Trauriger Held: Der Mann, der Karaoke erfand

Alles begann mit vier Dingen: einem Kassettenrekorder, einem Gitarrenverstärker, einem Mikrofon und einer Idee. Drei dieser Dinge gab es bereits. Doch das vierte, die Idee – die sollte alles verändern, die sollte das asiatische Nachtleben revolutionieren.

Davon freilich ahnte Daisuke Inoue nichts, als er die erste Karaokemaschine der Welt zusammenschraubte. Damals, im Jahr 1971, spielte der 31-jährige Japaner Schlagzeug in einer Band; mehr schlecht als recht unterhielten er und die anderen Musiker Geschäftsleute in einer Kneipe in Kobe.Sie spielten bekannte Hits nach, und manchmal griff auch einer der Gäste selbst zum Mikrofon. Dann kam der Tag, an dem einer von ihnen Daisuke Inoue zur Unterhaltung auf einen dienstlichen Kurztrip einladen wollte. Doch der wollte seinen Job nicht vernachlässigen – und bastelte kurzerhand einen maschinellen Ersatz. Karaoke, zu Deutsch "leeres Orchester", war geboren.

Und eben die Tatsache, dass es drei der vier Zutaten für die Erfindung schon gab, die verhinderte, dass Daisuke Inoue Millionär wurde. Denn er hielt es für aussichtslos, dafür ein Patent anzumelden – auch dann noch, als er das Gerät um einen Münzeinwurf erweiterte, und auch, als die Nachfrage in den Bars nach der kleinen Hitmaschine stieg. Daisuke Inoue machte sich keine Gedanken, er verdiente trotzdem gutes Geld an der Box.

Doch dann entdeckte die Industrie Karaoke für sich. Die ersten Geräte wurden maschinell gefertigt. CDs ersetzten die Kassetten, ein Fernseher kam hinzu, der die Liedzeilen abspielte, schließlich wurden die Geräte mit dem Internet verknüpft. Und Daisuke Inoue hatte das Nachsehen. Nun machten andere mit seiner Idee das große Geld – und der clevere Erfinder kämpfte mit Depressionen, verbrachte sogar einige Monate in einer Klinik.

Erst Jahre später wurde ihm Ehre zuteil, wenn auch nur eine kleine. Im Jahr 1999 kürte ihn das "Time Magazine" zu einem der einflussreichsten Asiaten des Jahrhunderts, in einer Reihe mit Mahatma Gandhi und Mao Zedong. Und im Jahr 2004 erhielt er den "Ig-Nobelpreis", eine Art Anti-Nobelpreis für skurrile Projekte und Forschung, die keiner braucht, in der Kategorie "Friede". Die Rede, die der einstige Pechvogel hielt, wurde glücklich mit Standing Ovations gekürt.

Und Daisuke Inoue, heute 72, erfindet wieder neue Dinge. Eines von ihnen: ein Gerät, das die Kakerlaken abtötet, die sich in Karaokeboxen ansiedeln.