Das Ende der USA: Was droht, wenn Trump wiedergewählt würde

Er hat es tatsächlich getan: Donald Trump will noch einmal als US-Präsident kandidieren und ins Weiße Haus zurückkehren. Was dies für die USA und die Welt bedeuten würde.

Donald Trump verkündete seine erneute Kandidatur in seinem Anwesen in Mar-A-Lago, Florida. (Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)
Donald Trump verkündete seine erneute Kandidatur in seinem Anwesen in Mar-A-Lago, Florida. (Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)

Die "Washington Post" hat in ihrer langen Karriere als etablierte Hauptstadtzeitung schon einiges mitmachen müssen. Das Szenario, das von dem investigativen Medium mithilfe von 21 Expert*innen für den Fall einer erneuten US-Präsidentschaft gezeichnet wird, ist allerdings jenseits von allen bisherigen politischen Wirren. Eine zweite Amtszeit von Trump könnte nicht weniger als das Ende der US-Demokratie einläuten.

Wie Trump die Demokratie aushöhlt

Was sich vielleicht auf den ersten Blick wie eine aufmerksamkeitsheischende Schlagzeile liest, lässt sich bei genauerem Hinsehen leider mit zahlreichen Indizien belegen. Denn schon in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 im Weißen Haus sägte die Trump-Administration heftig am demokratischen Fundament. Die Nachbeben davon sind bis heute in der politischen Landschaft zu spüren - nicht nur in den USA. Vier Jahre Trump haben das Gebilde der Demokratie nachhaltig erschüttert.

Das beginnt mit der Rhetorik und dem systematischen Untergraben faktenbasierter Auseinandersetzung. Was Trump, vermutlich zu seinem eigenen Erstaunen, im Wahlkampf 2016 erst mit seinen republikanischen Kontrahenten und schließlich auch mit Hillary Clinton gelang, veränderte die Umgangsregeln politischer Akteure. Und zwar dahingehend, dass es eigentlich keine Regeln mehr gibt. Doch das gilt nicht nur für Wortwahl, Attacken und den Umgang mit Wahrheit, der sich von Trump über seine Anhänger in die Sozialen Medien und zurück übertragen hat. Denn auch politisch hat Trump gefährliche Entwicklungen eingeleitet, die er bei einer erneuten Wahl weiterführen würde.

Der Plan zur Gleichschaltung

Die Experte*innen sind sich sicher, dass Trump bei einer Wiederwahl seinen bereits bekannten Plan umsetzen würde. Der sieht vor, bis hinein in untere Behörden und Gerichte alle "unliebsamen" Gegner zu entfernen und durch Trump-Getreue zu ersetzen. Mit "Schedule F" wurde eine neue Kategorie von unteren Behördenangestellten geschaffen, die bisher nicht nach politischen Gesichtspunkten besetzt wurden, nach dem Trump-Plan aber unter Gesinnungsgesichtspunkten gefeuert oder eingestellt werden würden.

Angeblich soll es dafür sogar schon Listen gegeben haben. Dazu gehören auch solche wichtigen Posten wie die Führungspositionen in FBI, CIA und vor allem dem Justizministerium. Ganz uneigennützig ist das nicht, denn Trump würde bei Richtern von seiner Gnade darauf hoffen können, dass die zahlreichen gegen ihn laufenden Gerichtsverfahren eingestellt werden. Zu einer früheren Umsetzung des Plans kam es nur durch die angeblich "gestohlene" Wahl 2020 nicht.

Wahlleugnung als Programm

Deren Ausgang hat Trump bis heute nicht akzeptiert, obwohl unzählige Untersuchungen keinerlei Wahlbetrug nachweisen konnten. Dieses Narrativ, das auch die meisten seiner Anhänger und viele republikanische Politiker*innen übernommen haben, stellt die Grundfesten der Demokratie selbst in Frage: Freie und faire Wahlen. Es ist davon auszugehen, dass Trump als Präsident dafür sorgen würde, dass in entscheidenden Positionen der Wahlbehörden ebenfalls nur linientreue Leute eingesetzt würden. Bei den Midterm-Wahlen am 8. November hatten sich bereits mehrere Wahlleugner*innen für solche Posten beworben, in den meisten Fällen waren sie aber gescheitert.

