Einmarsch der Selfiesticks und verpatzter TV-Auftakt

Franzi van Almsick und Juluis Brink sind die Olympia-Experten der ARD (Bildquelle: ARD)

Na endlich – die Olympischen Spiele 2016 sind eröffnet. Die große Opening-Zeremonie stand im Zeichen des Klimaschutzes und der Natur, war aber dennoch über weite Strecken unspektakulär. Und auch die ARD hat die TV-Flamme der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten endgültig entzündet. Eine TV- und Eröffnungszeremonien-Kritik von Cord Sauer.

"Hallo! Es ist Olympia. Das wird ein Spaß! Alles cool hier, alles toll!“ – nein, das waren zwar nicht die offiziellen ersten Worte von ARD-Moderator Gerhard Delling zum TV-Olympia-Auftakt gestern Abend um 23:30 Uhr, aber sinngemäß erklärte er uns Zuschauern relativ emotionslos, was uns die kommenden zwei Wochen erwarten würde: Spiel, Spaß und Spannung. Na dann.

Zunächst gab es allerdings ein paar Fremdschäm-Momente für das TV-Publikum. Zum Beispiel als Delling seine TV-Expertin Franzi van Almsick per Handschlag begrüßen wollte, sie ihre Pfote aber majestätisch anmutend hinhielt und ganz offensichtlich einen Handkuss erwartete. Delling parierte wie ein dem Wassergraben entkommendes Springpferd und wandte sich direkt seinem zweiten Olympia-Experten zu: Julius Brink. Hat der nicht mal bei Let's Dance getanzt?

Fernanda Brandao als Olympia-Expertin? Gute Nacht!

Es wurde nur bedingt besser. Nachdem Brink sich ausführlich über alte Olympia-Momente ausgelassen ("Gegrillte Tauben und Brathähnchen, Sydney 2000“) ausgelassen und der Kameramann mehrfach die wirklich nicht ausreichende Rasur von Delling eingefangen hatte, fiel plötzlich auch noch die komplette Studio-Beleuchtung aus.

Und als hätte der Lichttechniker eine böse Vorahnung gehabt, erschien wie aus dem Nichts die nächste ARD-Olympia-Expertin: Fernanda Brandao, die wir hier konsequent ohne die Tilde über dem o schreiben werden, weil wir diesen Extra-Aufwand hier einfach nicht einsehen. Nicht bei dieser Expertin. Brandaos Qualifikation für den Job? Ist in Rio aufgewachsen. Und hat übrigens auch mal bei Let's Dance mitgemacht.

Sexy Gisele Bündchen stiehlt allen die Show

Eröffnungsfeier nachts um 1 – und das war auch gut so

Allmählich erahnte der clevere TV-Zuschauer, weshalb diese ganze Olympia-Eröffnungskiste auf 1 Uhr nachts gelegt wurde. Nur die wirklich Hartgesottenen und enttäuschte Domian-Fans sollten dieses Spektakel live miterleben. Und Journalisten. Ein Beitrag von ARD-Reporter Michael Antwerpes, der aus dem deutschen Dorf berichtete, rundete den unglücklichen ARD-Auftakt ab: "70 Köche sind hier tätig im deutschen Dorf, fast so viele wie bei Reiner Calmund zu Haus.“ Haha. Was ein sicherer Lacher sein sollte, war einfach nur noch ein Witz von vorvorgestern.

Dann gings endlich rein ins Stadion! Endlich? Die Eröffnungsfeier hatte all das parat, was man schon zu genüge von allen anderen Eröffnungsfeiern kannte: komische Gesangsdarbietungen (und David Guetta war diesmal nicht dabei), viel zu grelle Farben, ein paar Clowns und Überlänge. Ok, und Gisele Bündchen, die alte Sportskanone. Oder wie ARD-Kommentator Tom Bartels zusammenfassend fachsimpelte: „Ein Mix der Stile und Kulturen.“

Toller Appell: Save the planet

Was fernab der wirklich nur durchschnittlichen Performance aber echt gut war, dürfte der Appell an die Welt in Sachen Klimaschutz gewesen sein. Eindrucksvoll wurde noch einmal visualisiert, dass unser Planet in Gefahr ist – und jeder ein kleines bisschen mithelfen kann, das zu ändern. Toller, tiefgründiger Inhalt.

Danach folgte der Einmarsch der Olympioniken oder besser gesagt: Der Einmarsch der Smartphones und Selfiesticks. Wie war noch gleich das olympische Motto? Dabei sein und fotografieren ist alles.

Was also ist das Fazit dieser gigantischen Olympia-Nacht? Man kann eigentlich nur jedem gratulieren, der sich für eine ordentliche Portion Schlaf entschieden und die Glotze rechtzeitig vor 23.30 Uhr ausgemacht hat. Unterm Strich steht: Das Feuer brennt, Timo Boll hat die deutsche Fahne reingetragen, die Spiele können beginnen.