Bundesbank für spürbare Lockerung der umstrittenen Schuldenbremse – „höhere Kreditgrenze vertretbar"

Uneins bei der Schuldengrenze: Finanzminister Christian Lindner und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel.   - Copyright: Picture Alliance
Uneins bei der Schuldengrenze: Finanzminister Christian Lindner und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. - Copyright: Picture Alliance

Die Bundesbank hat eine Lockerung der heftig umkämpften deutschen Schuldenbremse angeregt. Dies würde es dem Staat erlauben, mehr neue Kredite aufzunehmen, solange bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die Währungshüter begründen ihren Vorstoß auch mit dem spektakulären Schuldenurteil des Verfassungsgerichtes. Es habe eine disziplinierende Wirkung auf die Ausgaben des Staates. „Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom letzten November wirkt die Schuldenbremse wieder konsequenter", schreibt die Bundesbank am Mittwoch in ihrem Monatsbericht. Daher könne sie „solide Staatsfinanzen auch bei einem moderat höheren Wert der Kreditgrenze gut absichern".

Die Schuldenbremse ist im Grundgesetz verankert. Sie soll verhindern, dass der Staat mit zu hohen kreditfinanzierten Ausgaben die Stabilität der Staatsfinanzen gefährdet und künftige Generationen überlastet. Grüne, Linke und Teile der SPD wollen die Schuldenbremse lockern. Sie begründen dies mit notwendigen Ausgaben zur Bewältigung aktueller Krisen und den Umbau der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität. Union und FDP lehnen eine Lockerung ab. Sie pochen darauf, dass der Staat nötige Mehrausgaben durch Einsparungen an anderer Stelle finanzieren solle und könne. Mit seinem Schuldenurteil hatte das Verfassungsgericht Praktiken eingeschränkt, die Schuldenregeln durch Sonderhaushalte zu umgehen.

Auch Ökonomen haben keine einheitliche Meinung zur Schuldenbremse. Es bildet sich aber zunehmend ein Konsens, dass es im Prinzip zwar richtig ist, die Schuldenaufnahme des Staates zu begrenzen, die konkrete Regelung in Deutschland aber zu starr sei. Im Januar hatte auch der Sachverständigenrat Wirtschaft eine schnelle Reform der Schuldengrenze empfohlen. Vorschläge „für eine bessere Schuldengrenze" hat auch der Chefvolksiwrt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, vorgelegt.

Schuldenbremse: Im Prinzip gut, in Deutschland aber zu starr

Beide Initiativen greifen Überlegungen auf, die die Bundesbank bereits 2022 veröffentlich hatte. Schon seinerzeit hatte sie angeregt, den Spielraum für die Kreditaufnahme zu erhöhen. Derzeit erlaubt die Schuldenbremse in der Regel nur eine jährliche Kreditaufnahme von 0,35 Prozent des BIP. Die Bundesbank regt an, diesen Deckel abhänigig von den gesamten Schulden des Staates anzuheben. Solange die Schuldenquote unter 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) bleibe, sei eine Erhöhung der Kredtitaufnahme auf ein Prozent des BIP möglich. Bei einem Schuldenstand zwischen 60 ud 90 Prozent des BIP könne der Wert auf 0,5 Prozent des BIP gelockert werden.

In ihrem neuen Monatsbericht geht die Bundesbank nun noch einen Schritt weiter. Bei einer Schuldenquote unter 60 Prozent wäre auch eine jährliche Nettokreditaufnahme von 1,5 Prozent des BIP vertretbar. Die Bundesbank sieht darin eine „stabiltätsorientierte Reform".

Für die Entwicklung der deutschen Staatsfinanzen gibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht einen positiven Ausblick. „Die Staatsfinanzen1  dürften sich im laufenden Jahr verbessern. Ausschlaggebend ist, dass umfangreiche Energiekrisen-Maßnahmen entfallen“. Die Defizitquote könne unter zwei Prozent fallen, nach 2,5 Prozent 2023. „Die Schuldenquote lag Ende 2023 bei 63,6 % und dürfte ebenfalls sinken.“

Die Regeln und Ausnahmen zur Schuldenbremse findet ihr hier.