Donald Trump wird Präsident: Ein unerwarteter Schlag in die Magengrube

Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl gewonnen
Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl gewonnen (Bild: dpa)

Ein Kommentar von Carlos Corbelle

Wie gerne hätte ich heute geschrieben, dass die Demokratie mit einem blauen Auge davongekommen ist. Stattdessen wurde ihr ein unerwarteter Schlag in die Magengrube versetzt. Wie gerne hätte ich kommentiert, dass zum ersten Mal eine Frau die Präsidentschaftswahl der USA gewonnen hat. Stattdessen wurde zum ersten Mal ein Reality-Star gewählt.

Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten. Das Undenkbare ist eingetreten, das Unsagbare hat sich bezahlt gemacht.

Was hat Trump im Zuge des monatelangen Wahlkampfes nicht alles vom Stapel gelassen, um die Grenzen des politischen Diskurses auf geradezu groteske Weise zu verschieben, Ressentiments zu schüren und die Wut seiner Wähler für sich zu nutzen. “Ich könnte mitten auf der 5th Avenue stehen und jemanden erschießen, ohne einen einzigen Wähler zu verlieren”, verkündete er stolz. Er reduzierte Frauen allein auf ihr Äußeres, kündigte an, keinen einzigen Moslem mehr ins Land lassen zu wollen, drohte mit der Einführung weitaus schlimmerer Foltermethoden als Waterboarding, brandmarkte mexikanische Einwanderer als Vergewaltiger – und wurde für all diese Aussagen nicht nur frenetisch gefeiert, sondern nun auch mit dem Wahlsieg belohnt.

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Wie konnte das passieren? Wie konnte sich die misogyne, rassistische und hassschürende Rhetorik des Republikaners nur so tief in das Herz dieses demokratischen Landes einbrennen? Die Antwort liegt nicht nur, aber auch in den sinkenden Durchschnittslöhnen dieses wirtschaftlich so mächtigen Landes, in der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich, die besonders im Mittleren Westen der USA spürbar ist. Dass ausgerechnet ein Milliardär wie Donald Trump mit seiner Verachtung für das Establishment jene Wähler für sich gewinnen konnte, die sich auf dem absteigenden Ast befinden, ist die bittere Pointe eines Witzes, über den niemand lachen kann.

Donald Trump konnte sich gegen Hillary Clinton durchsetzen
Donald Trump konnte sich gegen Hillary Clinton durchsetzen (Bild: dpa)

Außer die Rechtspopulisten Europas, die Trump gar nicht schnell genug gratulieren konnten. Wie etwa der niederländische Politiker Geert Wilders, der den immer wahrscheinlicher werdenden Sieg Trumps mit den Worten kommentierte: “Die Bürger holen sich ihr Land zurück. Und das werden wir auch.” Oder Louis Aliot, Mitglied von Frankreichs rechtspopulistischem Front National, der Trumps Erfolg als “Stinkefinger für die arrogante politische Elite” bezeichnete. Und natürlich brachte auch die AfD-Vorsitzende Frauke Petry ihre Freude per Tweet zum Ausdruck: “Die Amerikaner haben sich für den politischen Neuanfang und gegen Filz/Korruption entschieden – diese Chance ist historisch.”

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Am letzten Teil ihrer Aussage könnte was dran sein – wenn auch nicht im Sinne von Deutschlands Vorzeigepopulistin. Der Sieg Donald Trumps, so bitter er sein mag, könnte tatsächlich eine “historische Chance” sein. Aber nur, wenn die europäische Politik aus dieser Wahl ihre Lehren zieht und eine gemeinsame Front der Vernunft gegen die zunehmend Zuspruch findenden Rechtspopulisten bildet. Wenn sie endlich beginnt, die auch bei uns existierenden prekären Arbeitsverhältnisse abzuschaffen, statt sie bloß zur Kenntnis zu nehmen und damit den Wilders, Aliots und Petrys dieser Welt den Nährboden entzieht, auf dem ihr Hass so prächtig gedeihen kann.

Es wäre zumindest ein Anfang. Damit die Demokratie wenigstens beim nächsten Mal mit einem blauen Auge davonkommt.

Wie Trump-Fans den Wahlsieg des Republikaners feiern, sehen Sie im Video: