Rambo-Strafe mit Folgen: Tour-Star bricht Schweigen

Sprint-Spezialist Jasper Philipsen hat seinem Ruf als Radsport-Rambo einmal mehr bestätigt - und diesmal ist er aus Sicht der Verantwortlichen der Tour de France zu weit gegangen.

Bei einem hitzigen Finale der 6. Etappe der Tour de France hat der Belgier vom Team Alpecin-Deceuninck seinen Landsmann Wout van Aert behindert und bekam dafür seinen 2. Platz aberkannt. Es ist ein herber Rückschlag im Kampf um die Verteidigung des Grünen Trikots, das Philipsen im vergangenen Jahr errungen hatte.

Mittlerweile hat sich Philipsen bei van Aert entschuldigt.

Tour de France: Philipsen behinderte van Aert

Philipsen hatte 50 Meter vor dem Ziel seine Linie verlassen, war nach rechts vor van Aert gefahren und hatte so van Aert im Sprint kurz vor dem Ziel aus dem Tritt gebracht. „Es war nicht unbedingt super gefährlich, denn ich konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Aber ich bin auf seiner Höhe gesprintet und ich verstehe nicht, warum er dann in Richtung der Leitplanken ausgewichen ist“, sagte ein sichtlich verärgerter van Aert nach dem Rennen.

Van Aert kritisierte Philipsens Verhalten als „schlechte Angewohnheit“ und sagte, er sei „schon wieder“ von seinem Landsmann eingeklemmt worden. Eine Anspielung auf einen Massensprint in Bayonne bei der letztjährigen Tour, bei dem die beiden schon einmal aneinandergeraten waren. Van Aert forderte schon damals eine Strafe für das unsportliche Verhalten seines Kontrahenten - damals vergeblich.

Van Aert schimpfte kurz nach Rennende weiter: „Ich bin sehr froh, dass ich aufrecht geblieben bin. Aber wenn es keine Strafe gibt, würde mich das wütend machen. Man sollte ihn nicht aus der Tour werfen, aber man sollte ihn deklassieren.“ Er fügte hinzu, dass solche Manöver Teil eines besorgniserregenden Trends im Radsport seien - und dass die Verantwortlichen durchgreifen sollten, um ein Zeichen dagegen zu setzen.

Philipsen weit zurückgeworfen

Van Aert bekam seinen Willen diesmal: Die Rennkommission versetzte Philipsen um mehr als 100 Plätze nach hinten auf Rang 107. Philipsen - schon am Vortag wegen eines regelwidrigen Manövers verwarnt - bekam auch 13 weitere Punkte in der Sprintwertung aberkannt und eine Geldbuße von 500 Schweizer Franken. Wie die Rennleitung auf X mitteilte, wurde die Entscheidung aufgrund eines „irregulären Sprints“ getroffen.

„Ich fand nicht, dass das Manöver die Strafe zu 100 Prozent gerechtfertigt hat, aber man kann es wohl von zwei Seiten sehen“, reagierte Sportdirektor Christoph Roodhoft, Philipsen selbst ging nach dem Rennen an den Reportern vor Ort vorbei und äußerte sich am Donnerstag nicht mehr.

Am Freitag veröffentlichte Philipsen ein Statement bei Instagram und bat van Aert um Entschuldigung: „Ich habe keinesfalls versucht, ihn mit Absicht in die Begrenzung zu drängen. Ich will wie jeder Sprinter jede Etappe gewinnen, aber nicht um den Preis der Sicherheit anderer Fahrer.“ Er könne nicht garantieren, dass es in einem harten Wettbewerb, speziell bei der Tour, nicht wieder zu „Kontakten“ komme, aber er wolle „so fair wie möglich bleiben“.

Philipsen war zunächst als Zweiter hinter dem Niederländer Dylan Groenewegen über die Ziellinie gefahren. Die Strafe der Rennleitung wirft ihn in der Sprintwertung weit zurück: Mit 85 Punkten liegt er nun auf Platz 4, 65 Punkte hinter dem erstplatzierten Biniam Girmay.