Schauriges Doppelleben: Arzt war Serienkiller

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges war das von den Nazis besetzte Paris nicht unbedingt ein Ort der Gerechtigkeit. Juden und Mitglieder der Widerstandsbewegung Résistance mussten um ihr Leben fürchten, das plötzliche „Verschwinden“ von Bürgern gehörte zum Alltag und wurde oft nicht weiter verfolgt. Diesen Ausnahmezustand nutzte ein Arzt, um die Spuren seiner tödlichen Leidenschaft zu verwischen. Dr. Marcel Petiot soll als Serienmörder etwa 150 Menschen getötet haben.

Paris sei kein guter Ort gewesen, um sich aufzuhalten, so der Buchautor David King in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. „Viele Menschen versuchten, Paris zu verlassen und viele Menschen verschwanden einfach.“

Von diesem Umstand profitierte der Franzose Marcel Petiot, der zu jener Zeit ein schauriges Doppelleben in Paris führte: Tagsüber praktizierender Arzt, trieb der Mann in seiner Freizeit als Serienkiller sein Unwesen. Mit „Death in the City of Light: The Serial Killer of Nazi-Occupied Paris” verfasste King ein Buch über das Treiben des Verbrechers.

Gesetzestreue sei unter den Nazis nicht üblich gewesen, so King. „Selbst bei einem Verdacht waren die Leute sehr zögerlich, etwas zu unternehmen, besonders, wenn es um Juden ging.“

Die Hilflosigkeit der Juden nutzte Marcel Petiot auf grauenhafte Weise aus: Wie Kings Recherchen und Einblicke in das Pariser Polizeiarchiv ergaben, gab sich Petiot offenbar als Mitglied der Résistance aus und bot den Verfolgten Hilfe an, Paris zu verlassen. Unter diesem Vorwand lockte der angesehene Arzt sie in seine Obhut, um sie auszurauben und dann - offenbar durch Einsatz tödlichen Gases - zu ermorden. Zuvor soll Petiot seine Opfer noch gezwungen haben, Briefe an ihre Verwandten zu verfassen, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass sie wohlauf seien. Die Leichen verbrannte er später in einem Ofen in seinem Keller. Insgesamt soll der Franzose etwa 150 Menschen ermordet haben.

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Lange Zeit konnte der Mann seinen Verbrechen unbehelligt nachgehen. Erst als Nachbarn sich im März 1944 wegen des schwarzen Rauchs, der aus dem Schornstein von Petiots Haus aufstieg, beschwerten, kam man dem Serienmörder auf die Spur. Feuerwehr und Polizei entdeckten in dem Stadthaus Überreste der Opfer Petiots. Petiot wurde verhaftet und zwei Jahre später von einem Gericht wegen mindestens 27 nachgewiesener Morde zum Tode verurteilt. Am 26. Mai 1946 wurde er per Guillotine hingerichtet.


Die Arbeit an dem Buch zum Fall wirkte sich auch auf King persönlich aus: „Ich bin eigentlich eine ziemlich kontaktfreudige Person, aber mittlerweile bin ich wohl etwas zurückhaltender“, so King. „Dr. Petiot schien der netteste Kerl zu sein - charmant, intelligent, freundlich. Man könnte ganz einfach eine Konversation mit so jemandem anfangen…  Ich bin jetzt mehr auf der Hut.“