Das Gefangenenlager Guantanamo: Ein Zwischenstand

Seit seiner Einrichtung im Januar 2002 ist das Gefangenenlager im US-Militärstützpunkt Guantanamo Bay Menschenrechtlern ein Dorn im Auge. Anfang 2018 hatte US-Präsident Donald Trump offiziell verkündet, dass Guantanamo aller Kritik zum Trotz bestehen bleibe. Als im September Berichte um die exorbitanten Kosten des umstrittenen Lagers in den USA diskutiert wurden, wurde selbst Trump hellhörig. Dass das Lager in näherer Zukunft geschlossen wird, ist dennoch nicht zu erwarten.

Seit 18 Jahren ist das Gefangenenlager in Guantanamo Bay Menschenrechtlern ein Dorn im Auge - dass es demnächst geschlossen wird, scheint dennoch unwahrscheinlich (Bild: MARK WILSON/AFP/Getty Images)
Seit 18 Jahren ist das Gefangenenlager in Guantanamo Bay Menschenrechtlern ein Dorn im Auge - dass es demnächst geschlossen wird, scheint dennoch unwahrscheinlich (Bild: MARK WILSON/AFP/Getty Images)

In seiner Wahlkampagne hatte Donald Trump angekündigt, Guantanamo offen halten zu wollen, und machte dieses Versprechen im Januar 2018 schließlich wahr. “Ich habe gerade Verteidigungsminister Mattis per Dekret aufgefordert, unsere Strategie für militärische Gefangene zu überarbeiten und die Gefangenenlager in Guantanamo in Betrieb zu lassen”, verkündete er damals, 17 Jahre nach der Entstehung des Gefangenenlagers auf einer US-Militärbasis in Kuba.

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Entstanden ist es als Reaktion auf die Anschläge des 11. September. Alle Versuche, das Lager zu schließen – eines der Wahlversprechen des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama – scheiterten. Die Zahl der Gefangenen ist seitdem von 780 auf 40 geschrumpft, doch gilt das Lager nach wie vor als Schandfleck in der Menschenrechtsbilanz der USA.

Folter und fehlende Urteile

40 Inhaftierte sind auf Guantanamo verblieben, der Älteste von ihnen ist über 70 Jahre alt. 26 dieser “Gefangenen für die Ewigkeit” wurden nie angeklagt. Laut Amnesty International wurden viele von ihnen gefoltert. Immer wieder kam es in der Vergangenheit vor, dass mehrere der Insassen in Hungerstreik getreten waren. In einem Gespräch mit der dpa bezeichnete der Arzt des Lagers dies hocheuphemistisch als “nicht-religiöses Fasten”.

In diesem Stuhl im Gefangenenlager von Guantanamo werden Inhaftierte im Hungerstreik zwangsernährt (Bild: John Moore/Getty Images)
In diesem Stuhl im Gefangenenlager von Guantanamo werden Inhaftierte im Hungerstreik zwangsernährt (Bild: John Moore/Getty Images)

Amnesty International plädiert immer wieder für eine Schließung des Lagers. “Diejenigen, denen nichts zur Last gelegt wird, müssen Guantanamo umgehend verlassen dürfen”, erklärte Erika Guevara Rosas, Amerika-Direktorin bei der Menschenrechtsorganisation, Anfang des Jahres. “Alle übrigen Gefangenen sollten entweder angeklagt und in einem fairen Verfahren vor ein Zivilgericht gestellt oder freigelassen werden, damit diese beschämende Einrichtung für immer geschlossen werden kann.”

Auf jeden Insassen kommen 45 Soldaten

Fünf der Insassen hatten zum Ende der Obama-Regierung eigentlich die Freigabe erhalten, das Lager verlassen zu dürfen, drei von ihnen sollten in andere Länder gebracht werden. Unter Trump wurde ein Büro im Außenministerium geschlossen, das sich unter anderem auch der Verlegung von Häftlingen beschäftigte – die fünf Insassen sind bis heute in Guantanamo. Obwohl nur noch 40 Gefangene verbleiben, wachen nach wie vor 1.800 Soldaten über das Lager – 45 pro Insasse!

Was Donald Trump jüngst als “verrückt” bezeichnete, waren dann auch nicht die Menschenrechtsverletzungen, die mit Guantanamo seit seiner Eröffnung in Verbindung gebracht werden, sondern vielmehr die Kosten, die es verursacht. Von Reportern darauf angesprochen, dass jeder Insasse die USA rund 13 Millionen Dollar jährlich kostet, sagte er laut der “New York Times”: “Davon weiß ich. Ich finde das verrückt. Es kostet ein Vermögen, es zu betreiben, und das finde ich verrückt.”

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Eine Schließung scheint nicht in Sicht

Auf die Frage einer möglichen Schließung des Lagers wollte er nicht eingehen. “Wir sehen uns mehrere Optionen an”, sagte er lediglich und fügte hinzu: “Sehen Sie, Obama hat gesagt, dass er Guantanamo schließen würde, und er hat das nie hingekriegt.”

Tatsächlich war Obama während seiner beiden Amtszeiten immer wieder mit seinem Vorhaben gescheitert, die verbleibenden Gefangenen auf US-amerikanischen Boden zu verlegen, um das Lager endgültig schließen zu können. Sowohl von Republikanern als auch von Demokraten hatte es Widerstand gegeben, Terrorverdächtige ins Land zu lassen, was entsprechende Vorstöße Obamas zur Auflösung des Gefangenenlagers im Kongress und Senat verpuffen ließ.

Dass Donald Trump, selbst wenn er Interesse an einem Ende von Guantanamo hätte, mehr Erfolg haben könnte als sein Vorgänger, ist mehr als fraglich. Auch ein Pressesprecher von Amnesty International gab auf Nachfrage von Yahoo Nachrichten an, dass es zum derzeitigen Zeitpunkt unmöglich zu prognostizieren sei, ob ein Ende des Gefangenenlagers in naher Zukunft abzusehen ist, betonte jedoch erneut die Wichtigkeit der endgültigen Schließung von Guantanamo.

Aus Trumps Wahlkampfplänen, das Lager mit “bad dudes” (schlimmen Typen) füllen zu wollen, ist bisher jedoch auch nichts geworden. Seit 2008 ist kein neuer Häftling dort aufgenommen worden, und der Prozess gegen mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge des 11. Septembers beginnt erst im Jahr 2021. Jüngst meldete das ZDF, dass Siemens den Auftrag für die Verbesserung der Energieversorgung auf dem Militärstützpunkt, auf dem sich das Gefängnis befindet, erhalten habe. Wert: 829 Millionen Dollar.

Wie es scheint, gibt es unter Trump nur zwei Optionen für Guantanamo. Entweder, er sitzt das Problem aus – oder die 40 Gefangenen bekommen bald Zuwachs.

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