Neue Verschwörungstheorie: Camus vom KGB ermordet?

Am 4. Januar 1960 starb Albert Camus im Auto seines Verlegers. Der Sportwagen kam von der Straße ab und krachte gegen einen Baum. Die Polizei ging bisher davon aus, dass ein Reifenschaden in Folge der hohen Fahrgeschwindigkeit die Ursache für den Unfall gewesen war. Jetzt geben Passagen aus einem Tagebuch Raum für neue Spekulationen: Der tschechische Dichter und Übersetzer Jan Zábrana glaubte, dass der Reifen des Wagens vor der Abfahrt manipuliert worden war – und zwar von Gehilfen des sowjetischen Außenministers Dmitrij T. Schepilow.

Neue Verschwörungstheorie: Camus vom KGB ermordet? (Bild: AFP)
Neue Verschwörungstheorie: Camus vom KGB ermordet? (Bild: AFP)

Zábrana hatte seine Tagebuchaufzeichnungen unter dem Titel „Celý život“ veröffentlicht – allerdings fehlten in dem Buch einige Passagen des Originals. Diese enthalten offenbar Spekulationen zum Tod von Camus. Wie der italienische Intellektuelle und Dichter Giovanni Catelli der Zeitung „Corriere della Sera“ mitteilte, hat Zábrana darin folgendes geschrieben: „Ich habe etwas sehr Seltsames aus dem Mund eines Mannes gehört, der viel weiß und sehr gute Quellen hat. Ihm zufolge war der Unfall, der Albert Camus 1960 das Leben kostete, von sowjetischen Spionen geplant“, zitiert der britische „Guardian“ aus dem Tagebuch. „Sie haben einen Autoreifen mit einem Gegenstand versehen, der bei hoher Geschwindigkeit einen Schnitt oder ein Loch in den Reifen machte.“ Die französischen Behörden zweifelten damals nicht daran, dass der Reifenschaden aufgrund hoher Fahrgeschwindigkeit entstanden ist.

Weiter heißt es in Zábranas Tagebuch: „Der Befehl wurde von Schepilow persönlich gegeben – als Reaktion auf einen im März 1957 in „Franc-tireur“ [einem französischen Magazin] veröffentlichten Artikel, in dem Camus [Shepilov] attackierte: Er nannte seinen Namen im Zusammenhang mit den Ereignissen in Ungarn.“ In dem Artikel mit dem Titel „Die Schepilow-Massaker“ hatte sich Camus auf den 1957 in Budapest niedergeschlagenen Volksaufstand gegen die kommunistische Diktatur durch sowjetische Divisionen bezogen.

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Gründe für eine Reifenmanipulation hätte es demnach für Schepilow in der Tat gegeben. Der Antikommunist Camus hatte den Außenminister bereits zuvor mehrmals  öffentlich als Schlächter bezeichnet. Gegen Zábranas Verschwörungstheorie spricht allerdings, dass Camus Autofahrt am 4. Januar 1960 nicht geplant war. Der Schriftsteller wollte angeblich ursprünglich die Bahn nehmen, um nach Paris zu reisen, hatte jedoch das spontane Angebot seines Verlegers Michel Gallimard angenommen, ihn zu chauffieren. Das bereits erworbene Zugticket soll am Unfallort gefunden worden sein.