Donald Trumps Geschäft mit der Angst

Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner in den USA malt ab nun konsequent schwarz. Er folgt damit einer kühlen Strategie, die auch in Deutschland Erfolg hat.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Donald Trump ist wirklich ein begnadeter Geschäftsmann. Er zieht auch aus Angst und Elend Profit, das mache ihm mal einer nach. Wer seiner Grundsatzrede auf dem Parteitag der Republikanischen Partei lauschte, dem offiziellen Auftakt zum Wahlkampf um das wichtigste Amt der Welt, der wurde Zeuge eines Bildes des Grauens.

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Die USA schilderte Trump nicht im Niedergang, sondern schon ganz unten angekommen. Gewalt in den Straßen, Terror von außen, Chaos in den Gemeinden – in den Worten Trumps erscheint Amerika wie ein großer Township am anderen Ende der Galaxis. Die Wirtschaft liegt am Boden, die Politik zeigt sich von korrupten Parteibonzen zersetzt, und nun schickt sich eine charakterlose und kriminelle Person wie Hillary Clinton an, das Weiße Haus zu erobern. Nur einer kann sich dem entgegenstellen, meint Trump. Trump.

Seinen Worten Parameter wie Wahrheit und Lüge anzulegen, macht seit langem keinen Sinn. Beides ist so miteinander verwoben, dass da nichts trennbar ist. Natürlich zeichnet Trump ein Zerrbild von Amerika. Natürlich gibt es auch viel Armut und viele sozial Abgehängte, aber die hatte Trump sicher nicht auf dem Schirm, als er über sein Land sprach.

Die Strategie des Immobilienmillionärs ist schlicht und nicht einzigartig. Traditionell gehört es zu den Aufgaben eines Oppositionsführers, die Regierenden nicht gerade mit Rosenblättern zu bewerfen und deren Politik nicht gerade zu bejubeln.

Trump ist natürlich Trump, und daher übertreibt er gnadenlos. Die USA stehen nicht vor ihrer Auslöschung. Die südlichen Nachbarstaaten planen keine Invasion, die Vorstädte wimmeln nicht vor Terroristen und der Wirtschaft ging es schon mal schlechter; die Performance der Regierung auf diesen Gebieten kann sich durchaus sehen lassen.

Da muss Trump gegenhalten. Daher bedient er die Angst. Die Angst vor den Fremden, vor Kriminellen und vor allen, die einem etwas wegnehmen wollen. Könnten. Wollen könnten. Trump inszeniert sich als der Mann von Law & Order. Das sollte eigentlich hellhörig machen.

Es wird ein heißer Herbst

Es ist ein uraltes und globales Phänomen, dass Rufe nach Law & Order in der Regel Ausweichmanöver darstellen und eine Situation falsch schildern. Angst war schon immer ein schlechter Ratgeber. Angst ist der Grund für Kurzschlussreaktionen. Angst schaltet den Kopf aus. Angst betreibt tätliche Wortfälschung und kleidet sich als Vorsicht. Angst aber ist zumeist das Gegenteil von Vorsicht.

Doch kurzfristig kann Angst mobilisieren – und genau das bezweckt Trump. Ähnlich verlief auch der Brexit-Wahlkampf, an dessen Ende das Unglaubliche feststand. Wer Angst beschwört, sieht sich NOCH nicht in der Verantwortung, für die Folgen seiner Politik einzustehen. Daher sind die Brexit-Befürworter nun so kleinlaut, und daher tönen die AfD-Politiker in Deutschland noch immer so laut; noch können sie sich geben wie kleine Trumps. Sie müssen – bisher – nicht liefern.

Für Trump wird es jetzt auf das Kunststück ankommen, bis zur Wahl im November maximal Spannung zu erzeugen, die nicht abklingt. Es wird ein heißer Herbst.

Bilder: dpa

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