Kein Sieger bei Merkel gegen Steinbrück- nur Raab gewinnt

Kein Sieger bei Merkel gegen Steinbrück- nur Raab gewinnt

Die Kanzlerin gegen den Herausforderer, Angela Merkel gegen Peer Steinbrück. Das TV-Duell ist Geschichte. Nun stellt sich die Frage: Wer hat das Duell gewonnen, wer konnte entscheidend punkten? Die Antwort: Keiner von diesen beiden. Ein Kommentar von Malte Arnsperger

Die eigentlichen Gewinner des TV-Duells heißen Stefan Raab und die Zuschauer. Stefan Raab, weil er derjenige war, der Leben in die Sendung gebracht hat, der die besten Fragen gestellt hat, der die Kandidaten - speziell Peer Steinbrück - auch mal aus ihrem Korsett gezwängt hat.  Kostprobe: Raab stellt seine letzte Frage an den SPD-Kandidaten und will wissen, warum dieser eigentlich nur Kanzler werden will und es ausschließt, als Finanzminister in eine große Koalition zu gehen. Raab: „Warum wollen Sie nur King of the Kotelett werden? Oli Kahn fuhr doch auch als zweiter Torwart zur WM.“ Großes Kino, Gelächter unter den Moderatoren und auch die Kandidaten müssen schmunzeln.

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Der TV-Zuschauer ist ein Gewinner, weil er, vor allem dank Stefan Raab, ein phasenweise sehr kurzweiliges und -  ja man könnte fast sagen – unerwartet lebhaftes Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten gesehen hat. Und er hat wirkliche Alternativen aufgezeigt bekommen. Ob Mindestlohn, Steuern oder Pflege, es gibt die Unterschiede zwischen den Parteien und den Kandidaten.

Aber: Wer war nun besser, Merkel oder Steinbrück? Die Ausgangslage war klar: Merkel war die haushohe Favoritin, ihre Partei führt deutlich in den Umfragen, sie ist um ein vielfaches beliebter als Steinbrück. Der SPD-Kandidat musste angreifen, es war seine wohl letzte Chance, entscheidend Boden gut zu machen. Aber er durfte nicht zu oberlehrerhaft sein, durfte nicht zu aggressiv agieren, nicht zu überheblich wirken.

Am Anfang der Sendung gelingt ihm dies nicht. Mit seinen zusammengepressten Lippen und den blitzenden Augen, begleitet von einer scharfen Tonlage und den rudernden Armen wirkt er wie ein gerade aus dem Zwinger entflohener Bluthund. Merkel dagegen, mit ihrer gewohnt minimalistischen Gestik und dem ruhigen Tonfall gibt ganz die erfahrene Platzherrin. Ihre Botschaft, die sie die ganze Sendung über mantrahaft wiederholt: Es läuft gut, lasst uns die Situation nicht zu schwarzmalen und um die noch bestehenden Probleme kümmere ich mich dann in der nächsten Legislaturperiode. Dass auch sie nicht immer sicher ist, sich etwa bei Zahlen zum Arbeitsmarkt mehrfach verhaspelt  - geschenkt.

Aber nach ungefähr einem Drittel der Sendung wirkt Steinbrück deutlich entspannter, seine Angriffe fährt er weniger aggressiv und besser vorbereitet. So gelingt es ihm - im Zusammenspiel mit Stefan Raab - Merkel wirklich in die Enge zu treiben. Thema: Die PKW-Maut, die CSU-Chef Horst Seeehofer unbedingt will. Auf die Frage von Raab („spinnt Seehofer wieder nur rum“), was denn nun eigentlich hier ihre Linie sei, geht Merkel nicht ein und gibt einen ihrer Lieblingssätze preis: „Wir dürfen unser Land nicht schlecht machen.“ Steinbrück wittert seine Chance und verlangt eine klare Aussage von Merkel. Die Kanzlerin muss reagieren und sagt zerknirscht: „Mit mir wird es keine PKW-Maut geben“. Steinbrück setzt ein Gewinner-Lächeln auf, frotzelt „schöne Grüße nach München“  und Raab kommentiert; „Endlich sagen Sie es.“

In der Folge kann Steinbrück in einigen Sachfragen punkten. Er kann die Kanzlerin, etwa in Sachen Pflegreform und bei der Frage nach weiteren Hilfspakten für Griechenland, zumindest etwas in die Defensive drängen und kann beim Thema Mindestlohn die Unterschiede zwischen SPD und CDU herausstellen. Aber auch Steinbrück strauchelt. So kann er nicht überzeugend darlegen, was sich denn unter seiner Kanzlerschaft eigentlich bei den steigenden Strompreisen in Deutschland ändern würde. Zudem hat Merkel inzwischen ihre Sicherheit wiedergewonnen und pariert die Attacken von Steinbrück entspannter, sogar auch mal mit einem Lächeln. „Mutti“ ist wieder Herr im Ring.

Leider widmen die Moderatoren zwei wichtigen und sehr aktuellen Themen nur wenig Zeit: Die Fragen, wie am besten mit dem Konflikt in Syrien umzugehen ist und wie man die NSA-Spitzelaffäre nun aufarbeiten sollte, werden sehr knapp abgehandelt. Keine Chance für Steinbrück, Merkel hier wirklich in Bedrängnis zu bringen.

Steinbrück appelliert in seinem Schlusswort nochmal eindringlich an die Wähler, ihn zum Kanzler zu machen und verspricht mehr Gerechtigkeit und einen „Aufbruch“. Gut, aber nicht sensationell. Merkel vertraut auf ihre Regierungsbilanz, spricht von „guten vier Jahren“ und sagt: „Sie kennen mich.“ Gut, aber eben nichts Neues.