Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch

Um Deutschlands Kälber steht es nicht gut. Hinter den Kulissen von Milchwirtschaft und Fleischhandel spielen sich traurige Szenen ab, wie eine bittere "ZDF"-Doku zeigt.

Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch
Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch

Die Kunden halten es für eine Delikatesse: Weißes Kalbfleisch kann in der Regel deutlich besser und zu höheren Preisen verkauft als dunkles. Doch das zarte Jungfleisch ist bei weitem nicht so makellos wie es in der Fleischtheke erscheint. Es ist das Ergebnis einer mehr als fragwürdigen Tieraufzucht, bei der vor allem männliche Kälber die Leidtragenden sind. Wie also steht es wirklich um Deutschlands Kälber? "ZDFzoom" ist dieser Frage auf den Grund gegangen.

Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch
Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch

"Wegwerfkälber" - so lautet der bittere Titel der Dokumentation von Katarina Schickling, die das ZDF am Mittwoch, 14. Oktober, um 22.45 Uhr, erstmals zeigt. Ein grausamer Begriff, der den Nagel aber auf den Kopf trifft. Bereits im Juli hatte der Filmemacher Edgar Verheyen in seinem Film "Die Story im Ersten: Tiertransporte gnadenlos - Viehhandel ohne Grenzen" Missstände im Umgang mit männlichen Rindern aufgedeckt. Doch auch hierzulande geht es Kälbern nach ZDF-Recherchen oft alles andere als gut.

Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch
Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch

Der Grund wird in dem einmal mehr erschreckenden Beitrag erklärt: Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie ein Kalb pro Jahr zur Welt bringen. Doch handelt es sich dabei um einen männlichen Nachkommen, so sei das für viele Landwirte "störend", heißt es in einem Begleittext zum Film: Gerade einmal 50 Euro bekäme man demnach für ein Bullenkalb.

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Allein dessen Aufzucht sei jedoch deutlich teurer. Um zumindest etwas zu verdienen, setzen immer mehr Landwirte nach Informationen der Filmemacherin statt natürlicher Kuhmilch einen sogenannten "Milchaustauscher" für die Mast ein. Das Gemisch aus Milcheiweiß und Palmöl sorgt für die begehrte helle bis weiße Fleischfarbe. In der Folge lassen sich auch die Schnitzel besser verkaufen.

Eisenmangel für mehr Geld

Für die Tiere birgt dieser Stoff jedoch ein Gesundheitsrisiko, wie das ZDF aufzeigt: Denn auch im fortgeschrittenen Alter, in dem Kälber normalerweise Gras, Heu oder Stroh fressen sollten, bekommen die jungen Bullen weiterhin den Milchaustauscher. Somit fehlt ihnen das nötige Eisen, welches das Fleisch natürlicherweise rot färben würde.

Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch
Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch

Prof. Thomas Wittek von der Uniklinik Wien hat festgestellt, dass tatsächlich viele Kälber auf Schlachthöfen unter Eisenmangel leiden. Sein Fazit: "Wenn der Verbraucher ein dunkles Kalbfleisch akzeptiert, wären wir das Problem mehr oder minder los." Doch es gibt noch andere, artgerechtere Aufzuchtmethoden, die der Film zeigt: Eine Möglichkeit wäre eine muttergebundene Kälberaufzucht. Dabei blieben die Jungtiere zumindest für ein paar Wochen bei ihren Müttern.

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In Deutschland beträfe dies aber nur noch 15 Prozent aller Milchkühe. Neue Anstöße kommen indes von Kerstin Barth. Die Ökologin vom Thünen-Institut in Westerau stellt junge Bullen auf die Weide, wo sie sich von Gras ernähren. Dies sei artgerechter, selbst wenn die Kälber am Ende weniger zunähmen. Ob sich dieses Modell jedoch auch ökonomisch rechnet, steht noch in den Sternen.

Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch
Verwerfliche Delikatesse: Das düstere Geschäft mit dem weißen Kalbsfleisch

Es ist ein erneuter düsterer Blick, den die Doku auf die deutsche Milchwirtschaft und die daran angebundene Fleischwirtschaft wirft. Die tatsächlichen Ausmaße der Tragödie, die auf dem Rücken zahlreicher Kälber ausgetragen wird, dürfte vielen Verbrauchern dabei gar nicht bewusst sein.

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