwichtigster Waffenlieferant der Ukraine nach den USA. Zuletzt hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Ukraine anlässlich des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin ein Waffenpaket im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt. Darin waren unter anderem 20 weitere Marder-Schützenpanzer, 30 Leopard-1-Panzer und 4 Flugabwehrsysteme Iris-T SLM enthalten.

Bei der Lieferung der Marschflugkörper Taurus ist die Bundesregierung zurückhaltend, weil sie auch russisches Territorium erreichen können. Die Ukraine wünscht sie sich, um Stellungen der russischen Streitkräfte in der Ukraine weit hinter der Frontlinie angreifen zu können.

+++ London: Medizinische Versorgungskrise in Russland wegen Krieg +++

Die hohe Zahl an Verletzten im Angriffskrieg gegen die Ukraine beeinträchtigt nach Einschätzung britischer Geheimdienste die medizinische Versorgung in Russland. «Der Zustrom militärischer Opfer hat wahrscheinlich die normale Bereitstellung einiger russischer zivil-medizinischer Dienste beeinträchtigt, insbesondere in den Grenzregionen zur Ukraine», teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag mit. «Wahrscheinlich sind spezialisierte Militärkrankenhäuser für Verletzungen von Offizieren reserviert.»

Angesichts von 400 Opfern im Durchschnitt pro Tag seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 herrsche eine Versorgungskrise bei der Betreuung verletzter russischer Soldaten. Das Ministerium zitierte den Leiter der Kampfmedizin-Ausbildung des Rüstungsunternehmens Kalaschnikow mit den Worten, bis zu 50 Prozent der Getöteten hätten bei angemessener Erster Hilfe gerettet werden können. Dass Verletzte nur langsam evakuiert und Verbandsmaterial unsachgemäß verwendet werde, sei «eine der Hauptursachen für vermeidbare Todesfälle und Amputationen», hieß es unter Berufung auf Medienberichte.

+++ Ukraine sucht Sorgen vor Streumunition-Einsatz zu zerstreuen +++

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hat versucht, Sorgen vor einem Einsatz von Streumunition im Krieg mit Russland zu zerstreuen. Es gebe einen klaren Plan, sagte Makeiev am Montag im ZDF-«Morgenmagazin». «Wir werden die Streumunition erstens nicht auf dem Territorium Russlands benutzen.» Sie werde zweitens nicht gegen zivile Einrichtungen eingesetzt. Gebiete, die mit Streumunition beschossen werden, würden anschließend bei der Räumung von Minen priorisiert.

Die USA hatten die Lieferung von Streumunition an die Ukraine angekündigt. Einige Nato-Staaten - darunter Deutschland - haben den Einsatz dieser gefährlichen Waffen per internationalem Abkommen geächtet.

Im Zuge des Krieges gegen die Ukraine hat Russland landesweit ukrainische Ortschaften beschossen - darunter auch mit Streumunition. So werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper verstreuen. Umstritten ist sie vor allem, weil ein erheblicher Teil davon nicht detoniert, sondern als Blindgänger vor Ort verbleibt und so die Bevölkerung gefährdet. Zudem sind große Teile der Ukraine inzwischen vermint.

+++ US-Institut: Kritik am Kreml wegen Freilassung der Azovstal-Kämpfer +++

Russische Militärblogger haben ihre Kritik am Kreml für dessen Vertrauen in die Türkei nach der dortigen Freilassung mehrerer Azovstal-Kämpfer und deren Rückkehr in die Ukraine laut US-Experten erneuert. Die Freilassung dieser hochrangigen Offiziere, die Russland zunächst im Kampf um das Stahlwerk Azovstal in Mariupol gefangen genommen und dann in einem Gefangenenaustausch mit der Ukraine an die Türkei ausgeliefert hatte, habe das russische Militärpersonal an der Front verärgert und spalte die russische Gesellschaft weiter, zitierte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem Bericht vom Sonntag (Ortszeit) einen der Blogger.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Azovstal-Kommandeure nach einem Besuch in der Türkei am Samstag zurück in die Heimat gebracht. Der Abmachung zwischen Moskau und Ankara zufolge sollten sie eigentlich bis zum Kriegsende in der Türkei bleiben. Russische Militärblogger hatten solche Gefangenenaustausche, bei denen Azovstal-Kämpfer freigelassen wurden, bereits zuvor kritisiert. Russland hatte am 24. Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Kiew wehrt sich seitdem gegen die Invasoren und erhält dafür militärische sowie finanzielle Hilfe westlicher Staaten.

Ein anderer Blogger schrieb dem ISW zufolge, Russland hätte der Türkei nicht vertrauen dürfen, dass diese sich an die Abmachung um die ausgelieferten Azovstal-Kämpfer halte, da sie ein «historischer Feind» sei. Ein dritter Blogger merkte nach ISW-Angaben an, die Freilassung dieser Azovstal-Kommandeure untergrabe das Ziel Moskaus, die Ukraine zu «entnazifizieren». Moskau hatte die Verteidiger des Stahlwerks während der Kämpfe in Mariupol als «Nazis» bezeichnet.

Zudem schrieb ein Kreml-naher Blogger laut ISW, Moskau hätte diese Freilassung vermeiden können, indem es gar nicht erst den ursprünglichen Gefangenenaustausch 2022 organisiert hätte. Dabei hätten russische Beamte auf unverantwortliche Weise der Freilassung des früheren ukrainischen Politikers Viktor Medwedtschuk - dem Taufpaten eines der Kinder von Russlands Präsidenten Wladimir Putin - aus ukrainischer Gefangenschaft Vorrang eingeräumt.

+++ Polens Geheimdienst nimmt weiteren mutmaßlichen russischen Spion fest +++

Polens Geheimdienst hat einen weiteren mutmaßlichen russischen Agenten festgenommen. Der Verdächtige habe militärische Objekte und Häfen ausgespäht, schrieb Innenminister Mariusz Kaminski am Montag auf Twitter. Dies sei die 15. Festnahme im Rahmen der Ermittlungen gegen einen russischen Spionagering in Polen.

Nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen ukrainischen Staatsbürger, der seit 2019 in Polen lebt. Für seine Tätigkeit wurde er laut Kaminski regelmäßig von den Russen entlohnt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen ihn wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Tätigkeit für einen fremden Geheimdienst zum Schaden Polens.

Bereits Ende Juni hatte Polens Geheimdienst einen russischen Eishockey-Profi festgenommen, der ebenfalls Mitglied des Spionagenetzwerks gewesen sein soll. Die Gruppe soll unter anderem das polnische Eisenbahnnetz ausgespäht haben. Das EU- und Nato-Land Polen ist das wichtigste Drehkreuz für die Lieferung westlicher Militärhilfe für die Ukraine, die sich seit gut 16 Monaten gegen eine russische Invasion verteidigt.

VIDEO: Streubomben für die Ukraine: auch aus der EU kommt Kritik