Vermieten statt Rumstehen: So verdient mein Auto Geld
Köln (dpa/tmn) - Im Schnitt wird ein privater Pkw nur eine Stunde lang am Tag bewegt. Die restlichen 23 Stunden verbringt er nach Angaben des Umweltbundesamts im Ruhezustand. Beste Voraussetzung also für Carsharing. Das bieten professionelle Plattformen auch für ganz normale private Autos an. Wie geht das?
Wie funktioniert das Vermieten über eine Plattform?
Wer sein eigenes Auto vermieten will, kann sich hierzu auf Plattformen wie Getaround oder Snappcar anmelden. «Diese Anbieter ähneln Vermittlungsplattformen für Privatunterkünfte wie etwa Airbnb», erklärt Philipp Mathey vom Automobil-Club Verkehr (ACV).
Sowohl Mieter als auch Vermieter müssen sich dort als Nutzer registrieren und legitimieren. Mieter können anschließend über verschiedene Filter wie Ort oder Zeitraum der Wunschanmietung ein für sie passendes Angebot auswählen.
Kostet die Anmeldung Geld?
Nein. Der Plattformanbieter verdient sein Geld durch eine Provision am Vermietungspreis, den der private Fahrzeuganbieter selbst festlegen kann. «Snappcar etwa berechnet eine Servicegebühr von 8 Prozent und erhält eine Versicherungsgebühr von 12 Prozent», so Mathey. Bei einer Tagesmiete von 50 Euro blieben dem Vermieter also 40 Euro, der Plattformbetreiber bekäme 10 Euro.
Kann jedes Auto dort angeboten werden?
Nein. Die Kriterien bestimmt aber der Plattformbetreiber. In jedem Fall muss das Fahrzeug auf den Anbieter zugelassen und versichert sein und über eine gültige Hauptuntersuchung verfügen.
Bei Getaround etwa darf ein Fahrzeug nicht mehr als 200.000 Kilometer gelaufen und älter als 15 Jahre alt sein, teilt der Anbieter mit. Snappcar akzeptiert auch ältere Fahrzeuge.
Wo liegen die Vorteile eines privaten Carsharings?
Ein Vorteil ist nach Ansicht des Auto Club Europa (ACE) das Schonen von Ressourcen. «Wenn mehr Menschen Carsharing nutzen, werden langfristig weniger Fahrzeuge benötigt und müssen damit auch gar nicht erst hergestellt werden», sagt Jeannine Ulm vom ACE.
Ein ganz praktischer Vorteil für Mieter privater Fahrzeuge sei zudem die Auswahl. «Man bekommt so auch mal ein außergewöhnlicheres Fahrzeug, wie einen Cabrio, Geländewagen, Young- oder Oldtimer.» Allerdings sei die Auswahl regional sehr unterschiedlich.
Wie funktioniert das mit der Versicherung?
Mit der eigenen Versicherung funktioniert eine Vermietung nicht. «Eine private Kfz-Police deckt so ein Geschäftsmodell nicht ab», sagt der ACE. Daher wird der Wagen für die Zeit der Vermietung über die Plattform versichert. Man sollte aber in jedem Fall die eigene Versicherung darüber informieren.
Ist das Mieten über diese Plattformen günstiger?
Nein, nicht unbedingt. Der ACV hat in einer Stichprobe für einen Mietzeitraum von zwei Tagen in einer Großstadt Preise zwischen 73 und 116 Euro ermittelt, inklusive 400 Freikilometern.
Zum Vergleich: Bei den gängigen Mietwagen-Anbietern starten die Preise für denselben Zeitraum und Ort für einen Kleinwagen mit 500 Freikilometern bei 70 Euro.
Wie verhält es sich steuerlich?
Diesen Punkt sollten Vermieter im Auge behalten. Warum, erklärt Alexander Schnaars vom ADAC: «Bei der privaten Vermietung eines Autos oder Wohnmobils gilt eine steuerliche Freigrenze von 256 Euro pro Jahr. Übersteigen die Einkünfte aus der Vermietung diese Freigrenze, müssen diese komplett versteuert werden.»
Wo liegen eventuelle Fallstricke?
Die Fahrzeuge sind nicht zwingend verfügbar. Es erfolgt zunächst nur eine Anfrage über die Plattform beim Fahrzeuganbieter. «Der entscheidet dann, ob er seinen Wagen für den gewünschten Zeitpunkt hergeben kann. Man kann ein Auto also nicht sofort verbindlich buchen», sagt Philipp Mathey.
Daneben gibt es dem ACV zufolge immer wieder negative Erfahrungsberichte rund um die Abwicklung von Versicherungsschäden. «Vermieter berichten etwa von Problemen, den Selbstbehalt des Mieters einzutreiben», so Mathey.
Wie funktioniert das mit Strafzetteln?
Da es für die Zeit der Vermietung eine verbindliche Vereinbarung gibt, kann der Fahrzeughalter mögliche Knöllchen weiterreichen. Dazu muss er auf dem Anhörungsbogen den tatsächlichen Fahrer angeben, die Behörde wendet sich daraufhin an diesen. Wer sein Fahrzeug allerdings auch für Fahrten ins Ausland vermietet, sollte aufpassen.
«In vielen anderen Ländern gibt es die Halterhaftung», sagt Jeannine Ulm. Kommt es zu Geschwindigkeitsverstößen, wird dort automatisch der Fahrzeughalter zur Rechenschaft gezogen. Der ACE rät daher dazu, auch für diesen Fall eine entsprechende Haftungsverpflichtung schriftlich zu fixieren.
Worauf sollte man achten, wenn der Wagen übernommen wird?
Vermieter und Mieter sollten den Wagen gemeinsam auf Vorschäden prüfen und den Zustand protokollieren, rät der ACE. Denn: «Die Fahrzeuge im privaten Carsharing sind manchmal deutlich älter als in der gewerblichen Vermietung oder im Sharing», so Jeannine Ulm.
Gleichzeitig aber sei das Intervall zwischen zwei Hauptuntersuchungen größer als bei gewerblichen Angeboten: Die müssten jährlich zur HU, private Fahrzeuge hingegen nur alle drei Jahre.
Wie gut ist das Angebot?
Eher dürftig und regional sehr unterschiedlich, so zumindest die Einschätzung einiger Verkehrsclubs. Der ACV registrierte bei einer Stichprobe «eine bundesweit überschaubare Menge zur Anmietung bereitstehender Fahrzeuge» und spricht von einem «Nischenangebot».
Der ADAC hat aus den Reihen seiner Mitglieder nur wenig Rückmeldungen zu privaten Carsharing-Angeboten. «Offensichtlich werden diese Angebote nicht allzu häufig genutzt», so die Einschätzung.
Der ACE begrüßt grundsätzlich Möglichkeiten, Autos zu teilen, «da sie helfen, individuelle Mobilität herzustellen und den ÖPNV flexibel ergänzen können.»
In Deutschland sind vor allem zwei Anbieter bekannt: Getaround kommt aus den USA und ist in Europa in sieben Ländern vertreten. In Deutschland hat Getaround eigenen Angaben zufolge rund 2400 Fahrzeuge im Angebot und über 100.000 aktive Nutzer.
Snappcar kommt aus den Niederlanden und ist ebenfalls europaweit aktiv. Der nach wie vor bekannte Anbieter Drivy wurde 2019 von Getaround übernommen.