Zwei Welten bei "Dunja Hayali": Flüchtlingen in Not und Politiker im Wahlkampf

Dunja Hayali besucht die Flüchtlingsunterkunft in Zirndorf. Dort trifft sie auch Familien, die wieder abgeschoben werden sollen nach Ungarn. Doch Ungarn will sie nicht zurück. Foto: ZDF/ Julia Held
Dunja Hayali besucht die Flüchtlingsunterkunft in Zirndorf. Dort trifft sie auch Familien, die wieder abgeschoben werden sollen nach Ungarn. Doch Ungarn will sie nicht zurück. Foto: ZDF/ Julia Held

Nach drei erfolgreichen Sommerstaffeln bekommt Frühstücksmoderatorin Dunja Hayali nun einen festen Sendetermin für ihr Format. “Dunja Hayali” läuft jetzt jeden Mittwochabend um 22.45 Uhr auf dem ZDF. Die erste Sendung beschäftigte sich mit dem Flüchtlingsthema im Allgemeinen. Von Masterplan über Ankerzentren zu Seenotrettung wurde an diesem Abend mit verschiedenen Interviewpartnern und Einspielern alles beleuchtet. Doch die Moderatorin verlor zeitweise die Kontrolle über ihre Gäste was der Live-Sendung gar nicht gut bekam.

In der Vergangenheit hat uns in Deutschland vor allem eins beschäftigt: der Masterplan von Horst Seehofer. Gibt es ihn überhaupt? Was steht denn drin? Was hat das für Konsequenzen? Kann man ihn so akzeptieren? Wie können wir unsere Grenzen schützen? Welche Kooperationen sollten wir eingehen? Und so weiter und so fort. Ein riesiges bürokratisches Gebilde wurde vor dem deutschen Politikverdrossenen aufgebaut und ein enormer Koalitionsstreit entbrannte, damit nun auch der Letzte den Glauben in unsere Regierung verliert.

Die Sendung von Dunja Hayali schafft das Gegenteil: Sie gibt der Flüchtlingsdebatte die Menschen zurück. Keine Bürokratie, sondern persönliche Geschichten, Schicksale und Gefühl. Als erstes besucht Hayali in einem Einspieler die Flüchtlingsunterkunft im fränkischen Zirndorf. Dort herrschen bereits Verhältnisse wie in den angestrebten Ankerzentren. Ankunft, Registrierung, Begutachtungsgespräch, Unterbringung – alles ist an einem Ort. Und es funktioniert. Für Dunja Hayali eine erstaunliche Erkenntnis, die den Ankerzentren erstmal den Duft nach Gefängnis nehmen.

„Wer hat da gelacht?“

Nun will sie das mit ihren Studiogästen besprechen: CSU-Mitglied Peter Ramsauer und die Spitzenkandidatin der Grünen im bayrischen Landtag Katharina Schulze. Ramsauer ist seltener Gast in Talkshows und wird es hoffentlich auch bleiben. Doch seine Kollegin Schulze katapultiert sich ebenfalls ins Aus. Beide betreiben Wahlkampf auf höchstem Nervniveau, beide drehen sich nur im Kreis mit ihren Aussagen. Während Schulze immer wieder betont “Wir haben eine super Verwaltung, super Polizistinnen und Polizisten, super Lehrer und Lehrerinnen..” spricht Ramsauer wiederholt vom “kolossalen Staatsversagen”.

Er möchte den “Rechtstaat wieder herstellen” und fängt in der Sendung gleich damit an. Als ein Zuschauer lacht, fragt er streng in die Runde: “Wer hat da gelacht?” Und Dunja Hayali, statt diesen Zwischenfall galant zu übergehen und ihren Gast Ramsauer nun endlich mal zu einer konkreten, sinnvollen Aussage zu bewegen, geht auf diesen Angriff ein. Sie geht zu dem Zuschauer und sagt dabei noch: “Wir sind ja live, wir sind ja spontan…” Dabei exponiert sie diesen Studiogast in aller Öffentlichkeit. als wäre das nicht schon genug, droht Ramsauer dem Studiogast auch noch ein Vier-Augen-Gespräch an: “Mit dem unterhalte ich mich gesondert. Weil dieses Lachen ist lächerlich!”

Über Tragödie hinweg moderiert

Im nächsten Einspieler besucht die Redaktion Fahima Malek. Sie ist mit ihrer Familie aus Afghanistan über das Mittelmeer geflohen. „Plötzlich gab es einen Ruck und dann ist das Schiff gesunken. Meinem sechsjährigen Sohn war so kalt. Er sagte: Mutter, bitte töte mich“, erzählt Malek. Eine Horrorgeschichte, die es so nur selten im deutschen Fernsehen zu sehen gibt.

Umso erstaunlicher wie Dunja Hayali darüber hinweg moderiert. Der Neffe von Fahima Malek sitzt im Studio. Er kam vor acht Jahren nach Deutschland. Er verlor bei der Überfahrt seinen Vater und drei Geschwister, nun soll er die deutsche Gefühlslage bei der Flüchtlingsthematik einschätzen. Seine Meinung: „Es geht nur darum die Leute loszuwerden und nicht um eine faire Asylgewährung.“

In weiteren Einspielern wird die griechische Insel Lesbos gezeigt. Im Flüchtlingscamp vor Ort sind statt möglichen 3000 Menschen zeitweise 8000 untergebracht. Die Zustände sind menschenunwürdig. Außerdem besucht die Redaktion Borna bei Leipzig. Hier scheint Integration schon gut zu funktionieren. Doch es gibt immer wieder Flüchtlinge, die sich weiterhin ausgegrenzt fühlen und Einheimische, die sich übervorteilt sehen.

Auch die Studiogäste von Dunja Hayali wechseln sehr schnell. Sie spricht unter anderem noch mit Tankred Stöbe von Ärzte ohne Grenzen, mit dem stellvertretenden Bild-Chef Nikolaus Blome und mit der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping. Mit keinem ihrer Gäste gelingt ihr ein wirklicher Erkenntnisgewinn. Dafür tut sich ein weiteres Problem auf: Wenn man in der Flüchtlingsdebatte allein über Schicksale redet, dann gibt es keine adäquaten Lösungen. Alle müssen gerettet werden, alle sollen ein lebenswerteres Leben führen. Nur: Das allein kann Deutschland nicht stemmen. Deswegen sind wir ja überhaupt erst zu den bürokratischen Masterplan-Monstern gelangt, um so eventuell ein menschenwürdiges Ergebnis für Einheimische und Flüchtlinge zu finden.