Wirtschaftsnobelpreisträger befürchtet Euro-Austritt von Italien

Joseph Stiglitz befürchtet den Euro-Austritt von Italien.

Der Euro-Austritt Griechenlands wurde gerade noch so verhindert – zumindest vorerst. Doch Star-Ökonom Joseph Stiglitz meint, dass nun trotzdem ein Austritt drohe. Er glaubt, dass Italien künftig kein Teil der Euro-Zone mehr sein wird.

"Wenn ich mich mit Italienern unterhalte, spüre ich, dass die Menschen dort zunehmend enttäuscht sind vom Euro", so Stiglitz im Gespräch mit der "Welt". Vor allem unter Wissenschaftlern und führenden Politikern sei diese Enttäuschung zu spüren. "Den Italienern wird gerade klar, dass Italien im Euro nicht funktioniert. Das ist für die Italiener emotional wirklich schwierig, und sie haben sich lange geweigert, diese Einsicht zu akzeptieren", fährt der Nobelpreisträger fort.

Die Währungsunion könne ohne weitere tief greifende Reformen nicht funktionieren, meint Stiglitz. Allerdings erwartet er nicht, dass die europäische Politik die noch kriselnde Euro-Zone langfristig retten kann. Denn: Den Mitgliedsländern mangele es an Entschiedenheit, wie etwa die Schaffung einer Bankenunion, oder die Entschiedenheit, eine gemeinsame Einlagensicherung anzugehen.

"Die Entschlossenheit fehlt", sagt der Ökonom. "Mir macht die Geschwindigkeit Sorgen, mit der die Entscheidungen in Europa ablaufen." Zwar würde sich die Politik darauf einigen, was getan werden muss – in der Umsetzung hapere es allerdings. In Europa fehle es an der nötigen Solidarität über Grenzen hinweg. Stiglitz' Prognose: Der gemeinsame Währungsraum werde in den kommenden Jahren zerbrechen.

"Es wird in zehn Jahren noch eine Euro-Zone geben, aber die Frage ist, wie sie aussehen wird. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie immer noch 19 Mitglieder haben wird", so der 73-Jährige. "Es ist schwer zu sagen, wer dann noch dazugehören wird." Neben Italien könnte auch Griechenland austreten, das habe beispielsweise Deutschland bereits akzeptiert.

Bereits in der Vergangenheit hatte Stiglitz Portugal und Griechenland den Austritt aus der Euro-Zone geraten. Sowohl der Euro, aber auch die deutsche Austerititätspolitik mache der Wirtschaftsnobelpreisträger für die wirtschaftlichen Probleme Europas verantwortlich. Sein Tipp: Die Auflösung der Gemeinschaftswährung oder der Bruch in einen Nord-Euro und einen Süd-Euro seien die einzig realistische Option, die lahmende Wirtschaft des Kontinents wieder in Schwung zu bringen.