Wer diese Insel betritt, muss mit dem Schlimmsten rechnen

Das isolierteste Volk der Welt verteidigt sein Territorium mit Gewalt

Der einladende Eindruck aus der Vogelperspektive täuscht (Bild: Nasa)
Der einladende Eindruck aus der Vogelperspektive täuscht (Bild: Nasa)

Schiffbrüchigen erschien diese Insel im Indischen Ozean wie ein Paradies. Bis die mit Pfeil und Bogen bewaffneten Bewohner am Strand erschienen. Die Sentilesen verteidigen mit Gewalt ihren Ruf als das isolierteste Volk der Erde. Zwei Eindringlinge bezahlten die Grenzverletzung mit dem Leben.

Wahrhaft von der Zivilisation abgeschnittene Völker gibt es heutzutage eigentlich nicht mehr. Die große Ausnahme bilden die Sentilesen. Sie bewohnen seit rund 60.000 Jahren die North Sentinel Insel im Indischen Ozean. Besucher gelten den Eingeborenen als Feinde, die mit Speeren oder Pfeil und Bogen vertrieben werden. 2006 wurden zwei Eindringlinge von den Sentilesen getötet. Die indische Regierung, unter deren Kontrolle die Inselgruppe steht, hatte sich lange Zeit um Kontakt zu den Einheimischen bemüht – auch, um auf dem flachen Eiland eine Kokosnuss-Plantage zu errichten. 1996 wurden diese Bemühungen aber aufgegeben, die Insel ist seitdem Sperrgebiet.

Dank seiner Feindseligkeit ist kaum etwas über das Volk bekannt. Experten schätzen die Einwohnerzahl auf nur einige Dutzend Menschen. Ob sie Feuer machen können, in welchen sozialen Strukturen sie leben: ein Geheimnis. Gerade ihre ausgeprägte Verteidigungsbereitschaft könnte den Sentilesen das Überleben gesichert haben. Zahllose Einheimische sind nach dem Kontakt mit europäischen Eroberern allein durch bis dato unbekannte Krankheiten wie Masern oder Grippe dahingerafft worden.

Selbst offenbar weit überlegene Gegenspieler sind vor den Sentilesen nicht sicher. 1981 lief ein riesiger Frachter während eines Taifuns auf dem vorgelagerten Korallenriff auf Grund. Die Einheimischen wurden nur durch die hohen Wellen vom Entern des Stahlkolosses gehindert. Die 33 Besatzungsmitglieder standen Todesängste durch, bis sie gerettet wurden. Nach dem verheerenden Tsunami im Dezember 2004 hatte die indische Küstenwache einen Hubschrauber zu der Insel geschickt, um die dortige Lage zu sondieren. Der Hubschrauber wurde von den Sentilesen mit Pfeilen beschossen.

Die Isolationspolitik der indischen Regierung hat auch Kritiker. Der Ethnologe Vishvajit Pandya sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die Sentilesen dürften nicht zu einem Mythos werden, der ein besonderes Interesse der Außenwelt schüre. „Ein kontrollierter Zugang hingegen würde nicht nur unser Verständnis der eigenen Vergangenheit fördern. Vielleicht würde er auch dazu führen, dass die Sentilesen die Entscheidung über ihre Zukunft selber treffen dürfen“, gab der Experte zu bedenken.

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