Der rätselhafte Fall Edathy

Die Vorgänge um Sebastian Edathy werfen viele Fragen auf (dpa)

Rückgabe des Mandats, Hausdurchsuchungen, Schweigen der Ermittler: Der Fall des SPD-Politikers Edathy ist undurchsichtig. Er selbst weist den Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie strikt zurück und kritisiert die Staatsanwaltschaft.

Die Vorgänge um Sebastian Edathy werfen viele Fragen auf. Der SPD-Politiker hat sich nach Rückgabe seines Bundestagsmandats und Durchsuchungen seiner Wohnungen und Büros erstmal zurückgezogen. Er weist via Facebook und "Spiegel online" Vorwürfe zurück, Kinderpornografie besessen zu haben, und greift die Staatsanwaltschaft Hannover an. Die schweigt dazu, was sie gegen den langjährigen Abgeordneten konkret in der Hand hat. 

Wie glaubwürdig ist Edathys Erklärung vom Wochenende, er ziehe sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Bundestag zurück? 

Mitglieder der SPD-Fraktion berichten, dass es dem 44-Jährigen seit Monaten nicht gut ging, von akuten Erschöpfungssymptomen war die Rede. Seit Oktober gab es kaum noch neue Mitteilungen auf seiner Internetseite. Auch bekam Edathy nach der Bundestagswahl keinen herausgehobenen Posten in der großen Koalition. Seinen Mitarbeitern bedeutete er frühzeitig, sich etwas Neues zu suchen, eine Mitarbeiterin kam im Umweltministerium unter. In der SPD wähnt man Edathy derzeit in Dänemark. Die Frage ist auch, wann genau die Partei von einem möglichen Verdacht gegen ihn erfahren hat. 

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Gab es einen Zusammenhang mit den Ermittlungen? 

Das ist unklar. Seit Januar war der SPD-Politiker krankgeschrieben, ein offizieller Antrag auf Aufhebung der Immunität lag laut Bundestag nicht vor. Erst nachdem Edathy sein Mandat aufgegeben hatte, kam es zu den Durchsuchungen. Der "Spiegel" berichtet, dass sich Hinweise auf ihn bei Ermittlungen gegen einen Kinderporno-Ring gefunden haben sollen. Laut kanadischer Polizei geht es um ein Online-Portal, bei dem Videos und Bilder mit kinderpornografischen Darstellungen bestellt werden konnten. Die Informationen über mögliche Kunden des Portals wurden an über 50 Länder weitergereicht. Am Mittwoch gab es  in einem weiteren Büro in seinem niedersächsischen Heimatort Rehburg eine Durchsuchung - es war am Montag scheinbar vergessen worden. 

Warum gab es die Razzia? 

Laut Strafprozessordnung ist eine Durchsuchung nur dann zulässig, wenn eine Person "als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist". Also muss es einen begründeten Anfangsverdacht geben. Doch Edathy betont: "Nach mir vorliegenden Informationen wirft mir die Staatsanwaltschaft ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor." Diese weist den Vorwurf zurück, nicht rechtmäßig vorgegangen zu sein. Dass die Lokalzeitung "Die Harke" ein Foto von der Aktion veröffentlichte, hat nun auch Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) auf den Plan gerufen - sie fordert eine Erklärung der Ermittler. 

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Welche Rolle spielt die SPD-Bundestagsfraktion? 

Fraktionschef Thomas Oppermann fordert zwar im Sinne Edathys eine rasche und gründliche Aufklärung. Aber die Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht sprach als erste öffentlich vom Vorwurf auf Besitz von Kinderpornografie - und musste einräumen, dass sie sich nur auf Medienberichte beziehe. Der frühere SPD-Abgeordnete Jörg Tauss, der wegen Besitzes und Weitergabe kinderpornografischen Materials 2010 zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, kritisiert in einem offenen Brief seine früheren Fraktionskollegen scharf und warnt vor Vorverurteilung. "Wie in meinem Fall war übrigens die Presse vor mir von den Büro- und Hausdurchsuchungen informiert." Tauss hatte sich damals mit dem Argument verteidigt, dass er für die Abgeordnetentätigkeit Erkenntnisse über Verbreitung von Kinderpornografie gewinnen wollte. 

Was versteht man unter Kinderpornografie? 

Mit dem Begriff Kinderpornografie wird die strafbare Abbildung von sexuellen Handlungen von, an und vor Kindern unter 14 Jahren bezeichnet. Für das Herstellen, Verbreiten und Vorführen kinderpornografischer Schriften sieht Paragraf 184b des Strafgesetzbuches Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Für den Besitz sind Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren vorgesehen. Zu Schriften zählen dabei auch Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen. 

dpa

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