Das Ende der Außenseiter - Gänsehaut, Emotionen, Tränen - diese EM-Farbtupfer werden nun fehlen

Große Party und Emotionen auf den Rängen: Die Rumänen eroberten die Herzen der anderen Nationen. <span class="copyright">IMAGO/Xinhua</span>
Große Party und Emotionen auf den Rängen: Die Rumänen eroberten die Herzen der anderen Nationen. IMAGO/Xinhua

Ob Autokorsos schon vor den Partien, eine neue Form der Gelben Wand oder die am lautesten vorgetragene Hymne: Viele Nationen gingen beim EM-Turnier als Außenseiter an den Start, bereicherten es aber umso mehr. Nun endete die Reise vor den Viertelfinals. FOCUS-online-Redakteur Julian Witzel mit einer Liebeserklärung an die EM-Farbtupfer.

Sie waren zweifelsohne die Hingucker der ersten Turnierwoche: Ob in München oder direkt im Anschluss vor allen Dingen in Köln - die Schotten erwiesen sich als die perfekten Gäste bei diesem Großturnier. Mit ihrer herzlichen Art zogen sie fast alle in den Bann. Und darüber hinaus waren sie mit ihrer Trinkfreude mehr als gern gesehene Gäste bei jedem Wirt.

Die Schotten waren mit ihrer positiven Art und Lebensfreude ein absoluter Gewinn bei dieser EM. <span class="copyright">IMAGO/PA Images</span>
Die Schotten waren mit ihrer positiven Art und Lebensfreude ein absoluter Gewinn bei dieser EM. IMAGO/PA Images

Ein besonders emotionaler Moment war, als ich selbst im Kölner Stadion vor ihrem Spiel gegen die Schweiz erlebte, mit welcher Inbrunst die „Tartan Army“ ihre Nationalhymne mitsang. Ich hatte das Gefühl, fast von der Tribüne runtergesungen zu werden. Nicht übertrieben ausgedrückt war es fast eine Art Naturgewalt. Gänsehaut bereits vor dem Spiel. Überragend.

Dass die Schotten selbst auf dem Spielfeld nicht genügend performten und nach dem bitteren Ausscheiden im letzten Gruppenspiel gegen die Ungarn auch Tränen flossen, ist verständlich.

Dennoch gab es sie auch noch in den Achtelfinals zu bestaunen: die gut gelaunten Männer in ihren Röcken, die sich auch nach dem Ausscheiden ihres Teams eine gute Zeit in Deutschland machten. Ihre Lebensfreude übertrugen sie auf andere Nationen. Oder um es mit den Worten der Schotten zu nennen: „No Scotland, no party“ (Deutsch: Keine Schotten, keine Party).

Eine ähnliche Fanwucht erzeugten die Rumänen, die in Zeiten der Bundesliga-Pause den Dortmunder Fanstatus als Gelbe Wand einnahmen. Absolut beeindruckend, wie sie ihr Team mit dem ständigen „Romania, Romania, ole, ole, ole“ in allen Spielen nach vorne peitschen.

Die Rumänen feiern Tore in der Lautstärke eines Boeing-Starts

Die „Tricolorii“, die Dreifarbigen, treten zumeist eher einfarbig auf. Alle in Gelb, als absolute Einheit und in einer unfassbaren Masse. Fast zu allen Spielen sind bis zu 25.000 Rumänen im Stadion. Ein Kollege beschreibt den Lärmpegel des ersten rumänischen Treffers in diesem Turnier, als würde eine Boeing 747 starten. Unbeschreiblich. Unglaublich. Fast schon unwirklich, man muss es miterlebt haben.

Aber auch sportlich wussten die Mannen von Trainer Edward Iordanescu zu überzeugen. Im Achtelfinale war die Hürde Niederlande dann doch zu hoch (0:3). Dennoch haben die Rumänen gezeigt, was ein Team im Zusammenspiel mit ihren Fans erreichen kann.

Nachhaltig beeindruckt hat mich zudem das Auftreten der albanischen Fans. Auf dem Weg zum entscheidenden Gruppenspiel gegen die bereits qualifizierten Spanier waren bereits zwei Stunden vor Spielbeginn sämtliche Zufahrtswege verstopft. Autokorsos bereits vor dem Spiel mit vielen Fahnen und lauter Musik.

Tanzende Albaner - egal wie das Spiel läuft

„Wir sind einfach stolz, dass unser Team dabei ist“, erzählten mir Fans auf dem Weg zum Stadion. Zwar reichte es nicht zum Weiterkommen, dafür setzten die „Adler“ mit dem schnellsten EM-Tor der Geschichte durch Nedim Bajrami nach 23 Sekunden gegen Italien (1:2) ein dickes Ausrufezeichen. Ein Eintrag in die EM-Geschichtsbücher ist den Albanern damit in jedem Fall gesichert.

Wahre Farbtupfer im doppelten Sinne: Die albanischen Fans.<span class="copyright">IMAGO/SOPA Images</span>
Wahre Farbtupfer im doppelten Sinne: Die albanischen Fans.IMAGO/SOPA Images

Darauf dürften ihre Anhänger auch mächtig stolz sein, die auch nach dem Aus in der Vorrunde mit dem munteren Hupen nicht aufhörten und denen einfach anzumerken war, wie sehr sie diese Emotionen rund um das ganze Turnier aufsaugten.

Nur diese drei Nationen als Farbtupfer zu nennen, wäre viel zu kurz gesprungen. Aber sie stehen sinnbildlich dafür, dass ein solches Turnier viel mehr ist als der reine Ergebnissport. Schade, dass kein klarer Außenseiter mehr dabei ist, wie beispielsweise noch 2016. Damals kamen die Waliser bis ins Halbfinale. Dennoch haben sie die EM unfassbar bereichert.