"Verlogen": Kevin Kühnert teilt bei Illner gegen CDU-Vize Linnemann aus

Kevin Kühnert (Bild) hält nichts von Carsten Linnemanns Plänen für eine Steuerreform: "Nach den Entscheidungen, die Sie mitgetroffen haben und so, wie Sie sich verhalten haben im deutschen Bundestag, können Sie sich diese Krokodilstränen sparen." (Bild: ZDF)
Kevin Kühnert (Bild) hält nichts von Carsten Linnemanns Plänen für eine Steuerreform: "Nach den Entscheidungen, die Sie mitgetroffen haben und so, wie Sie sich verhalten haben im deutschen Bundestag, können Sie sich diese Krokodilstränen sparen." (Bild: ZDF)

Die Menschen in Deutschland leiden zunehmend unter den steigenden Preisen. Mögliche Lösungen wollte man bei "maybrit illner" im ZDF finden. Vor allem Kevin Kühnert (SPD) und Carsten Linneman (CDU) präsentierten dabei jedoch sehr unterschiedliche Ansätze - und gerieten aneinander.

Zwar mag die offizielle Inflationsrate zurückgegangen sein - die "gefühlte Inflation", so teilte der Kreditversicherer Allianz Trade zu Beginn der Woche nach einer Analyse mit, sei jedoch nach wie vor enorm. Dass etwa die Lebensmittelpreise verglichen mit dem Vorjahr um zuletzt 14,9 Prozent gestiegen, die Reallöhne aber niedriger als 2015 sind, lässt viele Menschen die tatsächlich ermittelte Teuerungsrate von 6,1 Prozent als deutlich höher empfinden. Was nun zu tun ist, damit der Wocheneinkauf den Menschen hierzulande kein Loch mehr in den Geldbeutel reißt, stand am Donnerstagabend bei "maybrit illner" zur Debatte. "Wird Deutschland immer ärmer?", wollte die ZDF-Talkerin von ihren Gästen wissen, die sich ob dieser Frage letztlich vor allem hitzige Wortgefechte lieferten.

Allen voran SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und der stellvertretende CDU-Parteivorsitzende Carsten Linnemann stritten sich heftig. "Dürfen wir uns ganz kurz raufen? Weil es so schön ist, aber weil es auch richtig ist", fragte Kühnert die Gastgeberin, als Linnemann eine grundlegende Steuerreform zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen vorschlug. Ohne Illners Antwort abzuwarten, polterte der SPD-Mann in Richtung Linnemann los: "Ich kaufe Ihnen das überhaupt nicht ab. Nach den Entscheidungen, die Sie mitgetroffen haben und so, wie Sie sich verhalten haben im Deutschen Bundestag, können Sie sich diese Krokodilstränen sparen."

Das grundsätzliche Problem liege Carsten Linnemann zufolge bei der Einführung des Bürgergeldes. (Bild: ZDF)
Das grundsätzliche Problem liege Carsten Linnemann zufolge bei der Einführung des Bürgergeldes. (Bild: ZDF)

Linnemann schießt gegen Kühnert: "Das Problem haben Sie geschaffen"

Linnemann singe nun "ein großes Lied für die Leute mit den kleinen Einkommen und den Mittelstand", verschweige aber gleichzeitig seine fehlende Zustimmung - und die der Union - zur Erhöhung des Mindestlohns im Bundestag. "Sie hätten die Möglichkeit gehabt, etwas für sechs Millionen Menschen zu machen, die wirklich hart arbeiten gehen und sehr wenig nach Hause bringen", wetterte Kühnert weiter. "Sie haben sich dem aber verweigert. Stattdessen stellen Sie irgendwo in weiter Ferne eine Steuerreform ins Schaufenster, die jetzt im Moment niemandem etwas bringt." Entsprechend sei die Forderung Linnemanns "verlogen", befand Kühnert - und forderte: "Sie müssen Stellung beziehen: Was wollen Sie für diese Leute machen? Was haben Sie gemacht?"

Auskunft darüber gab der CDU-Vize nicht. Stattdessen erklärte Linnemann: "Das Problem haben Sie geschaffen mit der Einführung des Bürgergeldes." Kühnerts Einwurf, dass der Niedriglohnsektor bereits vor der Einführung des Bürgergeldes existiert habe, ließ er nicht gelten: "Natürlich war der vorher da, aber bei einer Familie mit zwei Kindern muss man heute 18, 19 Euro Mindestlohn haben, um davon zu leben."

Was der Unionspolitiker mit dieser Aussage implizierte, rief Julia Friedrichs auf den Plan. "Da unterstellen Sie ja den Menschen, die für wenig Geld arbeiten, dass die immer im Kopf haben: 'Oh, ich höre auf zu arbeiten und kassiere dann das Bürgergeld'", ärgerte sich die Journalistin und Filmemacherin. Dies entspreche "überhaupt nicht der Realität".

Auch Journalistin Julia Friedrich (Bild) diskutierte in Maybrit Illners Runde leidenschaftlich mit. (Bild: ZDF)
Auch Journalistin Julia Friedrich (Bild) diskutierte in Maybrit Illners Runde leidenschaftlich mit. (Bild: ZDF)

Sind Pauschalhilfen der richtige Ansatz?

Auch an anderer Stelle gerieten Kühnert und Linnemann aneinander. So bemängelte Linnemann das sogenannte "Gießkannenprinzip", das die Ampelkoalition bei allen Entlastungsmaßnahmen der vergangenen Jahre angewandt habe. "Bei allen Hilfsinstrumenten haben wir immer alle bedacht", kritisierte der Oppositionspolitiker. Stattdessen forderte er, die Entlastungspakete gezielt an jene Menschen zu richten, die darauf angewiesen seien. Ansonsten, warnte Linnemann, "werden wir weiter jedes Jahr 100 Milliarden Schulden machen".

Kühnert selbst räumte daraufhin ein, wenig von Pauschalhilfen zu halten. Trotzdem gebe es dem 33-Jährigen zufolge bislang kein adäquates Instrument, um einen bestimmten Betrag nur unter einer gewissen Einkommensgrenze auszuzahlen. Aus Zeitgründen wäre somit die Verteilung mit der Gießkanne die richtige Lösung gewesen. "Die Leute hätten Pflaumenpfingsten noch keine Energiepauschale gehabt", erklärte der SPD-Mann. Die Leute warten zu lassen, "bis die Regierung sich ausgekekst hat", sei ebenfalls nicht der richtige Ansatz.

Auf eine Lösung konnte man sich - wie so oft an diesem Abend - letztlich nicht einigen: Während Kühnert vorschlug, an anderer Stelle "rückholende Verteilungsgerechtigkeit wiederherzustellen", sprach sich Linnemann dafür aus, "einfach die Steuererklärung eines jeden" heranzuziehen und die dortige Einkommenshöhe als Orientierung heranzuziehen.