Donald Trumps Islamsicht ist nicht zum Lachen

Donald Trump und König Salman (r.) bei der Begrüßungszeremonie am Flughafen von Riad (Bild: AP Photo/Evan Vucci)
Donald Trump und König Salman (r.) bei der Begrüßungszeremonie am Flughafen von Riad (Bild: AP Photo/Evan Vucci)

Der US-Präsident besucht Saudi-Arabien und hält eine mit Spannung erwartete Rede. Und dann: globales Aufatmen. Nur: Seine Worte offenbaren einen fürchterlichen Fahrplan.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Zugegeben, ich habe mich noch nicht an die großkalibrigen Worte des US-Präsidenten gewöhnt. Wenn er von „wundervollen Waffen“ schwärmt und den damit verbundenen „Jobs Jobs Jobs“, dann macht es in meinem Kopf Au Au Au.

Noch immer auch schauen wir auf jeden Mucks von Donald Trump, wir sind wie gebannt. Als er bei seiner Nahost-Reise nun in Saudi-Arabien landete, vermeldeten dies die Radionachrichten in Deutschland als Hauptmeldung, und dass er vom König begrüßt wurde, und dass Melania ihn begleitete. Breaking News! Und vielleicht, dass Melania Trump keine Kopfverhüllung trug; was Trump übrigens bei einem Besuch Michelle Obamas 2015 in Riad heftig kritisierte („sie wurden beleidigt. Wir haben genug Feinde“), aber das sind Datteln von gestern.

Nun hielt Trump seine global mit Spannung erwartete Rede beim „Arab Islamic America Summit“ vor über 50 muslimischen Staatschefs und anderen Spitzenpolitikern. Big story! So great. Genau nach Trumpmaß.

Galerie: Dieses Bild von Trumps Saudi-Arabien-Besuch sorgte für Spott

Die Saudis wussten als Gastgeber schon im vornherein, wie die Glocken läuten werden und wie sie daraus maximal Kapital schlagen könnten. Nachdem Trumps Vorgänger Obama an ihrem totalitären Regieren herumgemäkelt hatte und Trump klarmacht, dass er sich mit solchen Peanuts nicht aufhält, veranstaltet das Königshaus zu Ehren seines Besuchs ein wahres Gipfelfest. „Gemeinsam werden wir siegen!“, stand auf den Plakaten entlang der großen Straßen.

Die Rede selbst geriet zu einer dünnen Buchstabensuppe, die vornehmlich von in den USA stationierten Korrespondenten erleichtert als nicht misslungen aufgenommen wurde. Trump gelang es also tatsächlich, in seiner Rede nicht den Islam zu beleidigen und die Araber in die Hölle zu wünschen. Schwein gehabt!

Es ist schon verwunderlich, wie tief die Erwartungshaltung an einen Spitzenpolitiker, an den mit dem wichtigsten politischen Amt in der Welt, gesunken ist.

Verbale Aufräumaktion

Trumps Rede handelte eigentlich durchgehend vom Terrorismus. Die Terroristen? „Schmeißt sie raus!“, rief er. Natürlich mit den wundervollen Waffen. In seiner Rede schwang der Islam fast ausschließlich als Gefahr mit. Trump beschrieb die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus, eben dem islamischen, als einen Kampf zwischen „gut und böse“. Damit offenbart er ein manichäisches Weltbild, das er mit den Schergen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ teilt. Für die ist auch alles ganz einfach, die ganze Weltschichte so sad. Alle anderen: Big Loser.

Trumps Rede analysierte nicht nur treffsicher an den wahren Problemen vorbei, denn Terrorismus ist sicherlich nicht das Hauptproblem des Nahen Ostens – die da wären Entwicklung an sich: wenig Bildung, wenig Partizipation, wenig Transparenz, noch weniger Verlässlichkeit in staatliche Strukturen, dafür viel Korruption und Willkür – also genau das, wofür die Staatschefs stehen, vor denen Trump seine bauchpinselnde Rede hielt. Nein, Trump segelte nicht nur an der wahren Bedarfslage vorbei, er ließ sich auch vor den Wagen einer paranoiden Herrscherclique spannen.

Money Money Money

In Saudi-Arabien herrscht eine Regierung der alten Saud-Dynastie, welche kopflos zwischen Größenwahn und Paranoia wandelt. Der innere Druck nimmt zu, da das Geld knapper wird, und damit wird im Land alles ruhig gestellt: die unzufriedene Jugend in den Städten, die Stämme in den Provinzen, kurz: jegliche Reformbemühungen. Außenpolitisch versucht Saudi-Arabien, allein durch den Ölreichtum eine Vormachtstellung im Nahen Osten zu entwickeln. Versuchten frühere saudische Könige dies mit stiller Diplomatie und vollen Portemonnaies zu realisieren, setzt die heutige Generation auf die Sprache der Gewalt: In Syrien durch radikale Milizen, im Jemen durch krasse eigene Kriegsführung. Denn vor allem sehen sich die saudischen Herrscher vom schiitischen Iran verfolgt. Der ist tatsächlich stark, den Saudis kaum wohlgesonnen und regional mit ähnlich egoistischen Machtinteressen ausgestattet wie Riad. Nur spielen die Saudis ungleich lauter auf der Klaviatur der Spaltung zwischen guten Sunniten und bösen Schiiten. Das tut der Region nicht gut.

Kommentar: Neue Autokraten gegen alte Parteien – Sexy, aber arm

Und Trump lässt seine Geschäftspartner gewähren. Zur desaströsen Menschenrechtslage in Saudi Arabien verlor er kein öffentliches Wort, den Iran maßregelte sein Außenminister als „schädlicher Einfluss“. Diese Einseitigkeit verheißt nur Schlechtes für die Region. Wo Trump Probleme sieht, wird er sie mit falschen Partnern und falschen Mitteln zu lösen versuchen. Er könnte mit dem saudischen König ja mal ernsthaft darüber plaudern, inwiefern das staatliche Islamverständnis dort in seiner Radikalität und Rigorosität den internationalen Terrorismus massiv aufbaut. Einen Anfang setzte Trump: In seiner Rede tauchte erstmals das Wort „islamistisch“ auf, also eine erste Differenzierung zwischen verschiedenen islamischen Strömungen; bisher hatte er alles über einen Kamm geschoren.

Sehen Sie auch: Donald und Melania Trump – Doppelmoral bei der Kopftuch-Frage?