Geiselnahme: Halle-Attentäter wollte Gefängnis verlassen

Der Halle-Attentäter hat mit der Geiselnahme im Gefängnis seine Freilassung erzwingen wollen. Das sei aus den Äußerungen während der Tat zu schließen, teilte das Landesjustizministerium am Dienstag in Magdeburg mit. Der 30-Jährige sei verletzt worden, aber nicht schwerwiegend.

Er habe die Zeit des Einschlusses vor der Nacht am Montagabend gegen 21.00 Uhr genutzt und einen Bediensteten mit einem noch nicht näher benannten Gegenstand gezwungen, ihn auf das Außengelände zu bringen. Einen weiteren Mitarbeiter versuchte der dann zu zwingen, weitere Türen zu öffnen. Schließlich sei er von acht Justizvollzugsbediensteten überwältigt worden.

Sachsen-Anhalts Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) betonte das gute Zusammenspiel der Bediensteten. Sie hätten ruhig und besonnen gehandelt. Der Halle-Attentäter sei während seiner Haft engmaschig betreut und kontrolliert worden.

Der Halle-Attentäter Stephan Balliet war am 21. Dezember 2020 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er sitzt seine Strafe im Gefängnis in Burg ab. Es ist das größte und modernste Hochsicherheitsgefängnis Sachsen-Anhalts.

Versuchte Flucht im Sommer 2020

Balliet gilt als unkooperativer und schwieriger Häftling. Bereits am Pfingstwochenende 2020 hatte er als Angeklagter im Halle-Prozess versucht, aus der JVA Halle zu fliehen. Während eines Hofgangs war er über einen 3,40 Meter hohen Zaun geklettert und hatte fünf Minuten ohne Aufsicht nach Auswegen aus dem Gefängnis gesucht, bevor ihn Justizbedienstete wieder schnappten.

Ermittlungen zur Geiselnahme in Dresden

Der rechtsextreme Attentäter hatte am 9. Oktober 2019 versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür. Als es ihm nicht gelang, aufs Gelände zu kommen, ermordete er vor der Synagoge eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Auf der Flucht verletzte er weitere Menschen.

Das Gefängnis in Burg unweit der Autobahn 2 verfügt laut Justizministerium über 637 Haftplätze im geschlossenen Vollzug, es werden zudem 18 Haftplätze für die Sicherungsverwahrung vorgehalten.

Aufklärung wird gefordert

Unterdessen wurden erste Forderungen nach Aufklärung und der Beseitigung von Schwachstellen im Gefängnis laut. «Die Welt schaut auf Sachsen-Anhalt und die Landesregierung trägt eine besondere Verantwortung und muss besonders sorgfältig handeln», erklärte Linken-Fraktionschefin Eva von Angern. Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) müsse alles unternehmen, damit der aktuelle Vorfall aufgearbeitet und Schwachstellen behoben werden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Sebastian Striegel, drängte auf eine möglichst baldige Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags. «Wir müssen jetzt schnell zu gesicherten Informationen kommen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er sei «extrem beunruhigt», dass es nach dem Ausbruchsversuch des Attentäters in der JVA Halle und einem versuchten Angriff im Gericht nach der Urteilsverkündung erneut «zu einem schwerwiegenden Sicherheitsvorfall» durch den Gefangenen gekommen sei.

VIDEO: Davis: "Erstaunlich, dass Griner zurück ist"