Vor Volkszählung in Montenegro: Serbien will Einfluss geltend machen

In Montenegro steht eine Volkszählung bevor. Die Einwohner des Adriastaates sollen erklären, welcher Nationalität sie sind, welcher Religion sie angehören und welche Sprache sie sprechen.

Eine starke Minderheit der Bevölkerung könnte sich am 3. Dezember für serbisch erklären. Offiziellen Angaben zufolge leben in dem Land 45 Prozent Montenegriner und 28 Prozent Serben.

Serbien nimmt Einfluss auf Volkszählung

"Der serbische Präsident Vučić sagte im Fernsehen, die Volkszählung in Montenegro sei äußerst wichtig für die Interessen Serbiens. Stellen Sie sich vor, ein kroatischer oder montenegrinischer Präsident würde so etwas über eine Minderheit in Serbien vor einer dortigen Volkszählung sagen. Das wäre schon sehr seltsam", so der Montenegriner Nikola Rakočević, Angeordneter der Partei DPS im Parlament des Landes.

Beobachter vermuten, dass Belgrad damit Druck auf in Montenegro lebenden Serben ausüben will, damit die sich für serbisch erklären. Montenegriner und Angehörige anderer Nationalitäten, wie Albaner und Kroaten, zeigen sich alarmiert.

"Entlang der Straßen an der Meeresküste wurden Werbetafeln angebracht, die die serbische Identität fördern sollen. Die Behörden in Montenegro gehen davon aus, dass mehr als 50 Prozent der Bürger erklären werden, dass sie die serbische Sprache sprechen, was dazu führen könnte, dass diese wieder als Schul- und Verwaltungssprache eingeführt wird", berichtet Slaven Dimitrić für Euronews Serbien.

Sprache kein Kriterium für Nationalität?

Den offiziellen Angaben zufolge spricht selbst ein Teil der Montenegriner im Land serbisch. So sind Kritiker der Meinung, dass in Montenegro die Sprache kein sicheres Zeichen für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nationalität sein kann.

"Diejenigen, die gegen das Referendum waren, die serbienfreundlichen Partien, sind nun an der Macht und nutzen die Volkszählung als Gelegenheit, ihre Argumentation zu stärken. Sie versuchen, Einfluss auf die Stellung der serbischen Sprache und Nationalität im Land zu nehmen", sagt Miroslav Doderović, Professor an der philosphischen Fakultät an der Universtität von Podgorica.

Montenegro hatte im Jahr 2006 die Föderation mit Serbien aufgekündigt. Durch die Wahlen im Jahr 2023 wurde die Mehrheit der Montenegriner im Parlament entmachtet.