Wie "Querdenker" die Hochwasserkatastrophe für eigene Zwecke nutzen

Die katastrophalen Unwetter im Westen und Süden des Landes riefen Rettungskräfte und viel Hilfsbereitschaft im Land auf dem Plan. Ein Teil der Bevölkerung jedoch will das Unglück nun für eigene Zwecke instrumentalisieren - und stört dabei die Krisenhelfer.

AHRWEILER, GERMANY - JULY 19: An aerial view of the damage after severe rainstorm and flash floods hit western states of Rhineland-Palatinate and North Rhine-Westphalia in Ahrweiler, Germany on July 19, 2021. The death toll rises to 164 after the floods in west of Germany Rhineland-Palatinate and North Rhine-Westphalia. (Photo by Abdulhamid Hosbas/Anadolu Agency via Getty Images)
Orte wie Ahrweiler in Rheinland-Pfalz sind besonders vom Hochwasser betroffen - und vermeintliche Helfer nutzen das nun aus (Bild: Abdulhamid Hosbas/Anadolu Agency via Getty Images)

Nach der Corona-Pandemie stürzt sich die "Querdenker"-Szene nun auf die jüngste Katastrophe, die Deutschland heimsucht: Das Hochwasser, das bisher mindestens 170 Menschenleben gekostet und enorme Schäden angerichtet hat.

Der Verschwörungstheoretiker Bodo Schiffmann hat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge knapp 400.000 Euro an Spenden auf seinem privaten Konto gesammelt. Das Geld soll verwendet werden, um eine "Leitstelle" für Fluthilfe im besonders schwer betroffenen Bundesland Rheinland-Pfalz aufzubauen. Auch Aufräumarbeiten mit Großgeräten versprach Schiffmann auf der Spendenseite.

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In Bad Neuenahr-Ahrweiler ist außerdem ein "Familienzentrum" geplant. Kinderbetreuung und professionelle Seelsorge mit speziellen Coaches soll dort geboten werden.

Auch Neonazis sind an den selbsternannten Hilfsaktionen beteiligt. Der Holocaustleugner und rechtsextreme Blogger Nikolai Nerling - ebenfalls beliebter Gast bei "Querdenker"-Demos - postet Videos aus einer der "Leitstellen" in einer Grundschule auf. Er sei mit weiteren Männern in Ahrweiler angereist, um zu helfen, wie er behauptet. Wer es ihm nachtun wolle, solle nachts anreisen, rät er, um nicht von Sicherheitskräften abgewiesen zu werden.

Polizei und Politik warnt vor Falschaussagen und inoffiziellen Hilfsstellen

Denn diese sehen - ebenso wie die Politik - die zweifelhaften Hilfsaktionen alles andere als positiv. Die Kreisverwaltung Ahrweiler warnte auf seiner Facebook-Seite vor der "Eltern stehen auf e.V." - diese hätte keinesfalls offiziell die Kindesbetreuung in der Region übernommen, wie oft fälschlicherweise verbreitet würde.

Die Polizei in Koblenz berichtete auf Twitter außerdem von Fahrzeugen, die den eigenen Einsatzwägen ähneln würden. Über deren Lautsprecher würde die Falschmeldung verbreitet, dass Polizei- und Rettungskräfte die Anzahl der Einsatzkräfte reduziert. Aber die Beamten versichern: "Wir sind ununterbrochen da!"

Wessen Interessen stehen im Vordergrund?

Dass "Querdenker" und andere selbsternannte Helfer tatsächlich das Interesse der Bürger in Not im Sinn haben, steht zur Debatte. Nerling zeigte sich in einem seiner Telegramm-Videos erfreut darüber, dass die offiziellen Einsatzkräfte an ihre Grenzen stießen. "Das ist großartig, weil wir damit endlich in die Selbstverantwortung kommen. Und zeigen können, dass wir diese ganzen BRD-Organisationen gar nicht brauchen", sagt er darin.

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Bodo Schiffmann hatte indes bereits Gelder für die Corona-Krise gesammelt. Diese sollten teils für Klagen gegen die Corona-Maßnahmen verwendet werden, teils allerdings auch als "private Schenkungen" für den eigenen Lebensunterhalt gesehen werden.

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