Trump-Fans jubeln ihm bei seiner Ankündigung am 15.11. in Mar-A-Lago zu.(Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)
Trump-Fans jubeln ihm bei seiner Ankündigung am 15.11. in Mar-A-Lago zu.(Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)

Das alles ist Teil eines strategischen Plans, die USA langfristig politisch im Sinne des "Trumpism" zu prägen. Dafür haben sich längst Trump-Anhänger*innen organisiert und dies nicht mehr so laienhaft wie beim missglückten Versuch, die Wahlbestätigung am 6. Januar 2021 mit dem Sturm auf das Kapitol zu verhindern. In Einrichtungen wie dem "America First Policy Institute" werden konkrete Pläne geschmiedet, wie man Kernpositionen mit Trump-nahen Politiker*innen besetzen kann.

Die juristische Umwälzung

Mit dieser Unterstützung im Rücken vermuten Expert*innen, dass Trump seine politischen Gegner ständig juristisch verfolgen lassen würde. Noch gravierender könnten aber die Folgen für die Verfassung der USA sein. Bereits jetzt ist der Supreme Court langfristig mit einer konservativen Mehrheit besetzt, da Trump insgesamt drei der neun Posten mit eigenen Richter*innen besetzen konnte. Dies geschah unter anderem, weil die Republikaner Obama verweigerten, am Ende seiner Amtszeit einen freien Platz nachzunominieren, es selbst dann aber schamlos taten, als 2020 Richterin Ruth Bader Ginsburg verstarb. Der so umgeformte Gerichtshof hat bereits mit der Aufhebung des Grundsatzurteils zur Abtreibung ein Zeichen gesetzt, in welche Richtung es gehen könnte. Auch andere Bürgerrechte wie die Ehe für alle oder Gesetze gegen Rassismus könnten künftig in Frage gestellt werden.

Trumps erste Amtszeit entblößte viele Schwächen der US-amerikanischen Demokratie. Vom Ablauf der Wahlen, bis zur Besetzung von Posten und vor allem der Macht des Präsidenten verließ man sich darauf, dass sich alle an die Spielregeln halten. Trump aber nutzte dieses Schwachpunkte für seine Zwecke. So konnte er sogar das "Checks and Balances"-System der beiden Repräsentantenhäuser umgehen, indem er schlicht per "Executive Order" regierte, also direkter Anweisung des Präsidenten. Es ist davon auszugehen, dass er dies bei einer Wiederwahl noch weiter ausreizen würde.

Rückzug aus der internationalen Gemeinschaft

Militärexpert*innen gehen davon aus, dass Trump das Militär künftig auch innenpolitisch instrumentalisieren würde, wie es bereits bei Ausschreitungen in Washington und bei "Black Lives Matter"-Demonstrationen geschehen ist. Dafür würde er sich wohl aus internationalen Konflikten zurückziehen, wie er zuvor schon mehrfach ankündigte. Auch in der NATO dürften die Partner nicht mehr auf die Unterstützung der USA bauen. Für die Verteidigung der Ukraine beispielsweise hätte dies fatale Auswirkungen. Es hätte auch zur Folge, dass die USA ihre Position als internationale Führungsmacht aufgeben würden - und eine Vakanz, etwa für einen autoritären Führer wie Wladimir Putin, entstünde.

Gleiches gilt um so extremer für die Bekämpfung des Klimawandels. Während Biden mit seinem "Green New Deal" hofft, die USA wieder auf Kurs zu bringen, würde sich Trump vermutlich erneut aus allen internationalen Abkommen zurückziehen und weiter auf fossile Energien wie Kohle, Gas und Erdöl setzen. Dies wiederum würde die USA weiter isolieren, eventuell käme es sogar intern zu einer Abspaltung von liberaleren Bundesstaaten wie Kalifornien.

Im schlimmsten Fall droht also eine weitere einschneidende Vertiefung der ideologischen Gräben, eine Aushöhlung der Demokratie, ein Bruch mit den internationalen Allianzen und sogar eine Welle gewaltsamer Proteste bis hin zum Bürgerkrieg in den USA. Der "Washington Post" sagte Princeton-Professor Sean Wilentz übrigens auf die Frage nach den Auswirkungen einer erneuten Trump-Wahl: "Ich denke, es wäre das Ende der Republik."

Im Video: Donald Trump will wieder US-Präsident werden: Das ist sein Plan