Wie man Lügner enttarnen kann
Lügen ist anstrengend und erfordert oft die ganze Aufmerksamkeit
Lügner*innen müssen sich konzentrieren. Denn auch eine erfundene Geschichte sollte logisch aufgebaut sein. Es gilt deshalb, auf Details zu achten. Gleichzeitig darf man aber auch nicht zu viele Details einbauen, die eine Grundlage für Widersprüche bieten könnten. Deshalb sind viele Kognitionsforscher*innen überzeugt, dass es Menschen generell leichter fällt, die Wahrheit zu sagen.
Wer aber Zeit hat, sich vorzubereiten und geübt darin ist, kann eine Lüge genauso glaubhaft erzählen wie die Wahrheit, sagt Aldert Vrij. Er beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema Lügen. Der Psychologe forscht an der Universität Portsmouth und hat viele Studien dazu veröffentlicht.
Zusätzliche Denkaufgaben können Lügner*innen überfordern
Vrij möchte mit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit vor allem Erkenntnisse liefern, die Behörden dabei helfen können, Verdächtige zu überführen. Deshalb drehen sich viele seiner Experimente um polizeiliche Befragungen.
Dabei hat er herausgefunden, dass es eine ziemlich effektive Strategie gibt, um Lügner*innen zu überführen. Sie baut darauf auf, dass eine Lüge kognitiv herausfordernd ist. Vrij schlägt vor, Verdächtige mit "cognitive load" zu überführen – er gibt ihnen also zusätzliche Denkaufgaben.
Gibt es beispielsweise zwei Verdächtige, dann hat sich eines seiner Experimente als besonders effektiv erwiesen: Die beiden Verdächtigen wurden gemeinsam befragt, nur eine Person durfte aber sprechen. Sie wurde unterbrochen und die zweite Person sollte nahtlos fortsetzen. Wenn das Paar lügt, tendiert es sehr viel stärker dazu, Gesagtes zu wiederzuholen und längere Pausen einzulegen.
Eine andere Möglichkeiten für "cognitive load" ist es, Verdächtige zu bitten, den Ablauf einer zuvor erzählten Geschichte rückwärts wiederzugeben. Oder sie erhalten die Anweisung, während der ganzen Befragung Augenkontakt zu halten oder sich ein Nummernschild zu merken.
Vrij ist überzeugt, dass es fast immer möglich ist, Lügner*innen zu überlisten. Im Gespräch mit Unilad sagte er mal: "Unsere Forschung hat gezeigt, dass Wahrheiten und Lügen gleichermaßen plausibel klingen können, solange alle die Möglichkeit haben, sich genau zu überlegen, was sie sagen wollen." Verkürze sich aber die Zeit zum Nachdenken, würden Lügen in den meisten Fällen viel weniger plausibel klingen als die Wahrheit. Dieser Effekt verstärke sich, wenn auch noch "cognitive load" dazukomme.
Schwitzige Hände, zappelnde Hände: Was verrät der Körper?
Und was ist mit Körpersprache? Auch dazu hat Vrij geforscht und schreibt in einem Übersichtsartikel: "Es ist überraschend, wie wenig Körpersprache aussagt."
Lange sei man überzeugt gewesen, dass Menschen zwar kontrollieren könnten, was sie sagten, nicht aber, wie sich ihr Körper verhalte. "Eine verbale Lügendetektion ist aber sehr viel aufschlussreicher." Zumindest im Kontext von polizeilichen Befragungen – darauf bezieht sich der Psychologe ja immer.
Lange ging man beispielsweise davon aus, dass Lügner*innen öfter ihren Blick vom Gesprächspartner abwenden, mit den Händen zappeln oder häufiger schwitzen würden. Das konnte Vrij in seinen Experimenten nicht bestätigen. Stattdessen fand er heraus, dass auch Menschen, die die Wahrheit sagen, während Befragungen ein ganz ähnliches nervöses Verhalten an den Tag legten.
Einen viel stärkeren Unterschied fand er in der Sprache und – das ist für Behörden wichtig: Lügner*innen konnten auch sehr viel öfter überführt werden, wenn ihre Gegenüber auch auf Sprachmuster achteten, anstatt auf die Körpersprache.