Wo Politik zum Luxus wird

Und das Netzwerken zeitigte auch Erfolge: Noch 2005, als Angela Merkel noch Kandidatin für die Bundestagswahl war, hatte man sie als Referentin nach Schloss Elmau eingeladen. Es blieb das Versprechen, „mal gemeinsam“ etwas zu machen. Merkel hielt Wort. Als Kanzlerin lädt sie nun in Elmau zum Gipfel der G7.

Schloss Elmau wird den G7-Gifel beherbergen. Auf die Staatsführer wartet ein Wohlfühl-Wochenende vom Feinsten.

Zwei Dinge braucht der Reisende, der Schloss Elmau zum ersten Mal betritt: einen Lageplan und einen Kompass. Was der „Luxury Spa, Retreat & Cultural Hideaway“ mit seinen Anglizismen an Weltläufigkeit erreichen will, löst das Hotel „on the ground“ auch ein – nicht endende Flure für Spaziergänge, zahllose Winkel, Ecken und Séparées verwandeln es auf den ersten Blick in ein wohltuendes Labyrinth. Ein Rückzugsraum, an dem man verweilen möchte und schon ein passender Plot für den G7-Gipfel am 7. und 8. Juni. Dann werden sich die Staats- und Regierungschefs der sieben mächtigsten Nationen in Schloss Elmau treffen und in den kuscheligen Kaminzimmern über den Problemen dieser Welt brüten.

Neben dem Schloss aus dem Jahr 1916 hat das Fünf-Sterne-Plus-Hotel im März dieses Jahres einen Neubau eingeweiht. In diesem „Retreat“ befinden sich auch die Präsidentensuites für die Landesführer. Alle gleich geschnitten, damit keine Meckerei aufkommt. Man will sich ja entspannen. Und nicht auf die Badewanne des Nachbarn schielen, die einen Meter länger ist. Platz genug haben die Suites: Ungefähr doppelt so groß wie eine Vierzimmerwohnung im europäischen Durchschnitt sind sie und weisen jede für sich einen eigenen Wellnessbereich auf; das sollte für die zwei Tage reichen. Rund 40 Millionen Euro kostete der Neubau. Die Suites kommen in sieben verschiedenen Hölzern daher, die Boden, Türrahmen und Schränke verbaut wurden. Die Gäste können zwischen vier verschieden dicken Kissen wählen; die Flipflops sind nicht aus dem gewohnten Frottee, sondern aus gepresstem Schilfblatt.

Da die Politiker keine feste Tagesordnung erwartet und der ungezwungene Gedankenaustausch im Vordergrund stehen soll, wäre da womöglich doch die Chance, das eine oder andere Detail innerhalb der hellen Mauern zu erkunden. Schließlich verfügt Elmau über mehrere Restaurants, Lounges, Bars und Geschäfte. Zwei Bibliotheken locken zum Nachschlagen, ein Konzertsaal bietet Musikalisches – alles im modernen Art déco eingerichtet. Alles schimmert matt in Pastellfarben, zeigt sich in Gold- und Erdtönen. Die Schlossherren dekorieren ihren Prachtbau, so dass er nicht dasteht wie ein mächtiger Klotz – die Größe spürt man zwar, aber Schloss Elmau wirkt wohltuend kleinteilig.

Für den Gipfel mussten keine aufwändigen Umbauten her, keine riesigen Zelte wie seinerzeit beim letzten Gipfel in Deutschland in Heiligendamm an der Ostsee, im Jahr 2007. Ein paar Wege wurden asphaltiert. Breitbandnetze wurden doppelt und dreifach gelegt, damit es ja nicht zu einer Panne kommt, wenn Barack Obama zum Beispiel seine Emails checken will. Und einen Hubschrauberlandeplatz hat man hingelegt; kommen die Staatsgäste allerdings ins Tal zum Hotel heran geflogen, verpassen sie einen tollen Blick.

Denn die Fahrt zum Anwesen fräst sich ins Gedächtnis. Einen engen Waldweg müssen die Gäste passieren, an einer „Mautstelle“ den Wegezoll entrichten und plötzlich, am Fuße des Wettersteingebirges, schiebt sich das Schloss ins Panorama. Ein solider Turm. Alte Fichten. Und Pools. Gleich mehrere gibt es, dazu einen Yoga-Pavillon, Saunen auf mehrere Stockwerke verteilt und „das vielleicht größte und schönste orientalische Hamam westlich von Istanbul“, wie es auf der Website heißt. Keine Frage, dieses Hotel sucht sich seine Gäste nicht unter den Normalverdienern. Zwei Erwachsene blättern für ein Wochenende schon mal 1800 Euro hin, eine gewöhnliche Familienurlaubswoche kostet zwischen 4500 und 7000 Euro. Die Auslastungsquote des Hotels liegt bei 80 Prozent.

Für insgesamt drei Wochen rund um den Gipfel wird Schloss Elmau komplett ausgebucht sein. Einziger Mieter: die Bundesregierung. 180 Gäste hat das Kabinett angemeldet, „zum normalen Preis“, wie Schlossherr Dietmar Müller-Elmau der „Frankfurter Allgemeinen Sonttagszeitung“ verriet. „Ohne Aufpreis.“

Dennoch: Bleibt am Ende die Frage, ob solch ein Schloss der angemessene Ort für einen G/-Gipfel ist – im Schatten sozialer Verwerfungen in allen Ländern der teilnehmenden Staaten. Brauchen Staatenlenker ein „Luxury Spa“ oder einen echten Rückzugsort? Ein Kloster wäre sicher der bessere Ort gewesen. Zwar würden die Kosten nicht unbedingt deutlich geringer ausfallen, denn für Sicherheit müsste allemal gesorgt sein. Aber die symbolische Botschaft, welche „die da oben“ von Schloss Elmau senden, ist desaströs.

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