Trotz Korruption und Sex-Affären: Warum die Italiener Berlusconi wählen

Trotz vieler Skandale: "Polit-Clown" Berlusconi hat bei der Wahl in Italien abgeräumt (Bild: AFP)
Trotz vieler Skandale: "Polit-Clown" Berlusconi hat bei der Wahl in Italien abgeräumt (Bild: AFP)

Der Mann soll korrupt sein und Sex mit Minderjährigen gehabt haben, gegen ihn laufen einige Gerichtsprozesse. Doch die Italiener lieben Silvio Berlusconi und schenkten ihm bei der Parlamentswahl vor einigen Tagen wieder ihre Stimmen. Doch schon Asterix und Obelix wussten: Die spinnen, die Römer. Sind die Italiener geblendet oder hat der Skandal-Politiker tatsächlich etwas zu bieten? Yahoo! klärt auf über das Phänomen Berlusconi.

Als Berlusconi im November 2011 als Ministerpräsident zurücktrat, atmete Europa auf. Die Skandalnudel der europäischen Politik war erstmal weg von der Bildfläche. Doch Berlusconi ist zurück. Nach der Chaos-Wahl vom Montag steht fest: Eine Regierung mit stabiler Mehrheit geht wohl nur mit ihm. Denn keines der beiden politischen Lager hat in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit errungen. Die Mitte-Links-Allianz des Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani sicherte sich zwar im Abgeordnetenhaus knapp die Mehrheit vor Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis. Im Senat aber führt Berlusconi. Überraschend stark ist auch das Lager des ehemaligen Komikers und Politikers Beppe Grillo. Der besonnene Sparer und bisherige Ministerpräsident Mario Monti gilt mit nur etwa zehn Prozent als Wahlverlierer.

Berlusconi ist wieder nah dran an der Macht. Wie kann das sein bei einem Populisten mit einer derart zweifelhaften Vergangenheit? „Der Erfolg Berlusconis bei der Wahl hängt natürlich stark mit der Krise zusammen“, sagt Michael Kreile, Experte für internationale Politik an der Berliner Humboldt-Universität. „Er machte große Versprechungen, platt und schamlos.“ Berlusconi versprach den Italienern das Blaue vom Himmel. Die unbeliebte, von Vorgänger Monti eingeführte Immobiliensteuer sollte wieder verschwinden, Steuerhinterzieher sollten nicht bestraft werden, es sollten vier Millionen Arbeitsplätze entstehen. Eine wunderbare Wunschliste und sicherlich selbst für erfahrene Zauberer wie Harry Potter eine Herausforderung. Die politische Rhetorik sei in Italien „meistens übersteigert und dramatisiert“, erklärt Kreile derlei Beteuerungen vor der Wahl.

Die Angst der Italiener vor dem leeren Geldbeutel nutzte Berlusconi ebenfalls aus. Er hetzte gegen Deutschland und Europa, die Italien zum Sparen zwingen und gegen Vorgänger Monti, der da mitmachte. „Anti-deutsche und anti-europäische Ressentiments“ nennt Kreile das. Noch ein Pluspunkt in so mancher Wählergunst, denn Sparen und von Europa aufgezwungene Regeln wollen nur wenige.

All die Versprechungen und Angriffe auf Europa sind nicht die alleinigen Gründe für den Erfolg des Unternehmers, der zwischen 1994 und 2011 bisher vier Mal Ministerpräsident war. „Für viele Italiener hat Berlusconi noch immer die Aura eines Erfolgsmenschen“, sagt Politikexperte Kreile. Erfolg bedeutet hier wirtschaftlicher Triumph. Berlusconi dominiert die italienische Medienlandschaft, er besitzt Fernsehsender, ist Mehrheitseigner bei bedeutenden Zeitungsverlagen und kontrolliert eine Kinokette. Über dieses Imperium vermittelt er seine Botschaften und preist sich als Heilsbringer. Viele Konsumenten der „Berlusconi-Medien“ informierten sich nicht bei der Konkurrenz und hätten ein eher niedriges Bildungsniveau erklärt Kreile. „Gerade bei der Hausfrau, die viel Fernsehen guckt, erfährt er großen Zuspruch. Die Justizprobleme treten da in den Hintergrund. Sie werden sowieso eher in der gehobenen Presse behandelt“, sagt der Experte.

Trotz des anhaltenden Chaos: Dass Italien in der Krise versackt, glaubt Kreile nicht. Nun müsse die Europäische Zentralbank helfen, dass die italienischen Staatsanleihen nicht zu teuer werden. Italien brauche „eine Regierung in Rom, die glaubwürdig signalisiert, dass sie nicht in grenzenlose Schulden verfällt“. Trotz allem: Silvio Berlusconi mischt dann vermutlich wieder mit auf dem politischen Parkett und wird regelmäßig neue Skandale liefern.