Ukrainekrieg und ein wütender Jesus: So aktuell sind die Passionsspiele in Oberammergau

Die Passionsspiele sind zurück in Oberammergau - Corona-bedingt mit einer zweijährigen Verspätung. Traditionell zeigt das bayerische Alpendorf einem Pestgelübde aus dem Jahr 1633 folgend alle zehn Jahre " das Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen" Jesu Christi.

Eine 2000 Jahre alte Geschichte - und immer noch von großer Aktualität. Die neue Inszenierung präsentiert einen streitbaren, wütenden Jesus, der zum gewaltlosen Widerstand aufruft und mitunter an der Menschheit verzweifelt.

Darsteller Frederik Mayet, der auch Pressesprecher der Passionsspiele ist, schlüpft nach 2010 bereits zum zweiten Mal in die Rolle. Jesus, meint er, müsste eigentlich noch viel lauter sein. "Und er müsste noch viel mehr gehört werden. Weil wir haben natürlich ganz viel über den Krieg in der Ukraine gesprochen, über Putin und was er da macht und vorhat und wie viel Macht der Einzelne hat. Das ist natürlich topaktuell."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der ebenso wie zahlreiche andere Prominenz aus Politik und Gesellschaft am Premierenabend dabei war, zeigt sich schon in der Pause beeindruckt von Christian Stückls neuer Inszenierung. "Das ist die Geschichte aller Geschichten", sagte er. "In schwerer Zeit wird die Passion dieses Jahr besonders eindrücklich werden."

Spielleiter Christian Stückl, der die Passionsgeschichte zum vierten Mal inszeniert, hat den Text modernisiert und von antisemitischen Tendenzen befreit. Was bleibt, sei die prägnante asbolut aktuelle Botschaft des Stücks, findet er. "Der eine Satz von Jesus, der auf dem Ölberg kommt: Wer das Schwert ergreift, wird durch das Schwert umkommen. Da glaube ich fest dran. Also es hat noch nie irgendwie für eine kriegerische Auseinandersetzung, noch nie haben Waffen Frieden gebracht. Also das passiert nicht.

Und ich glaub, dass am Ende vielleicht doch, die Botschaft mag unsinnig wirken, wenn dir jemand auf die linke Wange schlägt, halt ihm auch die rechte hin. Und das hilft den Menschen in der Ukraine jetzt grad auch nicht weiter. Aber Krieg kann es nicht sein."

Insgesamt wirken rund 2100 Einheimische mit, mehr als ein Drittel der 5200 Einwohner des Dorfes, darunter auch Kinder von Geflüchteten und nicht-christliche Darsteller. Spielen darf, wer im Ort geboren ist oder seit 20 Jahren dort lebt. Zu sehen sind die Passionsspiele noch bis zum 2. Oktober.