Wenn Rapper sich mit Politikern zoffen – ein Rückblick

Farid Bang sorgte in letzter Zeit nicht nur mit seiner Echo-Auszeichnung für Aufregung. (Bild: Getty Images)
Farid Bang sorgte in letzter Zeit nicht nur mit seiner Echo-Auszeichnung für Aufregung. (Bild: Getty Images)

Hip-Hop und Politik verstehen sich nur selten gut, dass Rapper sich öffentlich mit bestimmten Politikern anlegen, passiert jedoch auch nicht alle Tage. Ohne Konsequenzen bleibt das nur in den seltensten Fällen.

Für Farid Bang reiht sich derzeit ein Skandal an den nächsten: Im April wurde er zusammen mit Kollegah mit einem Echo ausgezeichnet – trotz einer als antisemitisch gewerteten Zeile auf deren gemeinsamen Album „Jung, brutal, gutaussehend 3“. Der Musikpreis wurde infolge des daraus entstandenen Eklats abgeschafft, die Rapper verloren den Vertrag mit ihrer Plattenfirma Bertelsmann Music Group.

Doch der Skandal zieht noch weitere Kreise: Alice Weidel, die Farid Bang damals in einem Tweet als „nichts weiter als einen asozialen Marokkaner“ bezeichnet (in Anspielung auf seinen gleichnamigen Song) und seine Abschiebung gefordert hatte, wird nun von dem Rapper in einem neuen Track angegriffen: Am Montag teilte Bang auf seinem Instagram-Channel ein Studio-Snippet des Songs, in dem Weidel als „Nazi-Bitch“ und „Nutte“ bezeichnet wird, der er das Nasenbein brechen wolle. Die AfD-Politikerin prüfe nun rechtliche Schritte gegen Farid Bang, wie ihr Pressereferent Daniel Tapp gegenüber der Zeitung „Welt“ erklärte.

Bushido vs. Roth, Tören und Wowereit

Mit rechtlichen Schritten nach Politiker-Beleidigungen sah sich unter anderem schon Bushido konfrontiert: In dem 2013 veröffentlichten Song „Stress ohne Grund“ mit Shindy rappte er unter anderem: „Ich will, dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt“ und „Ich schieß auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz.“ In einem schwulenfeindlichen Kontext wird auch der damalige regierende Bürgermeister Berlins Klaus Wowereit erwähnt. Der FDP-Politiker Tören hatte zuvor gefordert, dass dem Rapper sein 2011 verliehener Integrations-Bambi aufgrund angeblicher Verbindungen zum kriminellen Abou-Chaker-Clan aberkannt wird. Grünen-Politikerin Roth bezeichnete Bushido als Antisemiten, da er auf seinem Twitter-Profil eine Karte veröffentlicht hatte, die das Gebiet Israels in palästinensischen Farben zeigt.

Bushido musste sich in der Vergangenheit bereits öfter vor Gericht verantworten. (Bild: Getty Images)
Bushido musste sich in der Vergangenheit bereits öfter vor Gericht verantworten. (Bild: Getty Images)

Mehrere Politiker, unter anderem Wolfgang Bosbach (CDU), Renate Künast und Volker Beck (Die Grünen) verurteilten das Stück als Aufruf zum Mord beziehungsweise Todesdrohung. Der Song wurde 2013 vorübergehend von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert, die Indizierung wurde jedoch 2015 aufgehoben. Klaus Wowereit und Serkan Tören erstatteten Strafanzeige, eine 2013 von der Staatsanwaltschaft Berlin erhobene Anklage wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Gewaltdarstellung blieb jedoch ohne Folgen: Sie wurde mit Verweis auf die Kunstfreiheit abgewiesen. Claudia Roth verzichtete auf eine Anzeige und erklärte gegenüber „Bild am Sonntag“: „Das zeigt mir nur, wie wichtig der Kampf gegen Homophobie, Antisemitismus und übelstes Machogetue ist und bleibt.“

Bushido selbst erklärte im Interview mit dem Fernsehsender „N24“, dass „Stress ohne Grund“ kein Aufruf zur Gewalt sei. „Es ist natürlich provokant. Ich habe die Mittel genutzt, die mir als Rapper zur Verfügung stehen“, so der Musiker. Er schieße „nur mit Wörtern“.

Sookee vs. Beatrix von Storch

Rapperin Sookee ist nicht für ihre Diss-Tracks bekannt, sondern vor allem dafür, dass sie sich gegen Sexismus, Homophobie und Rassismus einsetzt. Dennoch – oder gerade deswegen – fühlte sich Beatrix von Storch von ihrem Song „Q1“ angegriffen. Darin gibt es die Zeile: „Eure Tortendiagramme sollten in der Storch ihr Gesicht landen“ – eine doppeldeutige Anspielung auf Wahlergebnisse einerseits und den „Tortenangriff“ auf die AfD-Politikerin im November 2016. Der Song wurde im Juli 2017 in einem ZDF-Beitrag zum Thema „Hass im Netz“ genutzt, in dem Sookee auch als Expertin auftritt.

