TV-Duell: "Das Unentschieden nützt Steinbrück mehr"

Das lang erwartete TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück ist vorüber – und Deutschland ist so klug als wie zuvor. Die Umfragen sehen im Schnitt die beiden Kandidaten gleichauf, die ganze Nation diskutiert die Frage, wer das Duell nun eigentlich gewonnen hat. Im Yahoo!-Interview erklärt Professor Dr. Marcus Maurer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wie sich die Duellanten geschlagen haben. Er ist Experte für politische Kommunikation und Wahlduelle.

Herr Maurer – wer hat denn nun das TV-Duell für sich entschieden?

Ich habe beide Kandidaten als ziemlich gleich stark wahrgenommen – beide hatten ihre Stärken und Schwächen. Das Unentschieden nützt allerdings Steinbrück mehr als Merkel. Denn er liegt im Wahlkampf zurück und kann Boden gutmachen.

Wie stark kann ein solches TV-Duell die Wahl beeinflussen? Hat Steinbrück jetzt noch eine Chance?

Wir sehen in Studien, dass TV-Duelle bei etwa 5 Prozent der Wähler die Wahlentscheidung verändern können. Hätte hier ein Kandidat deutlich die Nase vorn gehabt, hätte das also durchaus etwas bewirken können.  Dieses Duell wird aber sicher nicht ausreichen, um Steinbrück zum Kanzler zu machen. Ich schätze, er wird kurzfristig in der Kanzlerpräferenz ein bisschen aufholen können und vielleicht springt auch für die SPD ein Prozentpunkt heraus. Die Frage ist aber, ob diese kurzfristigen Wirkungen überhaupt bis zum Wahltag anhalten. Oft verfliegen solche Effekte sehr schnell.

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Wie beurteilen Sie die Leistung der beiden Kandidaten am Sonntagabend?

Steinbrück hat sich rhetorisch geschickt präsentiert und in kurzen Sätzen klar argumentiert. Allerdings wirkte er bisweilen etwas kalt und überheblich. Merkel hingegen war rhetorisch etwas schwächer. Sie hat häufig sehr lange Sätze verwendet und kam nicht richtig auf den Punkt. Mit ihrer staatsmännischen Art kam sie aber sicherlich sympathischer rüber.

Spiegelt sich das auch in der nonverbalen Kommunikation wieder?


Der Effekt der nonverbalen Kommunikation ist in TV-Duellen generell geringer, als die Wirkung des gesprochenen Worts – auch das haben Studien ergeben. Dennoch:  Auch hier fiel auf, dass Steinbrück vor allem gegen Ende sehr grimmig und verkniffen geguckt hat. Merkel hat zwar am Anfang Fehler gemacht, indem sie zu oft an der Kamera vorbeiblickte.  Insgesamt hat sie aber wesentlich mehr gelächelt und hatte das gewinnendere Auftreten.

Gab es ein Argument oder Statement, das Sie überrascht hat?

Wenn man die politische Berichterstattung aufmerksam verfolgt, bietet so ein TV-Duell in der Regel wenig neue Erkenntnisse. Das ist aber auch gar nicht der Sinn einer solchen Veranstaltung. Für politisch weniger Informierte kann sie eine wertvolle Hilfe sein, um sich vor der Wahl noch eine Meinung zu bilden. Immerhin - zwei Aussagen von Merkel waren dabei, die in ihrer Klarheit ein bisschen überraschten: ihr deutliches Nein zu einem Syrien-Einsatz und zur PKW-Maut.

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Im Vorfeld wurde viel über Stefan Raab als Moderator diskutiert. Wie hat er sich geschlagen?

Ich denke, ähnlich wie Steinbrück: besser, als erwartet. Er hat nicht den großen Klamauk abgefeuert, sondern durchaus Fragen zu Inhalten gestellt. Allerdings hat er auch letztlich nur von Karten abgelesen, wie die anderen Moderatoren. Ein bisschen Flapsigkeit hat er in das Duell hereingebracht, insgesamt finde ich aber, dass er keinen großen Unterschied gemacht hat.

Bei den Internet-Usern hat ein Thema vor allem große Aufmerksamkeit erregt: Die Halskette von Angela Merkel - in falsch angeordneten Deutschlandfarben. Steckte da Kalkül dahinter?

Ich denke schon, dass sich Merkels Strategen dabei etwas dachten – und auch gehofft haben, dass dieser Effekt eintritt. Auf das Ergebnis der Wahl wird das aber keine Auswirkung haben. Und es ist ein bisschen Schade, dass ein Schmuckstück so viel Aufmerksamkeit bekommt und nicht die Inhalte.



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