Geheimnis um antarktische Geisterberge gelüftet

Ein Gebirge unter dem Eis der Antarktis gibt Forschern seit Jahrzehnten Rätsel auf. Wie konnten die Gamburzew-Berge, benannt nach ihrem Entdecker, dem sowjetischen Geophysiker Grigorij Aleksandrovič Gamburzew, unter der Oberfläche entstehen? Wissenschaftler sind dem Geheimnis nun auf den Grund gegangen.

Das Gamburzew-Gebirge gleicht den europäischen Alpen – und ist doch ganz anders. Ähnlich wie die Alpen ist die Bergkette ebenfalls rund 1.200 Kilometer lang. Ihre Gipfel reichen bis in Höhen von etwa 2.700 Metern und fallen wiederum ab in tiefe Bergtäler. Nur ist von all dem rein gar nichts an der Erdoberfläche zu sehen. Die Berge liegen unter dem antarktischen Eis.

Kein Wunder also, dass die sogenannten „Geisterberge“ laut Nachrichtenagentur AFP erst 1958 von dem sowjetischen GeophysikerGrigorij Aleksandrovič Gamburzew entdeckt wurden. Eine Erklärung über die Entstehung des Gebirges ließ bislang allerdings auf sich warten. Rätselhaft mutete vor allem an, dass das Gebirge aufgrund seiner scharfen Kanten von Erosion recht unberührt und damit geologisch relativ jung zu sein schien. Andererseits aber liegen die Gamburzew-Berge inmitten von Festlandskernen auf einem erdgeschichtlich uralten Kontinent, wo die geologischen Veränderungen seit langer Zeit abgeschlossen sind.


Jetzt ist ein internationales Team laut einem Bericht des Fachmagazins „Nature“ dem Geheimnis um die Entstehung der „Geisterberge“ offenbar ein ganzes Stück näher gekommen. Eine Schlüsselrolle bei ihrer „Geburt“ liegt ihrer Meinung nach in einem Netzwerk aus Seen und Gräben im Grundgestein. Darin erkannten die Forscher Eigenschaften ähnlich dem des Ostafrikanischen Grabens. „Das Riftsystem in der Ostantarktis ähnelt einem geologischen Weltwunder, dem Ostafrikanischen Graben“, so  Forscher Fausto Ferraccioli vom British Antarctic Survey (BAS) gegenüber AFP. Diese Erkenntnis sei das fehlende Stück zur Vervollständigung des Puzzles.

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Die Grabenbrüche wurden dank einer zweiten Untersuchung der Gamburzew-Berge zwischen 2007 und 2009 entdeckt. Dabei wurden Magnetfeld- und Gravitationsdaten per Flugzeug gesammelt. So gelangten die Forscher zu einem Ergebnis, das seinen Ursprung bereits vor über einer Milliarde Jahren hat. Damals kam es zu einer Kollision diverser Mini-Kontinente, wodurch an der Stelle des Zusammenpralls eine erste Bergkette entstand.

Die Felsen wiederum brachen unter ihrem eigenen Gewicht zusammen und erodierten über einen sehr langen Zeitraum. Das hatte eine kilometerlange, relativ dicke und schwere Erdkruste an dieser Stelle der Antarktis zur Folge. 

Dieser uralte Gebirgskern bekam vor etwa 250 bis 100 Millionen Jahren vor unserer Zeit erneut die Kräfte der Plattentektonik zu spüren. Das Ergebnis dieses Zerfalls war ein Riss unter der Erdkruste. Dadurch konnte ein Rifttal entstehen, das Ähnlichkeiten mit dem Ostafrikanischen Graben aufweist und dessen Flanken erst von Flüssen, später dann – als die Erde sich enorm abgekühlt hatte – von Gletschern eingeschnitten waren. Vor etwa 34 Millionen Jahren wurden die Berge dann von einer antarktischen, riesigen Eisschicht überzogen, deren Fläche der Kanadas entsprach. Perfekt konserviert konnte sie sich so ihr jugendliches Aussehen bewahren.

Für das Forschungsteam waren die Erkenntnisse äußert lehrreich:  „Wir nahmen immer an, dass die die Bildung von Gebirgen immer auf ein einzelnes, tektonischen Ereignis und nicht auf mehrere Abläufe zurückzuführen ist“, so Carol Finn vom US Geological Survey gegenüber AFP. Die neuen Erkenntnisse über das Gamburzew-Gebirge könnten nun auch bei anderen Studien von Nutzen sein.