Von Storch scheint diesen Beitrag jedoch erst im März 2018 entdeckt zu haben. In einem empörten Tweet an das ZDF bezeichnete sie die Rapperin als „Schranze“ und die Zeile als „Hass“, „Hetze“ und „Aufruf zur Gewalt“.

Konsequenzen hatte die echauffierte Reaktion der AfD-Politikerin nicht – und auch Rapperin Sookee nahm die Sache gelassen:

Barack Obama vs. Kanye West

Dass es manchmal auch die Politiker sind, die Rapper dissen, und nicht umgekehrt, beweist ein Zwischenfall mit Barack Obama: 2009 sagte er vor einem Interview mit dem TV-Sender „CNBC“, dass Kanye West ein „Idiot“ sei. Die Kameras liefen jedoch schon und bald war der Clip überall im Internet zu sehen. West hatte wenige Tage zuvor bei den MTV Video Music Awards die Bühne gestürmt, als Taylor Swift den Preis für das beste Musikvideo entgegennahm. „Diese junge Frau wirkt wie eine sehr nette Person. Sie kriegt ihren Preis. Was macht er da oben?“, fragte sich der damalige US-Präsident.

Kanye West bandelt neuerdings mit dem Obama-Nachfolger Donald Trump an. (Bild: Getty Images)
Kanye West bandelt neuerdings mit dem Obama-Nachfolger Donald Trump an. (Bild: Getty Images)

West reagierte außergewöhnlich ruhig auf die Beleidigung. Im Interview mit „XXL“ erklärte er: „Obama muss sich um viel wichtigere Dinge sorgen als meine öffentliche Wahrnehmung.“ In einem Ende April veröffentlichten YouTube-Interview mit Charlamagne tha God verriet er jedoch, dass er bis heute enttäuscht sei, dass Obama sich nie bei ihm gemeldet habe, um sich zu entschuldigen, obwohl sie sich persönlich kannten und der Politiker den West Song „Touch The Sky“ bei seiner Amtseinführung gespielt hatte.

In einem Interview mit dem Magazin „The Atlantic Monthly“ aus dem Jahr 2012 verteidigte dieser seine Aussage übrigens: „Er ist ein Idiot. Aber er ist talentiert“, so der Ex-Präsident.

Sister Souljah vs. Bill & Hillary Clinton

Als es 1992 nach der Misshandlung von Rodney King und dem Freispruch der dafür angeklagten Polizisten zu gewaltsamen Unruhen in Los Angeles kam, kommentierte die Aktivistin und Rapperin Sister Souljah, die zu diesem Zeitpunkt ihr einziges Album „360 Degrees Of Power“ veröffentlicht hatte, gegenüber der „Washington Post“: „Wenn Schwarze jeden Tag Schwarze töten, warum sollten wir keine Woche haben, in der wir Weiße töten?“ Bill Clinton, der sich zeitgleich im Wahlkampf um das US-Präsidentschaftsamt befand, kritisierte ihre Aussage scharf: „Wenn man die Worte ‘schwarz’ und ‘weiß’ vertauschen würde, könnte man denken, dass David Duke das gesagt hat.“ Duke war damals führendes Mitglied des Ku-Klux-Klans und gilt als prominentester Neonazi der Vereinigten Staaten.

Sister Souljah war in den vergangenen Jahren vor allem als Autorin aktiv. (Bild: Getty Images)
Sister Souljah war in den vergangenen Jahren vor allem als Autorin aktiv. (Bild: Getty Images)

Sister Souljah bestritt anschließend gegenüber der „Los Angeles Times“, zum Mord aufgerufen zu haben und bezeichnete Clinton als Heuchler. „Es war eine schlechte Ausrede für einen Kandidaten, der Amerika keine substanzielle und umfassende Agenda in Sachen Wirtschaftsentwicklung, Auslandspolitik, Budgetverwaltung oder Gesellschaftspolitik bieten kann. Er hat versucht, weiße Menschen zu verängstigen und sie zum Handeln zu mobilisieren“, so die Rapperin.

Aus dem Zwischenfall entstand in der US-Politik der Begriff „Sister Souljah moment“, der den Augenblick beschreibt, in dem ein Politiker öffentlich extremistische Sichten von Einzelpersonen oder Gruppen ablehnt und sich damit selbst von diesen Positionen distanziert, um in einem besseren Licht dazustehen.

Das war jedoch nicht das einzige Mal, dass Sister Souljah und ein Mitglied der Clinton-Familie aneinandergerieten: In einem Interview mit dem „Time Magazine“ aus dem Jahr 2015 erklärte die Aktivistin zur Kandidatur von Hillary Clinton: „Sie erinnert mich zu sehr an die weiße Frau eines weißen Sklavenplantagenmasters.“ Außerdem sei die Demokratin „herablassend“. Clinton reagierte nicht auf die Vorwürfe.